David Sylvian singt in einem Song von einer schwarzen Mitternachtsonne. Klammheimlich wurde sie anstelle des Mondes gesetzt, den man gestohlen hatte mit der Folge: alle Magie war verschwunden. Heute morgen las ich, es gäbe jetzt Kakao ohne Kakao, aus Hafer hergestellt. Kaffee ohne Kaffee, Cola ohne Cola, Zigaretten ohne Nikotin. Was macht das Leben lebenswert, sind es Ersatzprodukte? Der österreichische Philosoph Robert Pfaller schrieb sehr viel zu diesem Thema. Eine der wichtigsten Stellen in Die Illusionen der Anderen, einem meiner wichtigsten Bücher, ist tausendfach angestrichen. Ich fand dort vor Zeiten eine Erklärung für ein schleichendes Unbehagen, das meinem Leben lange Zeit anhaftete: es geht um die Identifikation mit einem Ich-Ideal. Aber dieses ist nicht echt und das ist fatal: es verleugnet das Geniessen und es verleugnet das Begehren. Stattdessen vegetiert man in einem aseptisch morbiden Wolkenguckucksheim, in dem dann vorzugsweise Ersatzprodukte Einzug erhalten: billige Sublimationen, die natürlich die Wirtschaft in Gang halten, da ja nun die sündhaft teure Stereoanlage, der überdimensionale SUV den ursprünglichen Wunsch vertreten muss. Jeglicher Bezug zur „Strasse“ ist verloren. Vor vielen Jahren las ich in der TAZ, man solle auf gar keinen Fall seine sexuelle Phantasien unter den Teppich kehren, sie seien doch das Einzige, was hebt. Und der französische Psychoanalytiker Jaques Lacan schrieb, es gäbe nur eine Sünde: sein Begehren zu verraten. Und dies ist auch der Grund, warum mich eine Art zu schreiben anzieht, die mein Interesse weckt: dirty writing. Keine Betulichkeiten bitte, keine Erbaulichkeiten: das Leben ist zu kurz. Return to thrill and reinstall the magic moon instead a boring midnight sun!