Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

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Archives: Juli 2023

2023 12 Jul

Der blaue Punkt

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Es gibt Menschen, die Bücher nicht nur lesen, sondern regelrecht mit ihnen leben. Zu dieser Gattung zählt auch unsereins. Ständen bestimmte Werke nicht mehr im Regal, wäre das, als hätte man seine Brille oder Armbanduhr verlegt: something’s missing. Ein solcher Band, mit grasgrünem Cover aus der Reihe der Edition Suhrkamp, stammt von dem Österreicher Robert Pfaller und sein Titel lautet Die Illusionen der Anderen – Über das Lustprinzip in der Kultur. Eine Vielzahl relevanter Alltagsphänomene werden besprochen, in Bezugnahme auf die Psychoanalyse oder auf die Philosophie wie etwa die Stoa. Wir Menschen sind nämlich neben der Fähigkeit zur Vernunft ebenso auch höchst irrationale Wesen, und das gilt ausnahmslos für jeden, auch jene, die sich gerne als „Realisten“ bezeichnen. Ohne Fantasie kein Realismus, würde ich da entgegnen. Ein Grundthema im Buch behandelt, wie der Titel andeutet, Phänomene der Einbildungskraft, wie etwa den Aberglauben. Man kennt das: im Dunkeln spazierend erschrickt man vor einer Schlange, die sich am nächsten Tag als harmloser Stock herausstellt. Peter erzählte mir gestern seine Story: Er hatte vor ein paar Wochen sein Lauftraining intensiviert und verspürte plötzlich einen stechenden Schmerz im Aussenrist: ein kleiner blauer Punkt unter dem Fuss. Er stellte abrupt das Training ein und recherchierte im Internet: alles deutete auf eine Stressfraktur hin, mit sechs Wochen Gips zur Folge. Panik. Er konnte nicht mehr auftreten, verfiel tagelang in eine semi-depressive Schonhaltung. Endlich dann der Gewissheit bringende Arztbesuch. Schon im übervollen Wartezimmer ging es lustig zu: Lachen, Plaudern, ein polyvalenter Chor von Stimmen – er liebte das. Der Arzt tastete in Müller-Wohlfahrt-Manier den schmerzenden Punkt behutsam ab. Kein Ermüdungsbruch? Nur eine Raumforderung. Ein Lottogewinn! Am selben Abend noch setzte Peter sein Lauftraining fort, der persistierende Schmerz war verflogen, gone with the wind.

 

2023 10 Jul

17 Beats, Ende Juni/Anfang Juli 23

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Easy Listening
Soul, die Seele berührend,
Menschen verbindend

[Aretha Franklin – I Say a Little Prayer (Bacharach/David)]


Wir tanzen den Blues.
Wir schreien den Blues heraus.
Wir lieben den Blues.

[B. B. King – Sweet Sixteen]


Flirrende Sonne
Ein Stein springt übers Wasser
Augengezwinker

[Tingvall Trio – Woodpecker]


Im Sessel liegend
Die Füße auf dem Boden
Durch den Traum tanzend

[The Future Sound of London – Papua New Guinea]


God is a woman
and she and her backing band
know what a groove is

[Annette Peacock – Pony]


An den Gitarren
hängen Glocken, die läuten
diesen Sommer ein

[The Necessaires – More Real mit Arthur Russell, Dank an Michael!]


Die Menschenseele
auf der Hardangerfiedel
zum Klingen bringen

[Nils Økland, Sigbjørn Apeland – Skynd deg, skynd deg, auf deutsch „Beeil dich, beeil dich“, Dank an Michael!]


Gefunden hat sie
ihn nie, gesungen von ihm
dutzende Male

[Billie Holiday – The Man I Love (George & Ira Gershwin)]


„Erotik muss auf
den Sonntagvormittag sich
(allein) beschränken“

[Dota Kehr & Funny van Dannen – Großstadtliebe (Mascha Kaléko)]


Getting lost in space
dancing to the galaxies
drifting far away
[Fractal Sextet – Planet 9, Dank an Uli!]

 

Es gibt nicht nur die beste Freundin für vertrauliche Gespräche oder den vertrauten Zahnarzt für Angstpatienten, es gibt seit meiner Studentenzeit in Freiburg den mir vertrauten Wetzsteinbrief aus der Buchhandlung “Zum Wetzstein”. In den monatlichen Empfehlungen stehen für den Juli diese beiden Bücher, die ich mir sofort kaufte und die ich hier weiterempfehlen will.

