„Surrounded by losers,
misfits and boozers …“
Das goldene Zeitalter der Serien ist vorbei. Und doch findet man noch die ein oder andere Nadel im Heuhaufen, wenn man Glück hat. Slow Horses handelt von einer Truppe ausrangierter britischer Geheimagenten und ihrem sagenhaften Chef: ein grantelnder Zyniker mit dem Outlook eine Penners, der gerne auch mal auf der Rückbank einer Luxuslimousine einen gepflegten Furz loslässt, während er sich mit dem Innenminister unterhält. Der Witz ist: diese Bande auf dem Ausrangier-Gleis läuft zuweilen zu Hochform auf, wenn der Zufall sie mal wieder in einen delikaten Fall verstrickt. Ein bisschen ist das wie Sherlock, allerdings weniger hektisch, mindestens so humorvoll und ebenso intelligent. Ein Qualitätsmerkmal, das ich besonders schätze, ist die Feinzeichnung von Charakteren, die man regelrecht liebgewinnt. Es kommt nicht oft vor, das es „Klick“ macht. Für Binge ist solcherlei zu schade: jede Episode wie eine Flasche guten Weines. Und sowohl die dritte Staffel als auch die vierte kommen so augenscheinlich ausgereift daher, dass man sich am besten einen Weinkeller einrichtet und wünscht, dass da noch ein paar gute Jahrgänge folgen werden. Eine Warnung aber vorab: dies ist kein Kinderprogramm für einen gemeinsamen Familiennachmittag. Auch diese Gemeinsamkeit teilt sie mit anderen Hochklässlern der goldenen Ära wie Fargo und Breaking Bad: der subtile Humor und Bildwitz, die fantastische Kameraoptik, der geschmackvolle Soundtrack und die vielschichtigen Charaktere werden garniert von kurzzeitig jäh ausbrechender Gewalt. Quentin Tarantino lässt grüssen. Wer kein Blut sehen kann, verwende hier das schützende Mantra „Heinz Tomato Ketchup“. Und noch ein Nachteil: ich werde den Ohrwurm dieses verdammt guten Intro-Songs „Strange Game“, gesungen von Mick Jagger, nicht mehr los.