Nach der 30 Km-Mammutetappe vom Vortag haben wir heute zivilisierte 18 Km auf dem Programm. Das Kerngebiet der Heide liegt hinter uns, ein Großteil der Strecke verläuft durch Mischwald, zum Teil an oder auf meist kaum befahrenen Straßen.
In Soltau flanieren wir durch die Fußgängerzone, die wir am Sonntagmorgen nahezu für uns alleine haben. Bis auf zwei Wandergenossinnen, die hier den zweiten Teil ihrer Heidedurchquerung beginnen. Eine Tafel an einer Hauswand (Foto) weist darauf hin, dass es in der Geschichte eine nicht vor Gewalt zurückschreckende Rivalität mit den Pfeffersäcken in Lüneburg gab. Der Weg aus dem Ort heraus führt uns durch die „Vorstadtromantik der Eigenheimsiedlungen“ (Wegbeschreibung).
Wir unterqueren mehrmals die Bahnlinie Berlin-Bremen, die auch als Amerikalinie bekannt wurde, weil sie im 19. Jahrhundert von vielen Auswanderern aus den östlichen Gebieten genommen wurde, um dann von den Nordseehäfen per Schiff den Sprung über den großen Teich zu wagen. Außerdem treffen wir mal wieder auf die A7, die wir dieses Mal überqueren. Der Verkehr nach Hamburg ist deutlich dichter als der Verkehr in die Gegenrichtung.
Ansonsten ist dieser Wandertag eher beschaulich und für die geplagten Füße entspannend. Hinter der Autobahn kommen wir zu einer idyllischen Badestelle an der Kleinen Aue, die eifrig genutzt wird. Wir treffen auf viele Jogger, einige Radfahrer, aber überhaupt keine Mountainbiker, die woanders häufig am Sonntag die Wälder unsicher machen. Ein junges Paar mit Hund hat um diese Jahreszeit sicherheitshalber immer einen Korb für Pilze dabei, sie haben ein paar Hexenröhrlinge gefunden. Etwas später sehen wir am Wegrand mehrere Prachtexemplare von Schopf-Tintlingen (Foto), eine ebenfalls essbare Pilzart, die mir auf den ersten Blick eher suspekt vorkommt.
Es geht nun an einer in hohem Tempo befahrenen Landstraße entlang, neben uns Artilleriefeuerstellungen (Foto), die Erinnerungen an meine unfreiwillige Bundeswehrzeit vor 40 Jahren wachruft. Heute herrscht hier allerdings Ruhe. Was auf diesem Weg irritiert, ist die mäandernde Wegführung. Es ist grundsätzlich so, dass unser Weg so gut wie immer länger im Vergleich zum Radweg bzw. der Straße ist. Die Differenzen sind bei kleineren Strecken manchmal knapp 50%, also z.B. 3,5 km statt 2,4 km. Häufig führt unser Weg dann wie heute idyllisch durch den Wald, das ist aber nicht immer so.
Kurz vor Wietzendorf sehen wir wie das Mähen der Wiesen abläuft. Im ersten Schritt wird die Wiese von der vom Traktor gezogenen Mähmaschine gemäht und anschließend zusammengekehrt, so dass am Ende lange Straßen von Grasschnitt auf der Wiese liegen. Nun kommt eine ebenfalls von einem Traktor gezogene Maschine zum Einsatz, die zum einen das Gras zu den bekannten zylindrischen Grasballen komprimiert, mit einem Strick befestigt und den Ballen sodann über ein rotierendes rundes Gestänge in Plastikfolie einpackt. Im Ergebnis gibt das die Plastikballen, in denen das feuchte Gras gären kann und im Winter als Futter (Silage) insbes. für die Rinder verwendet werden kann. Der Geruch dieser vergärenden Ballen ist etwas süßlich und erinnert mich an Dunhill-Tabak. Man riecht ihn viel auf allen Wegen, die durch landwirtschaftlich genutzte Wiesenflächen gehen. Ich liebe ihn.
In Wietzendorf überqueren wir die Wietze (Foto von Badestelle) und kehren im Eiscafé ein und trinken einen köstlichen Eiskaffee. Hier gibt es einen alten Glockenturm aus Holz (Foto) neben der Kirche sowie die Imkerstatue (Foto). Der Imker hat eine Pfeife im Mund, mit dem Rauch beruhigt er die Bienen.