Ich mochte ihn ja nie und musste mich fast zwingen, seine Filme zu sehen. Romy Schneider mochte ich auch nie – irgendwie kommt die ja als erste Assoziation sofort dazu – zu püppchenhaft, die Stimme zu piepsig, obwohl man anerkennen muss, dass sie ihr Sissy-Kreuz tapfer überwunden hat. Trotzdem passte die Chemie nicht. Delon war grandios in Filmen, in denen er Schönheit gepaart mit Eiseskälte und aalglattem Gangstertum zelebrieren konnte, da war er unschlagbar. Dergleichen wird auch gebraucht in der Filmwelt. Trotzdem passte die Chemie genauso wenig.
Als romantic french lover – nö! Zuwenig Wärme, geschweige denn Glut und Leidenschaft, immer ein paar Eiswürfel zuviel im Hintern, vielleicht deshalb – obwohl Romy und er in Swimming Pool knutschten wie die Weltmeister, fünf Jahre nach ihrer Trennung. Diese Leidenschaft nahm ich ihm auch nicht ab. Ihr schon, obwohl sie immer heftig beteuerte, sie habe ihn nur professionell geküsst. Irgendwie muss man sich schützen.
Immer ein paar Skepsis-Fältchen zuviel auf der Stirn – längs und quer – die von innerem Abstand zeugten, einer Erst-mal-gucken-Haltung. So schnell kriegst Du mich nicht! Ein Gesicht zum drin lesen, als hielte er immer ein Stück von sich zurück, würde nie alles geben, sich nicht ausliefern, Sparsamkeit mit der eigenen Wärme, ein kühler Rechner – ja, vielleicht das. Und alles kriegst Du sowieso niemals!
Als Liebender vermittelte er kein Gefühl von Sicherheit – zu schön für eine Frau, man rechnete mit seinem baldigen Abschied, Aufbruch zu neuen Ufern, er liess sich nicht besitzen. „Ich gehe und lasse Dir mein Herz hier“ stand im Abschiedsbrief an Romy – ambivalenter geht’s nicht. Wohlfeiler auch nicht. Danach fuhr er mit Nathalie in den Urlaub, die er bald darauf heiratete – fünf Jahre dauerte das immerhin. Was tut man mit einem singulären Herzen, wenn der Rest mit einer anderen Frau flittert?
Romys Herz war gebrochen, hörte man – wie kann etwas brechen, das so weich ist? Viele Jahre später würde eine Eisenstange das Herz ihres Kindes durchbohren, der Anfang eines langen Endes. Als Vierjähriger kam Delon nach der Trennung seiner Eltern zu Pflegeeltern, sechs Jahre später verlor er diese durch einen Unfall – von plötzlichem Verschwinden verstand er etwas. Schwierig, hier selbst ein Gefühl von Sicherheit zu entwickeln und weitergeben zu können, er drehte lieber den Spiess um und verschwand selbst.
Er ging zur Mutter zurück und arbeitete zunächst im Betrieb seines Stiefvaters als – unmöglich zu erraten – Metzger. Da hat man auch mit Herzen zu tun, man zerteilt sie. Politisch war er eher rechtslastig, was ihn nicht sympathischer macht. Ein Wohlbekannter, den niemand so richtig kannte; ein Liebender, der einen frieren liess, ein Vielgeliebter, den niemand so richtig ins Herz schliessen wollte. Er lehrte uns das Schaudern bei der Liebe.