In keiner Besprechung dieser ersten Vinyledition seit dem Erscheinungsjahr 1973 fehlt die Erwähnung von Quentin Tarantinos „Kill Bill“, denn seine Hommage ans japanische Kino griff eben auch auf zwei Songs von Meiko Kaji zurück, die selbst in alten japanischen B-Movies diverse Hauptrollen spielte – und so tauchten diese wunderbar gefühlvollen Schmachtnummern bereits in dem Rache-Thriller „Lady Snowblood“ auf, und in dem nicht weniger gewalttätigen Streifen „Female Prisoner #701: Scorpion“.
Solche unangepassten Frauenfiguren produzierten in der japanischen Kultur nur dezente Schockwellen, die zusätzlich geschwächt wurden, wenn die von Männern dominierte Filmkritik den „Trash“-Gehalt solcher Filme belächelte. Aber das Subversive und die wundersamen Ver-Rückungen solcher Rollenmodelle entgingen weder dem japanischen Underground jener Jahre, noch späteren Musikarchäologen.
Meiko Kaji bediente sich an alten Traditionen (wie ich in den liner notes erfahre) und hebelte hehre Überlieferungen munter aus, mit japanischem Pop, und Prisen westlicher Psychedelik, Spuren von Funk. Alles herrlich wie fraulich in blumig-freche Arrangements gewickelt, ein Füllhorn an verführerischen Melodien. Man könnte an Petula Clark denken, an Dionne Warwick, aber man kann das auch lassen, und sich mit Haut und Haar auf diese japanischen Parallelwelten einlassen. Und diese Stimme – wow!
Und das ist das Tolle wahrscheinlich all der fünf Langspielplatten von Meiko aus den wilden Siebzigern, die in diesem Jahr von We Want Sounds, neu remastert, veröffentlicht werden: glatt könnte man nämlich nostalgisch werden, hätten wir unsere Boomer-Jahre mit etwas mehr von diesen alten Liedern und Rachegeschichten verbracht. Fragen Sie mal John Darnielle. Ich erinnere mich, wie gross die Briefmarken aus Japan waren, überlebensgross. Nicht nur der Fujijama. So aber wird aus dem Para-Nostalgischen auf den Entdecker-Modus umgeschaltet. Manches aus der Ferne wurde als grosse Kunst gefeiert, viel zu wenig landete meines Wissens in den Schmuddelkinos hinter den Bahnhöfen, die ja auch ihren ganz eigenen Zauber hatten.