Dies ist meine allererste ECM-Platte. Damals habe ich nicht ahnen können, zu welch bedeutendem Label ECM sich entwickeln sollte. Edition of Contemporary Music, ein Name, von einer Offenheit, die mich nach weiteren frühen Veröffentlichungen – von denen einige in meine Sammlung traten – verblüffte. Das war doch alles (nur) Jazz. Ja, vorerst schon, aber dann!
Anthony Braxton, Olivier Messiaen, Keith Jarrett, Ludwig van Beethoven, Hardangerfiedel, Duduk, Hilliard Ensemble, Ronin, Shostakovich, Ralph Towner, Oregon, Armenien, Carla Bley, Carl Philipp Emanuel Bach, Meredith Monk …
Gibt es überhaupt ein ECM ebenbürtiges Label, ein Label mit diesem Spektrum, mit einem ähnlich wagemutigen, visionären Produzenten? Würde ECM ohne Manfred Eicher noch das sein, was es seit nun bald 50 Jahren ist?
Zurück zu ECM 1004, Marion Browns Afternoon of a Georgia Faun. Ein rätselhafter Titel, jedenfalls auf den ersten Blick. Die Anspielung auf Claude Debussys Prélude à l’après-midi d’un faune ist offensichtlich.
After returning to the United States, I was married. My wife and I went south to Atlanta, Georgia, for the winter. The music that you’re listening to is a result of that visit. AFTERNOON OF A GEORGIA FAUN is a tone poem. lt depicts nature and the environment in Atlanta. The vocalists sing wordless syllables. The composition begins with a percussion section that suggests rain drops – wooden rain drops. The second section is after the rain. Metallic sounds that suggest light. The Zomari enters followed by wooden flutes. This suggests animals of the forest. Then Chick. His solo is a gem. Like Oriental poetry. Precise, simple, yet profound and filled with transcendental wisdom. After Chick come the two vocalists surrounded by the warmth of flutes. First Anthony, then Bennie. lt ends as it began, with wooden raindrops.
(from the cover’s back side)
Ein Naturbild also, Faunus ist der Gott der Natur und des Waldes, der Beschützer der Bauern und Hirten, ihres Viehs und ihrer Äcker. Sanfter Free Jazz, bestimmt kein Album, das hohe Verkaufszahlen erzielt hat, ein Mauerblümchen im ECM-Katalog.
Ich habe das Titelstück irgendwann im Jahr 1971 im Radio gehört und bin sofort hellhörig geworden, weil es ein meisterhaftes Beispiel darstellte für eine Art Musik zu machen , die ich damals mit 10- bis 12-jährigen Schülern ausprobierte.
The music that you’re listening to is a collective experience involving six players, two vocalists, and three assistants. Although l am responsible for initiating the music, I take no credit for the results. Whatever they may be, it goes to the musicians collectively.
(from the cover’s back side)
Kollektives Improvisieren in kleinen Gruppen, mit Klavier, Schlaginstrumenten und sonstigen Geräuschquellen, oft nach szenischen Vorstellungen, aber auch nach musikalischen Formprinzipien, z.B. call-response-Strukturen, war das Vorhaben.
Für meinen ersten Versuch in der Reihe ECM Double Take habe ich meine verstaubten Spulen-Tonbändern durchsucht und wirklich ein Band mit Aufnahmen aus dem Jahr 1971 gefunden, das nach mehr als 40 Jahren meiner Revox A77 anvertraut wurde. Klar, für ein Album Morning of a Kronach Teacher reichen die Ergebnisse nicht im Entferntesten. Ich bin aber so frech und veröffentliche ein paar Minuten.