Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2023 16 Mai

Die unvergessliche Auslage eines Plattengeschäfts

von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | 2 Comments

Zur Hälfte habe ich die Story schon erzählt, aber gestern erst sah ich das vollständige Bild. Ein Plattenladen in Paignton. EF-Ferienreisen. Sommer 1971 (ich bin dieweil unglücklich in Regina verliebt, eine Pfarrerstochter aus der Bittermark, und es entsteht, unter englischen Palmen, ein kleines Techtelmechtel mit einer baldigen Hockeyspielerin der NATI aus Neuss). Ich erlebe in einer urigen Fish’n’Chips-Bude den Dicken von Hot Chocolate – er scheint mir high zu sein.

Ich wohne mit einem, der noch längere Haare hat als ich, in einem Zimmer eines sehr alten Hauses im ersten Stock. Sehr sympathische Gastgeber, ohne Groll gegenüber den Nachgeborenen des Zweiten Weltkrieges. Dann also vor diesem Plattenladen, Nase an die Scheibe gedrückt. Da drin, in der Auslage, der Anfang einer sich als sehr stabil erweisenden love affair, After The Goldrush, von Neil Young.

Es wird meine erste Platte des jungen Young, und einen Tag später kann ich schon mit Neil „Tell Me Why“ im Duett singen, auswendig gelernt vom beiliegenden, krakeligen Textblatt. Die nette Familie stellt uns den Plattenspieler zur Verfügung. Gott, ist „Southern Man“ ein Hammer –  für mich ein antifaschistischer Song (ist das so?) –  ich gehe dermassen im Sound auf, dass für Lyrikdeutung keine Zeit bleibt.

 

 

 

 

Aber in der Auslage, neben Neil, steht noch ein Album, nur habe ich weder das Taschengeld noch den Übermut, es mir auch noch zuzulegen. Das Cover berührt. Etwas Uraltes, Urenglisches (oder was weiss ich), Geschichtsunterricht, und drumherum, um so viel schwarzen Raum, hippie coloured portraits. Daheim in Dortmund schlage ich zu, vielleicht las ich eine begeisterte Besprechung in Sounds.

Jetzt wird die Erinnerung fahrig, was nicht heisst, dass das Album keinen mächtigen Eindruck hinterlassen hat. Im Gegenteil: ich glaube, dass ich das  Werk wieder und wieder hörte, und es toll fand. Heute gilt es als Klassiker der englischen „Jazz-Rock-Historie“ (unangefochten meine Nummer 1 dieses Genres, „Third“ von Soft Machine). Vor Ewigkeiten kam mir Nucleus abhanden. Auf gefühlten 12 Umzügen. Haben sie je ein besseres Album gemacht?

Jetzt wieder entdeckt, Mai 23, die Reissue. Vinyl. Mastered from the original analog tapes. We‘ll talk about it later. Ich habe mir die Platte sofort bestellt (heute, bei HHV, Berlin), und bin gespannt wie ein Flitzebogen. Anyone out there who knows it? Übrigens, die beiden Cover der Alben von Nucleus und Neil Young passen designtechnisch hervorragend zusammen. Ein Plattenladenbesitzer mit Sinn für Ästhetik! (Später, auf mein Mixtape für Regina, kam dann aber nichts von Nucleus – ich versuchte es mit den Kinks, mit Genesis, und Neil Young, nutzte auch nichts – „only love can break your heart“.) 

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2 Comments

  1. Michael Engelbrecht:

    https://www.bewithrecords.com/products/nucleus-well-talk-about-it-later-lp

  2. Olaf Westfeld:

    Über „Roots“ von Nucleus hatte ich geschrieben – oder? Die war auch soundwise a real stunner, auch auf Be With Records erschienen.


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