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2023 3 Mai

Ernüchterndes zu einem hochgejazzten deutschen Spielfilm

von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | Tags: , | 31 Comments

 

 

„Jedem seine Ergriffenheit, jedem seine Ernüchterung“

 

Richtig überzeugt an diesem Kinoerlebnis haben mich eigentlich nur die Kameraführung und mein halber Haschischkeks. Natürlich weiss ich, dass man mich nun für einen unverlässlichen Rezensenten halten wird, aber das Risiko gehe ich ein. Ich widme diesen kleinen Text Uschi M., in Erinnerung an unsere Würzburger Filmpantomimen, auch dann, wenn sie den Film ganz toll oder schwer beeindruckend finden sollte, wofür ich aber a bisserl Phantasie brauche (mir das vorzustellen). Ich empfand den Film insgesamt um einiges langweiliger als interessant. Dass der Herr Petzold seinen Ozu und Rohmer kennt, und Tschechov sowieso, kann man an der Filmerzählung ablesen, auch an aktuelle Interviews. Aber, was nützen im Gesamturteil herrlich ruhige Kamerafahrten, wenn ein guter Teil des Drehbuchs, als Humoreske vielleicht gedacht, als Klamotte rüberkommt?!

Mich erstaunen die vielen Lobeshymnen, scheinen sie doch alle locker wegzustecken, dass unser Schriftsteller mit temporärer Schreib- und Ideenblockade allzu lang seine Verklemmungen zur Schau stellt. Das ist wirklich nur begrenzt witzig. Ich kann mir bestens vorstelle, wie der Herr der FILMANALYSE hier quer durch den marxistischen Boulevard der Entfremdung stromert, bietet der Film doch – ünrigens sehr bieder gestrickt – ein Gleichnis an über unser Leben in dieser kranken Welt. Und diese Parabel wird zwar hübsch bebildert, aber seltsam leblos mit zu vielen schrulligen, verpeilten Protagonisten gefüllt. Auch Paula Beer kann da nicht viel retten. Noch schlimmer, auf Dauer bekommen speziell die  versammelten Jungs, auch der später auftauchende Redakteur, den trockenen Charme holzschnittiger Stereotypen.

Martina hat ja recht, wenn sie folgendes beobachtet: „Gepflegt wird in ROTER HIMMEL auch die Tradition, eine Geschichte zu erzählen, ein Gedicht aufzusagen und ein altes Fahrrad mit zu vielen Einkaufsnetzen zu behängen.“ Die Lust an den  liebevoll gestalteten Details gehört zur Plusseite eines Films, und trägt, in der Summe, dazu bei, den dritten Stern zu retten. Eine dieser Stories in gemeinsamer Runde erzählt ja unser Bisexueller, und die ist leider so bescheuert, dass man erst lacht, und dann doch die Stirn runzelt. Und dann die grosse Erzählung mit dem Titel „Club Sandwich“. Ja, der Titel ist schon der einzige Brüller. Als Matthias Brandt seinem zähen Schützling etliche Passgen daraus vorliest, merkt man rasch, was das für ein Hirnfick ist. Leider auch nicht wirklich witzig, und vielleicht gar dem Dicken in Wenders Edellangweiler „Falsche Bewegung“ gewidmet, der ja auch, wahrscheinlich eine Selbstparodie Handkes, brunzblöde Lyrik widerkäut.

So weit, so schlecht. Und als dann schliesslich das Drama seinen Lauf nimmt, findet der Miesepetrige zu einem ruhigeren Erzählen und steigert seine literarische Performance – im nächsten Werk (ein Reifungsprozess!) – zumindest auf eine 3+ in der Sparte Primanerprosa. Jeder Zuschauer ahnt im übrigen schon früh, das unser Spezi heimliche Gefühle für die Schöne hegt, aber selbst als die launigen Streiche des Sexus dazu führen, dass das Objekt der Sehnsucht nachts in seiner Butze hockt, passiert nichts. Geh mir weg, so eine schnarchige Episode – da stand gewiss eine Szene aus Eric Rohmers „moralischen Erzählungen“ Pate. Und so dümpelt der Film, bei aller formellen Geschlossenheit, bei aller klugen Konstruktion, durch seltsam inspirationsloses Dialoggestrüpp – ein paar Schmunzler, ja, die Sache mit dem Gulasch, aber auf Strecke gesehen, nö, keine Sogkraft. Und dann dieser eine Song: „In My Mind“ … diese drei Worte werden wieder und wieder mantraartig vorgetragen, Achtung: Subtext (!) – und wir ahnen: alles Kopfsache! Ach, wirklich, echt jetzt?! Nein, ein geheimnisvolles Raunen ist diesem Film nicht zueigen. Ein zweites Mal würde ich mir das nicht geben, ganz sicher nicht! Da war mein halber Keks spannender!

