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2024 30 Mai

Japanese Jewels (22) Double Take: Kuniko

von: Uli Koch Filed under: Blog | TB | Tags: , | Comments off

Movement 0 – Prelude
 

Eine junge japanische Ausnahmeperkussionistin reiste einst nach Belgien, um mit dem Ensemble ICTUS Stücke von Steve Reich aufzuführen. Ihre extreme Präzision, die selbst mit Schlagzeugern wie Jaki Liebezeit und Billy Cobham, die den Ruf hatten selbst ein Metronom an die Wand spielen zu können, problemlos mithalten kann, und ihr elegantes und leichtes Spiel prädestinierten sie in besonderer Weise für die Musik Steve Reichs. Als dieser sie bei Proben und Aufführungen erlebte, war er tief beeindruckt von ihrer Spielweise. Seine komplex rhythmische Musik ließ sie aber nicht mehr los und als sie sich nach einer längeren Phase des Tourens mit dem Ensemble ICTUS ihrer Solokarriere zuwandte, waren Kompositionen Steve Reichs die Ersten auf ihrer Agenda. Dazu mussten sie aber neu arrangiert werden, da Kuniko Kato die Idee hatte, diese Ensemblestücke auch solo aufführen zu können. In enger Rücksprache und unter Supervision mit Steve Reich gelangen ihr kongeniale Interpretationen, die ein neues Licht auf die Kompositionen werfen und sie in beeindruckender Weise transparent, ja fast luzide aber auch kraftvoll erscheinen lassen. Immer wieder erhielt Kuniko Kato für ihre einzigartige Performance bedeutsame Preise und Auszeichnungen.

 
 
 

 
 
 
Movement I – Fast
 

2011 erschien dann ihr Debütalbum Kuniko Plays Reich mit höchst originellen, atemberaubenden Interpretationen von Electric Counterpoint für Steel Pans, Vibraphon und Marimba, Six Marimbas Counterpoint und Vermont Counterpoint für Vibraphon. Hierbei spielte sie sämtliche Parts vorab auf Tapes ein, um dann die Soloparts live dazuspielen zu können. Die entspannte Präzision und rhythmische Stringenz trägt mit höchster Konzentration und tänzerischer Leichtigkeit durch diese komplex polyrhythmischen Stücke, die Synkopen und Phasenverschiebungen, die schon für jedes Percussion Ensemble zu den schwierigsten Herausforderungen moderner Musik gehören. Ein Debüt, das Maßstäbe gesetzt hat und bis heute solitär unter den Interpretationen der Musik Steve Reichs dasteht.

 
 
Movement II – Slow
 

Danach wendete sie sich zunächst der Musik Arvo Pärts zu und versteckte aber auf dem Album Cantus ihre Version des New York Counterpoint und spielte 2018 dann Drumming (hier auch visuell sehr eindrucksvoll: live zu Steve Reichs 85. Geburtstag) ein. Dazwischen lagen ein Tribut an den japanischen Komponisten Akira Miyoshi und perkussive Annäherungen an Iannis Xenakis und mit Solo Works For Marimba an Johann Sebastian Bach.

 
 
Movement III – Fast
 

Doch die Kompositionen Steve Reichs sind nahezu prädestiniert für eine so originelle und talentierte Musikerin wie Kuniko Kato und ihre Kreativität im Umgang damit scheint keine Grenzen zu kennen, zumal der Komponist selber zwar recht präzise Vorstellungen vermittelt, aber auch immer wieder positiv überrascht vom Ideenreichtum Kuniko’s ist. So erschien Ende April Kuniko Plays Reich II, das mit Four Organs eröffnet wird, bei dem über das ganze Stück ein und derselbe Akkord mit unterschiedlicher Akzentuierung und zunehmender Länge in Begleitung einer ganz regelmäßigen Maraca intoniert wird, was bei den ersten Aufführungen zu heftigen Tumulten führte, da das Publikum sich durch die schlichte Einfachheit offensichtlich provoziert fühlte. Ein Stück, das aber in sensibler Weise den Übergang von perkussiv gedachten Orgeltönen in einem graduellen Prozess zu fast ambienthaften langsamen Schwebungen durchläuft und bei jedem Hören zu neuen Entdeckungen anregt. Dann folgen Piano Phase version for Vibraphone, Nagoya Marimbas und das Mallet Quartet als jüngstes Stück, die durch die von Steve Reich als maschinenhaft beschriebene graduelle Phasenverschiebung eine subtilste Lebendigkeit und Vitalität gewinnen und die Aufmerksamkeit bis in die letzte Minute hinein bannen. Steve Reich hat als ausgebildeter Perkussionist die Minimal Music am tiefgründigsten in ihren rhythmischen Potenzialen ausgelotet, die trotz scheinbar vordergründiger Monotonie eine maximale hypnotische Kraft entwickelt. Kuniko Kato hat mit ihren überragenden und zutiefst faszinierenden Interpretationen diese Musik in neue Dimensionen gehoben.

 
 
 

   

 

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