 
 

 
 

Bleiben wir dem Meer treu. Dieses Mal taucht er im Namen des herausgebenden Verlages auf und spielt selbstredend in der Geschichte über Syrakus und Ortigia, die Altstadt, die auf einer Insel liegt, eine maßgebliche Rolle. Sartorius ist ein wunderbarer Dichter und ein großer Kenner und Liebhaber des tiefen europäischen Südens: z.B. der Türkei (sein Buch über Die Prinzeninseln ist ein Kleinod) und Sizilien. Auf Sizilien verbringt er, außer in Berlin, viel seiner Zeit. Er weiß zu erzählen davon, im angenehmen Plauderton, verfasst kleine Alltagsgeschichten mit geschickt darin verwobenen, höchst interessanten historischen Bezügen. Sartorius schreibt, ohne zu belehren, ohne seine immense Bildung unangenehm zur Schau zu stellen. Er schreibt nüchtern vom Leben, vom Zurechtfinden der Menschen in der Gegenwart, die immer wieder von einer großen Vergangenheit fast erdrückt werden. Getragen wird das Buch von der stupenden Kenntnis und der großen Liebe zu einem Land, einer Region und deren Orte, und zu der Kultur und den Menschen, die dort leben. „Es gibt Bauwerke, die eine Stadt und ihre Geschichte symbolisieren, in denen das Gedächtnis des Vergangenen in der physischen Substanz des Heutigen zu greifen ist und in denen Anschauung und Erinnerung mit der Schichtung des Steins einen Dialog führen. Der Dom (von Ortigia) führt diesen Dialog.“ [SB]

 
 

 
 

Weidermann schafft mit diesem Roman große Lust, Thomas Mann (wieder) zu lesen. Das Buch ist, entgegen der Ankündigung des Verlages, nicht etwas ganz Neues zu Thomas Mann und seiner großen Liebe zum Meer. Weidermann gelingt es jedoch, eine interessante, voller Wärme und sehr liebevoll geschriebene Geschichte zu erzählen, gut recherchiert und immer wieder auch mit überraschenden Details – obwohl man vieles kennt und manches weiß. Einerseits ist der Blickwinkel eng, weitet aber andererseits unter Konzentration auf diesen (Meeres)Ausschnitt das Auge des Lesers für viel Neues. Erfrischend auch, dass die beiden berühmtesten Kinder des Zauberers, Erika und Klaus, nicht wie üblich in den Mittelpunkt gerückt werden. Weidermann bleibt seinem Thema treu und konzentriert sich bei den Kindern auf Elisabeth, die Meeresforscherin. Beim umfangreichen Werk des großen Dichters: auch hier Konzentration auf wenige Romane, die Weidermann geschickt mit der Familiengeschichte des erfolgreichen und doch immer wieder zweifelnden Autors verknüpft. „Das Meer, sein Rhythmus, seine musikalische Transzendenz ist auf irgendeine Weise überall in meinen Büchern gegenwärtig, auch dann, wenn nicht, was oft genug der Fall ist, ausdrücklich davon die Rede ist.“ (Thomas Mann)

Sollten Sie Freude am erneuten Eintauchen in Thomas Manns Werke verspüren, fragen Sie uns nach den unterschiedlichen Ausgaben, in einzelnen, besonders gestalteten Bänden erschienen, oder auch nach denjenigen Bänden aus den beiden Gesamtausgaben, die im S. Fischer Verlag herausgegeben wurden. [SB]

 

2023 8 Jul

Two courageous women

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Pianist Kateryna Ziabliuk, presently working in Krakow, and vocalist Natalia Kordiak from Warsaw form the duo TANOK. Tonite they play the club in Kyiv where Kateryna originally is coming from.

 

Both are exciting musicians you might know more about. Kateryna Ziabliuk performed last year twice at Jazzfest Berlin. 

 

 

 

 

The classical piece of Albatross Music by extraordinary musical spirit Peter Green

 

 

A    U    D    I    O

 

 

 

North Sea Round Town festival Rotterdam: photos of release concert of guitarero Teis Semey’s „Midnite Mess“ -performed at Oude Kerk in the Rotterdam borough Charlois

 
 


 
 

w/Liva Dumpe, Vera Morais, Sanem Kalfa, Marta Arpini (vocals), Kit Downes (church organ).

 
 


 
 

Participating Amsterdam musicians originate from all four wind directions, East, West, North, South.