 

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31 Comments

  1. Ursula Mayr:

    Der Text ist ein innerer Vorbeimarsch!
    Konnte den Film leider noch nicht sehen. Ja, da müsstest Du Deine Phantasie gewaltig strapazieren – wie erwähnt hatte ich mit Petzold schon immer meine Probleme.
    Nun hat er sich ja vornehmlich den “ Gespenstern“ gewidmet – also Menschen die zeitlich und örtlich unverortbar leben und aus allem herausgefallen zu sein scheinen, in Zwischenwelten und Graubereichen agieren – ich glaube die Tibeter nennen es Bardo. Das ist ein löbliches und spannendes Vorhaben und könnte zu einem faszinierenden Output führen wenn er es schaffen würde den Figuren einen Funken Leben einzuhauchen und sie nicht wie Untote geistern zu lassen die mir meinerseits keinen Funken Interesse abnötigen – da brauchts noch nicht mal Nina Hoss – wenn die sich zu Anfang der Dreharbeiten Gurkenscheiben aufs Gesicht legen würde wären die bei Beendigung immer noch nicht abgefallen. Dabei kleben die eigentlich sehr schlecht, wie mich die Erfahrung einst lehrte….
    Da helfen mir auch die formalen Qualitätskriterien nicht weiter.
    Aber ich werden – nicht Petzold, aber Paula Beer und Matthias Brand eine Chance geben und mir ansehen wie er die beiden auch noch totkriegt.

  2. Martina Weber:

    Statt einer Filmpantomime wäre als Ratespiel für mich der entscheidende Satz, jedenfalls einer: „Kommst du mit schwimmen?“
    Die Textprobe aus „Club Sandwich“ hätte sich für eine Open Mike-Event einer Kleinstadt aus den 80ern geeignet, zu sehr später Stunde, wenn alle mehr oder weniger benebelt sind und alles sowieso egal.
    Die Story, die der Bisexuelle erzählt hat, habe ich schon vergessen.
    Ich hätte mich für die andere Hälfte deines Haschischkekses interessiert :)

    Trotzdem: „Wolfsburg“ neulich im Homecinema und „Die innere Sicherheit“ haben mich überzeugt. Die schaue ich mal wieder.

    Den Begriff „Bardo“ hat Emmanuelle Carrère in seinem Yogabuch als Überschrift verwendet. Es ist die Phase, in der der Mensch nach dem Sterben tritt, die Tage danach.

  3. alex:

    Ich gucke ihn mir morgen an. Die Erwartungen sind nicht sehr hoch. Die beiden Filme mit Paula Beer, Transit und Undine haben mir beide besser als die vorherigen Filme – außer „Die innere Sicherheit“ – gefallen. Die Filme mit Nina Hoss waren durch die Bank öde und hatten diesen nicht eingelösten Gestus der Bedeutsamkeit.

  4. klara:

    welche medienerzeugnisse müsste man konsumieren,um den eindruck eines „hochgejazzten“ films zu gewinnen?
    mein eindruck durch besuch von „roter himmel“ bei den berliner filmfestspielen ist ein anderer.vllt ist aber das urteil der int.jury des festivals gemeint,die ihm den zweitwichtigsten preis-den silbernen bären-vergab?ebenso verliehen die internationalen kritiker für „roter himmel“ durchweg hohe wertungen-dies ist kein deutsches phänomen.

    ..obgleich am ende zählt für die zuschauerin ohnehin:
    hat der film berührt?vermochte er anzuregen, was im kopf & herz anzustoßen? meinen partner und mich hat „roter himmel“ da ausgesprochen berührt.einfuehlsam sind die figuren erzaehlt.anders als bspw „undine“-der ein vorrangig intellektuelles spiel war.obgleich die kinovorschau bedauerlicherweise wie so oft mehr als die hälfte der handlung vorwegnimmt,darunter die fallende asche & die wortwechsel mit mathias brandt.doch muss dies scheints so sein,da der schauspielstar brandt in der vorschau gezeigt werden musste?

  5. Michael Engelbrecht:

    Nun, eine Mehrheit hat nicht recht, weil es die Mehrheit ist. Vereinzelte negative Kritiken gab es schon, und so steht meine Ansicht in einer kleinen Reihe sehr ambivalenter Haltungen zum Film. Mit einem ganzen Keks hätte ich die Zeichnung der Figuren evtl. auch als einfühsam empfunden😉

    Ein Makel: der deutsche Film, wenn er Ernst und Humor kreuzt. BIs auf ein paar nette Szenen ist der hier durchscheinende Witz von sehr magerer Qualität.

