Endlich einmal wieder sortierte ich den alten Papierkram aus, auch obsolet gewordene Bücher waren dabei, begleitet von der Frage „Was kann weg?“. Ist doch das Entmüllen immer auch ein Enthüllen dessen, woran man festhält und andererseits der Gegenpol zu überflüssigem Konsum: nicht, was man kauft, ist hier die Frage, sondern was loszulassen man bereit ist. Ich fand also im alten Kram ein handgeschriebenes Blatt, hatte ja des öfteren mal gute Textstellen auf diese Weise festgehalten, verinnerlicht und bekräftigt. Ich rätselte herum, von wem denn dieser Text, gut geschrieben und mir aus der Seele sprechend nun eigentlich war, musste die Quelle aufspüren. Sie ahnen es bereits, verehrte Leserin: der Text war von mir selbst. Wenn einem solches widerfährt, dann ist das mehr als einen Asbach Uralt wert: man sollte sich schleunigst von überzogener Selbstkritik befreien, nach dem Motto „Gut sind immer nur die Anderen“. Hierzu gab es kürzlich in dem lockeren Bühnengespräch zwischen dem Kabarettisten Florian Schroeder und dem Philosophen Peter Sloterdijk ein Analogum: der nordische Protestantismus sei ja immer auch mit dem mahnenden Fingerzeig verbunden, sich selbst nicht gut finden zu dürfen, Richtung Süden lockere sich das dann („Mir san mir!“). Bei selbiger Plauderei fand sich auch ein wunderbarer Hinweis zum Gebrauch der Sprache: senkrecht zum Sachverhalt wäre das Gesagte mit dem Ding identisch. Wenn Millionen ein schlechtes Länderspiel sahen, dann sagte der Tautologe Günther Netzer dazu: „Wir haben ein schlechtes Spiel gesehen!“ Wir anderen aber geben uns genüsslich dem schrägen und verspielten Sprachspiel hin, finden auch darin einen Sinn.