 
 


 
 

Striking: the high number of excellent female vocalists in the present Amsterdam-Rotterdam scene.

 
 


 
 

It resulted in establishing the 9-piece vocal ensemble AUGUST 38th that will soon come up with its debut album

 
 


 
 

Also striking: these young(er) generation musicians are NOT bound to a fixed direction or style of music. They are able and eager poly- and multivalent musicians

 

Hier folgt das noch fehlende Album, das ebenfalls 2021 seinen Anfang nahm: Dem vielbeachteten Album World Dialogue mit Streichquartetten von 2020 folgt nun eine bemerkenswerte Fortführung als Zusammenarbeit mit Fabio Anile Music For Piano And Strings. Hier finden sich drei Stücke von Fabio Anile und vier aus der Feder von Stephan Thelen, die teilweise um ein Piano zum Quintett erweitert werden. Als Streichquartett spielt wieder das Al Pari Quartet, die schon auf World Dialogue gezeigt haben, dass sie interpretatorisch gut mit dem Kronos Quartet mithalten können. Von diesem ersten Album mit Quartetten ausgehend war Fabio Anile so begeistert, dass er Stephan Thelen einen Entwurf von dem etwas verspielteren Eleven Tails sendete und dieser gerade eine Auftragsarbeit für den Pianisten Ulrich Koella, das minimalistische Metric Modulation fertiggestellt hatte. In diesem inspirierenden Austausch entstand die Idee darauf aufbauend ein gemeinsames Album zu komponieren. Beide teilen die Liebe zu minimalistischen Strukturen, die sie auf der Basis der Präzision klassischer Musik und der nicht zu überhörenden Vitalität der Rockmusik mit polyrhythmischen Grooves erweitern. Schöne Beispiele hierfür sind Polymetric Counterpointvon Fabio Anile und Tunnel Drive von Stephan Thelen.

Während Stephan Thelen im Idealfall aus einer minimalen, singulären Idee ganz organisch etwas Hochkomplexes entwickelt, versucht Fabio Anile die Grenzen des „klassischen“ Minimalismus durch den Einsatz von Tonartwechseln und Melodien aufzubrechen, ohne dass die treibenden Rhythmusstrukturen dadurch ihre zentrale Funktion verlieren würden. So liefern diese beiden Protagonisten dieser Minimalisten der zweiten Generation ein elegantes, musikalisch weites Album, das fordernd und von cineastischer Qualität ist, gleich einer Nachtfahrt eines Film Noir-Werkes mit offenem Ausgang. Der Spannungsbogen zwischen den unterschiedlichen Wurzeln wird aber in keinem Stück deutlicher als in Thelens Ascension, das sich bei gleichen Basismuster bereits unter gleichem Namen in kongenial anderer Version auf Fractal Guitar 3 findet. Eine brennende Intensität, die durch feine polymetrische Patterns jagt und den Hörer erst atemlos mit dem letzten Ton entlässt.

 

 

 

 

Three Movements, das neue Album von Sonar mit David Torn und jetzt auch J. Peter Schwalm besteht aus drei langen Stücken, die in ihrer Komplexität und unvorhergesehenem Abwechslungsreichtum fortlaufend neue Horizonte erschließen. Bereits zu Beginn stolpert die Musik ganz beiläufig in einen treibenden Rhythmus und ergießt sich in gepflegter Atemlosigkeit von feinstens ausgewogenen Momenten über schräge Ostinati zu eruptiven Eskalationen, die wiederum in minimalistische oder bassgetragene Patterns übergehen, die sich über vermeintliche Entspannungsmomente mit sphärischen Elementen zu neuen Ausbrüchen steigern gleich einer hypnotisch-auswegslosen Verfolgungsjagd in einem bizarren Spiegelkabinett.