    Und, dieser Bademeister, gottogott. Erst erzählt er in der Runde, wie er seine schwangere oder gerade schwangergewesene Frau verlässt, um seiner Liebe zu der Schönen zu folgen. Aber schon bei dieser Gelegenheite küsst er den hübschen Alexander (hiess der überhaupt so?). Erst also vögelt er nachts mit der Schönen, später mit Alexander.

    Mal ehrlich: wir hanebüchen ist das denn, es sei denn, Petzoldt wollte alles in einer Art Traumspielaphäre ansiedeln, und war dabei bereit, jede Art von Psychologie / Realismus zu opfern. Also eine Farce? Naja. Mich hat der Film weder im Kopf noch in der Seele angesprochen (oder nur halbgar) – sein Potential habe ich gespürt, und wie das Drehbuch es weiträumig killte, leider auch.

    Zum Glück erleben wir alle etwas anderes.

    Es wurde als Skandal bezeichnet, dass der Film beim Deutsche Filmpreis leer ausging. Skandal, klar doch… hoffe wirklich, es gab eine Handvoll bessere D Filme als diesen hier.

  6. Ursula Mayr:

    alex: „Nicht eingelöster Gestus der Bedeutsamkeit“. Genau diesen Ausdruck habe ich die ganze Zeit gesucht.

    Micha: Es heisst nicht Haschkeks sondern Haferkeks!

  7. Michael Engelbrecht:

    @ Uschi: Haschkeks ist doch süss.
    @ anonymous: Bitte den echten Namen (bei solch unkonkretem Geraune)
    @ alex: ne schöne Alternative zu bedeutungsschwanger

  8. ijb:

    Sieht grad so aus, als wärst du wirklich nicht das Zielpublikum für diesen Film. Dafür beeindruckt allerdings, wie viel Zeit und Auseinandersetzung du ihm schenkst. Wenn mich etwas derart langweilt oder sogar nervt/frustriert, wäre mir ja die Mühe zu schade, mich damit noch so viel zu befassen.

    Nachdem ich den Kommentar von Wolfgang M. Schmitt geschaut habe, muss ich sagen: Da hat er ganz gut getroffen, was mir auch durch den Kopf ging. Ich sehe im übrigen keine große Schnittmenge mit dem Schaffen von Eric Rohmer, würde mich auch wundern, wenn Petzold da so viel Nähe sähe, und ich denke (auch nach seinen letzten Filmen zu urteilen) auch, dass Petzold seine Figuren gar nicht so psychologisch-realistisch versteht, wie das anscheinend hier manch eine/r tut – dafür ist deren Handeln und sind deren Dialoge dann doch immer wieder zu weit vom typisch deutschen Authentizitätsfetisch entfernt; den Anspruch (das Bedürfnis) an eine klassische emotionale Identifikation hatte ich daher beim Schauen zu keinem Zeitpunkt. Ich fand dieses raffinierte Changieren zwischen einer auf den ersten Blick naturalistischen Handlung und dem offenkundigen Spiel mit dem Konstruierten (also dem Erzählen an sich) selten so souverän gelungen wie in diesem Film. Ich sehe das gerade nicht als Schwäche, sondern vielmehr als Stärke, da es sich vom deutschen Kinostandard wohltuend absetzt (denn klassisch sympathisch fand ich tatsächlich auch keine der Figuren; Matthias Brandt wohl noch am ehesten, aber der kann ja offenkundig nichts falsch machen; ich sah ihn schon in den schlechtesten (aka stereotypischsten) Filmen/Serien („Babylon Berlin“ u.a.), und dennoch konnte er papierne Figuren lebendig machen wie kaum ein anderer deutscher Schauspieler.) Eine durchweg nicht „typisch deutsche“ Story-Emotionalisierung, wie sie von Filmförderanstalten heutzutage leider immer gefordert wird. Daher nicht bevormundendes Kino, unprätentiös und toll zurückgenommen in der Regie.

    Ich fand tatsächlich auch sehr bedauerlich, dass ein echt großer Teil der Handlung (50 bis 60 Minuten) schon im Trailer vorweggenommen wird. Da wartete ich auf die Sätze, die dort fielen und die Handlung der ersten Stunde betreffen („Die ist ja, nett, die Nadja.“, das ankommende Feuer und die Asche, der rote Himmel…).

