Hinsichtlich des körperlichen Erlebens waren mir zwei Gedanken stets wichtig. War es Georges Moustaki, vom dem ich vor Jahrzehnten schon den entscheidenden Hinweis bekam, oder war es ein anderer weltberühmter Chansonnier? Auf die Frage, wie er das Älterwerden bewältige, meinte der nämlich schlicht: „Ich versuche, mich zu verausgaben.“ So lautet ein anderer Spruch, tief verankert im Hippocampus, der Schaltzentrale für biografisches Gedächtnis und somit auch Garant für die Gewissheit, wer ich bin: „Wenn du tanzen willst wie ein Afrikaner, darf dir keinerlei Bewegung peinlich sein.“ In der Musik Peter Gabriels steckte immer viel afrikanischer Rhythmus. Was ihn von einigen Songwritern abhebt, ist die in dieser Klangwelt enthaltene body performance: Tanzen um das Lagerfeuer, böse Geister vertreiben, die Traumata der Kindheit heilen. Nun kehre ich zurück in diese Welt, antizipiere sie durch Tanz, will viele Songs natürlich selber spielen, auch das gehört zur Antizipation: nachahmen wollen. Gabriels Stimme ist eine Bank. Seit Genesis haben sich seine Songs verändert. Sie sind weniger verspielt, kubistisch aufgesplittert und ins Fabelwesen driftend, vielmehr griffiger geworden: Kinderlieder, Abzählreime, Symmetrien. Subtil schwingt auch das Gefühl von Verlorensein mit, ferner die Sehnsucht nach Heimat und Verbundenheit. „Mercy Street“ aus dem Album So wäre ein solches Lied. Ist dies nicht auch psychotherapeutische Musik, die Selbstfindungsprozesse wiederspiegelt? Aus den jüngeren Alben gefallen mir am besten die Songs „Don’t break this Rhythm“, „The Road to Joy“ (klingt irgendwie nach David Bowie, Brian Eno produzierte hier zumindest), „Nocturnal“ und „i/o“ – letzterer auch lyrisch ein grosser Wurf.