Ausgangspunkt waren dieses mal keine komponierten Stücke sondern Samples, Loops und Songfragmente, die David Torn zur Verfügung stellte und Stephan Thelen diese dann zu Ansätzen dieser fast symphonischen Suite zusammenstellte, mit den Musikern von Sonar einspielte und dann J. Peter Schwalm schickte, der elektronische Elemente und Schnipsel hinzufügte und so dazu beitrug, das der Hörer sich wie in einem Vexierbild niemals sicher sein kann, welches Element der enorm vielschichtigen Musik als nächstes für einen flüchtigen Moment die Führung übernehmen und den spannungsgeladenen Gitarrensound von David Torn konterkarieren wird. Dabei haben die langen fraktalen Schleifen eine gewisse Ähnlichkeit mit den komplexen Strukturen indischer Ragas, die bei komplizierter und ungerader Rhythmusstruktur improvisatorische Elemente in langen Bögen gegeneinander laufen lassen, um sich beim Schließen des Zyklus nach einem erlösenden Takt einem neuen abrupten Richtungswechsel zu unterziehen, der mit unglaublicher Präzision vertraute Horizonte zerlegt, um gleich selber einen weiteren anzudeuten. Schließlich entlässt das Third Movement den Hörer in die Weiten ambienthafter Sphären, leise und die außerordentliche Fülle hinterlässt ein tiefes Gefühl angenehmsten Erfülltseins, dass auch bei mehrfachem Hören garantiert abnutzungssicher ist. Ein Meilenstein, der ein Vorbote einer Musik der Zukunft sein könnte, womit sich der Kreis zu Transneptunian Planets auf einer höheren Ebene schließt.

 

 
 

Die Chili Pflanzen vom letzten Monat sind ein bisschen gewachsen. Zur Sicherheit habe ich mir noch vier Setzlinge auf einem Wochenmarkt gekauft, so dass ich auch in diesem Jahr das ein oder andere Glas Sauce machen kann und für den Winter versorgt bin. Außer Old & New Dreams & Grazing Dreams habe ich im Juni wenig konzentriert zugehört. Echoes und Since Time Is Gravity liefen noch ein paar Mal – aber die waren im Mai ja auch schon dran. Dann noch ein paar bekannte Alben, die mehrmals im Hintergrund liefen – wieder Billy Valentine und Yaeji aus dem letzten Monat, dazu noch Manuel Göttsching (E2-E4), Remain In Light und Da Nich Für von Dendemann. Sehr gerne habe ich noch einige Folgen von dem In aller Ruhe Podcast von Carolin Emcke gehört. Podcasts sind nicht so mein Ding, ich habe kaum Zeit oder Lust etwas zu hören, das nicht Musik ist, aber diese Interviews sind wirklich horizonterweiternd; danach hat man mehr Fragen als vorher, aber auch ein paar andere und neue Sichtweisen kennen gelernt. Und ich war auf einem guten Konzert im Juni: das Simin Tander Quartett feat. Tord Gustavsson.

 

Und dann geht es zum Glück endlich in den Urlaub. In meinen Koffer kommen:

 

  • Volter Kipli: Im Saal Von Alastalo (mal sehen, ob ich das zu Ende lese)
  • Humberto Maturana / Bernhard Pörksen: Von Sein zum Tun
  • Eugen Ruge: In Zeiten des Abnehmenden Lichts
  • James Kestrel: Five Decembers
  • Collin Walcott: Grazing Dreams
  • Billy Valentine & The Undisputed Truth
  • Old And New Dreams
  • Ferdi Schuster: Playing Life
  • Gedichte von Thomas Tranströmer
  • Und vielleicht noch das eine oder andere Album (auf Spotify)
  • Eine Handpan 

 

Die vier Bücher werde ich sicher nicht alle in den nächsten drei Wochen lesen, aber danach habe ich auch noch ein bisschen freie Zeit, mal sehen. Bis es am Freitag los geht, will ich noch Secondhand-Zeit von Swetlana Alexijewitsch zu Ende lesen. Ein erschütterndes Buch, welches einem leider ein wenig Hoffnung nimmt, dass aus den Trümmern des sowjetischen Sozialismus etwas Friedfertiges entstehen kann.

„Der Weltraum, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2022. Das sind die Abenteuer von J. Peter Schwalm und Stephan Thelen, die mit einer 4 Mann starken Besatzung unterwegs sind um fremde Galaxien zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisationen. Weit von der Erde entfernt dringen sie jenseits des Neptun in fremde Räume vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat“.

 

Die Sonne ist nur noch ein kleiner heller Punkt im Firmament, die Temperatur nähert sich langsam dem absoluten Nullpunkt an und aus der kosmischen Finsternis nähern sich lichtlose Objekte, Planetoide, langsam den Protagonisten. Zwischen ihnen werden kleine Dateien mit Lichtgeschwindigkeit durch den Äther geschickt, Skizzen, Ideen, Entwürfe, die von dem jeweiligen Empfänger sorgsam gehört und derart bearbeitet wurden, dass daraus etwas entstand, was keiner von beiden je vorher gemacht hatte, was alle gewohnten Muster zerlegte. Dort in der Tiefe des transneptunischen Raumes entstand fern von allen irdischen Einflüssen etwas, das so noch nie zu hören war. Neue Botschaften von fernen Welten.