    Und was für eine unglaubliche Synchronizität, dass just in dem Moment, wo der Tod aufkommt, die Musik von Sakamotos „Krebs-Album“ erscheint (und dann in dem späteren Epilog ja nochmal)! Wahnsinn. Dabei kam der Film ja sechs Wochen vor Sakamotos Tod raus. Das war der berührendste Moment im Film.

  9. ijb:

    Ich kann wohl verstehen, dass wenn man Petzold nicht mag, auch mit diesem Film nicht warm wird. Er vereint ja doch alles, was Petzolds Kino seit dem ersten Film konsequent auszeichnet, inklusive eben dieser sehr speziellen nicht-naturalistischen Erzählweise, die ja auch seine (in meinen Augen) absolut gelungene, weil stilsichere und fürs deutsche Fernsehen gänzlich untypische „Polizeiruf“-Trilogie mit Matthias Brandt und Barbara Auer und überhaupt seine Fernsehfilme („Toter Mann“, „Dreileben“ etc) betrifft. Das wendet sich halt der üblichen Fernsehkost, die alles fein säuberlich emotional eindeutig aufbereitet, ab.

    Wie schon letzte Woche gesagt, finde ich auch nicht alle Petzold-Filme gleich interessant/gelungen, aber dass die Mehrheit seine Filme gut fände (von den sehr wenigen Publikumserfolgen mit „Barbara“ und „Phoenix“, die ja hübsch in die beim Publikum beliebte deutsche Schublade „historische Geschichten“ um Zweiter Weltkrieg und DDR passen, mal abgesehen), halte ich dann doch für einen nicht so wirklich fundierten Eindruck.
    Ich würde jede Wette eingehen, dass man ohne Probleme weit mehr Leute findet, die eher dein/euer gepflegtes Gelangweiltsein von Petzolds Filmen teilen, als welche, die die Begeisterung von Wolfgang Schmitt teilen. Daher frage ich mich ja witzigerweise und ganz ehrlich ja auch total, woher dieses „hochgejazzt“ rührt. Ich sehe nun wirklich keine Mehrheitsmeinung pro Petzold, finde es aber schon ein wenig lustig, dass du das Thema jetzt kritisch ins Spiel bringst… hattest du es nicht selbst zuletzt etwa beim super mainstreamigen „Belfast“ noch als Qualitätsbeleg herangezogen?

  10. ijb:

    Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass dieser (ebenfalls auf der Berlinale und in deutschen Feuilletons hochgejazzte) deutsche Film eher was für dich wäre als das Petzold-Kino:

    Ilker Çatak erzählt in seinem neuen Film von einer Schule als Mikrokosmos der Gesellschaft, nicht in ­pädagogischer Form, sondern als Thriller um Macht, Einfluss, Verdacht und Übergriff

    Sehr guter Film.

  11. Michael Engelbrecht:

    Ich zitiere:

    „Sieht grad so aus, als wärst du wirklich nicht das Zielpublikum für diesen Film. Dafür beeindruckt allerdings, wie viel Zeit und Auseinandersetzung du ihm schenkst. Wenn mich etwas derart langweilt oder sogar nervt/frustriert, wäre mir ja die Mühe zu schade, mich damit noch so viel zu befassen.“

    Ich antworte: Ähem… du hast wohl nicht mitbekommen, welche Freude mir das Schreiben des Textes gemacht hat. Übrigens, nebenbei bemerkt, sollte grosse Kunst kein Zielpublikum, keine Zielgruppe anstreben, sondern universell sein.

    Und ich gab den Film drei Sterne. Also: man muss diesen Film ja wohl nicht unheimlich gut finden müssen. Das wäre ja noch schöner, wenn man sich nur mit Sachen befassen und kritisch auseinandersetzen sollte, die einem super gefallen.

    Ich habe dem Film die Zeit des Sehens und die Zeit des Antwortens geschenkt. Beides war hochinteressant.

    (Belfast, ein wirklich sehr guter Film btw, und die Kategorie Mainstream oder nicht ist da irrelevant. Mainstream, das ist so ein nicht so cooles Totschlaginstrument der Abwertung… schönes Beispiel für Mainstream der GROSSE KUNST IST: Belfast im Film, für mich, klare Kiste, in der Musik Rickie Lee Jones‘ neues Album mit Interpretationen aus dem American Songbook. Wunderbar! Deep!)

