Gestern lernte ich ein neues Wort: „Präsenzerfahrung“. Es fand sich in einer Reflexion über das Älterwerden, zu lesen in der Taz, geschrieben von Dirk Knipphals unter dem Titel „Sixty, something“. Dieser Begriff beschreibt, neben einer gelungenen Definition für die Essenz des Yoga (we’re getting closer!) auch ein Phänomen im Hinblick kultureller Rezeption. Es gibt eine gewisse Flüchtigkeit, von der schon Goethe wusste: „Ach, Augenblick ….!“ Mich interessiert beispielsweise weniger, ob ein Album, ein Buch oder ein Film als gelungen oder misslungen bezeichnet wird, sondern vielmehr jener Moment, in dem mich etwas affiziert, berührt und irgendwie weiterträgt. Manchmal fürchte ich, das Interesse am Albumhören bereits verloren zu haben und dann ereignet es sich wiedermal ganz plötzlich: so geschehen jüngst beim Hören eines Werkes von Joshua Redman, das alle dort enthaltenen Songs nach amerikanischen Städtenamen benennt. Ich sickerte ein ins Milieu: the precious blues with every single note worth listening. Ein Ärgernis jedoch, wenn wir glauben, solche Zufallsmomente, die uns immer unverhofft zufallen, beliebig wiederholen zu können: die Repeat-Taste funktioniert hier oftmals nicht. Beim zweiten Mal dann heißt’s vielleicht: Kein Anschluss unter dieser Nummer! So hoffen wir darauf, dass es uns abermals geschenkt wird, irgendwann, irgendwo. Der Philosoph Alain Badiou nannte es das „unverfügbare Wahrheitsereignis“. Wäre diese Unverfügbarkeit nicht eine weitere treffende Definition für die Essenz des Yoga?