Mit an Bord waren Eivind Aarset, der Bassist Tim Harries und der Schlagzeuger Manuel Pasquinelli, die sowohl exorbitant ätherische wie rhythmisch treibende Elemente einbrachten. Den Einstieg macht ein Besuch bei Pluto, der erst vor einigen Jahren seinen Planetenstatus verlor und zum Planetoiden herabgestuft wurde. Hier stoßen treibende rhythmische Strukturen auf subtile atmosphärische Elemente, unberechenbar und horizonterweiternd. Mit MakeMake entfalten sich dystopische Eruptionen mit streckenweise fragwürdiger Rhythmusstruktur, die von völlig unvorhersehbaren Wendungen leben. Die nächsten drei Stücke schweben sich langsam entwickelnd zwischen untergründigen archaischen Fragmenten und ätherischem Cyberspace-Dub, teilweise von Eivind Aarsets einzigartiger Weise Gitarre zu spielen über alle Grenzen getragen. GongGong – ja die so fernen Planetoide habe oft obskure Namen  – oszilliert zwischen den Polen psychedelischer Klänge und Techno-Trance mit der unterschwelligen Aggressivität eines uralten Reptils, wohingegen die letzten beiden Stücke dann auf ihren exzentrischen Bahnen lichtferne Räume durchmessen, mal lautlos gleitend, filigran sich um die eigene Achse drehend, mal verhalten treibend und gewohnte Patterns sicher umschiffend, um sich letztendlich wie in der Schlussszene eines Science Fiction in unendlichen Weiten zu verlieren.

 

Im Jahr 2021 arbeitete Stephan Thelen parallel an vier Albumprojekten, die sich in intensiver Weise gegenseitig beeinflussten und bei sehr unterschiedlichen Konzepten und teilweise anderen Musikern aber sehr eigenständige und spannende Klangräume entstehen ließen. In Fractal Guitar 3 finden sich auf den Stücken alle Musiker, die auch auf Transneptunian Planets spielen wieder, zudem u.a. noch Markus Reuter, Jon Durant, Andi Pupato und Stefan Huth. Auf den verschiedenen Alben gibt es Stücke die den gleichen Ansatz haben, wie die polyrhythmische Struktur „5 gegen 7“ die nicht nur bei Morning Star, sondern auch bei Pluto und bei Fractal 5.7 auf dem dritten Album Fractal Sextet jeweils völlig andere Atmosphären entstehen lassen. Es finden sich recyclte Elemente des ersten Sonar-Albums Black Light wieder in Orbit 5.7 und Glitch, dann werden teilweise die komplexen Polyrhythmen in verschiedenen Tonhöhen und Geschwindigkeiten in atemberaubender Eskalation gegeneinander laufen lassen wie in Black On Electric Blue und als Pendant Slow Over Fast auf Fractal Sextet. Umklammert wird Fractal Guitar 3 von dem extremfaszinierenden Stück Through The Stargate, das von Eivind Aarset mitkomponiert wurde und am Anfang einen sehr treibenden Einstieg schafft und zum Schluß in einem sehr atmosphärischen Mix von J. Peter Schwalm, der die schwebenden Gitarrenklänge Aarsets in den Vordergrund hebt und so die tiefe musikalische Verbundenheit der beiden so unterschiedlichen Gitarristen in eine wunderbare Synthese bringt.

 
 


 
 

Fractal Sextet bringt mit dem Pianisten und Keyboarder Fabio Anile, dem Bassisten Colin Edwards und dem Schlagzeuger und Spezialisten für Polyrhythmen Yogev Gabay ein anderes Spektrum an Musikern auf den Plan, die zwischen minimalistischen Mustern, Prog und Kammerjazz eine atmosphärisch dichte Synthese finden und dabei fast Bandcharakter entwickeln, wenn nicht auch dieses wunderbare Album durch die pandemiebedingten Restriktionen vor allem durch den Austausch von Fragmenten und Dateien entstand. Hier kann man nur hoffen, dass die Musiker für eine Performance eines Tages live zusammenfinden. Doch das ist nicht das Ende dieser Geschichte, da noch ein weiteres Album fehlt …

 
 


 

2023 3 Jul

„exit darkwood“

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