John erinnerte sich an das Candomblé-Fest in Salvador. Grit war vor dem Tempel stehengeblieben, nicht aus mangelndem Mut, sondern aus Respekt vor den Ritualen dieser afro-brasilianischen Religion – einer weissmagischen, christlich gefärbten Variante des Umbanda-Kultes, dem Voodoo verwandt. Man hörte dort Musik, die er nie vergessen würde: eine kleine Band, nur aus Perkussion und Bläsersatz bestehend, spielte mit geradezu animalischer Power. Ein bisschen mulmig war ihm schon zumute gewesen, als er inmitten der Teilnehmer Platz genommen hatte und bald darauf der erste Eingeweihte aus dem Tanzkreis in eine Trance verfiel und herausgetragen wurde. John fühlte sich zunächst sicher, bis dann aber die kleine Tochter eines amerikanischen Touristenpaares, das am Rande des Geschehens, im Eingang des Tempels stand (der Vater im Hawaiihemd und mit der Weitwinkelkamera vor dem Wohlstandsbauch), in wilde Zuckungen geriet. Und noch etwas geschah: der neben John sitzende schwarze, junge Brasilianer – wie alle anderen einheimischen Gemeindegäste feierlich in Weiss gekleidet – rutschte von seinem Sitz und ein schwarzes Loch, wie ein unendlich tiefer Brunnen, der mit seinem Sog ins Jenseits lockte, tat sich stattdessen auf. John hielt sich am Stuhl fest, konzentrierte sich auf die Kräfte des Guten, während Grit, von draussen durch ein Fenster in den terreiro blickend, nur verständnislos den Kopf schüttelte: Wie kannst du nur da drinnen bleiben! Es war wohl die Nähe zum Ungeheuren gewesen und ein Urvertrauen, das ihn begleiten würde durch diesen fremden Kontinent.
2 Comments
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Lajla Nizinski:
Hast du „Voodoo Child“ gehört?
„Hey Hey Hey – I don’t take no for an answer.“
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Jochen:
„Yes“ – vor langer Zeit … :)