    Zurück zum Thema: Auf Strecke ist das Drehbuch von Petzold richtig schlecht (imo). Findest du den Bademeister oder die Rolle von Thomas Schubert NICHT, nach etwas Nachdenken, ein bisschen armselig…? Nö, woll?! Ich schon. Unabhängig vom Authentizitätsaspekt. Muss ja nicht gleich soo spinnert sein und ein wenig hohl, gelle?!

    „Hochgejazzt“, ich kläre auf. Vor Wochen redeten hier viele in meinem Bekanntenkreis, dass man überall so Tolles lese über den Film. Es war zuletzt der angesagtestes Film im Feuilleton. Das nenne ich hochgejazzt. Man kann auch sagen HYPE.Denn, der Film hat so zahlreiche Mängel. Und Pseudotiefe gerade deshalb, weil ein Teil der Figuren, ich wiederhole mich gerne, soooo klischeehaft anglegt ist.

    Willst du mir etwa sagen, Ingo, ich solle still sein, weil der Film so gar nicht meinen Parametern für einen tollen Film entspricht?!! nein, woll, das willst du nicht. Gut:)

  12. Michael Engelbrecht:

    Weil Ingo den zauberhaften Film ansprach, hier mehr dazu:

    https://www.manafonistas.de/2022/11/25/belfast/

    🥁

  13. Michael Engelbrecht:

    Es gibt so mitreissende Filme, die sich dem „Authentizitätsfetisch“ widersetzen, diesen zähle ich nicht dazu.

    Das muss nochmal gesagt werden, ich lasse mich ja nicht in so ne „Realismus“-Ecke stellen😉

  14. Ursula Mayr:

    Der Realitäts – oderAuthentizitätsfaktor ist kein Kriterium, dann wäre der Herr der Ringe ein schlechter Film; es ist wichtig dass der Film innerhalb seines Genres stimmig ist. Das führt dazu dass in Genres eingeteilt wird aber das halte ich nicht unbedingt für schlecht, die ganze Welt ist eingeteilt. Die Gestaltpsychologie hat im letzten Jahrhundert das Bedürfnis des Menschen nach einer “ guten Gestalt “ zumindest im Visuellen erforscht. Man stellt unwillkürlich Zusammenhänge her die ein bekanntes Ganzes ergeben. Manche Regisseure wollen uns da rechts überholen und servieren uns Genremixes die einige originell finden und andere – z. B. ich darauf warten dass der Film sich endlich entscheidet was er sein will. Das ist wie beim Kochen – man kann ausprobieren und zusammenmixen, da kommt vielleicht was Neues raus und das mag mutig sein aber es muss eben auch SCHMECKEN. Und das ist eben grosse Kunst wenn das auch noch schmeckt. Wie schmeckt Petzold? Ein Genremix ist es nicht….aber es fehlt was im Erleben, es ist artifiziell, man kann herumdenken ohne Ende – Seminarstoff eben – aber es will sich nichts runden. Ein Caipirinha ohne Alkohol…? Pizza ohne Oregano?

  15. Michael Engelbrecht:

    Caipirinha ohne Alkohol hier.

    Aber wie man angegangen wird, wenn man anderer Meinung ist, unglaublich😅 – da wird man gleich irgendwelchen Fraktionen zugedichtet….ts ts ts

    Meine Empfehlung. Immer schön an der Sache bleiben, das darf dann auch polemisch sein…aber, Ingo, ähem, überleg dir das Persönliche und deine Du Botschaften besser… … denn aufgepasst, wie es in den Wald hineinpoltert, so schallt es auch heraus. 😀

  16. alex:

    Der kleine Kinosaal an der Hauptwache in Frankfurt war gestern ziemlich gut gefüllt, das Publikum vom Alter gemischt, allerdings mehr Leute jenseits als diesseits der Fünfzig. Selten hat mich der Hauptprotagonist eines Films so genervt wie hier. Man möchte ihm permanent zurufen, jetzt doch mal endlich aufzuwachen. Er hat in mir ein Unwohlsein erzeugt, weil der Film ja aus seiner Perspektive erzählt wird, man quasi gezwungen wird, sich mit ihm zu identifizieren, was aber völlig unmöglich ist. Der größte Trottel diesseits der Alpen, dazu völlig auf seine winzige Egowelt konzentriert und dann kommt er am Ende mit den Liebenden von Pompeji, das scheint wenig glaubhaft. Der Typ ist eine Karikatur. Wobei er wohl zumindest teilweise Züge von Petzold trägt. Der Rettungsschwimmer war eine Witzfigur, da stimme ich absolut zu. Seine Coming Out-Geschichte war allerdings schon irgendwie lustig, evtl. hat er sie sich ja on the spot ausgedacht, um Felix rumzukriegen. Felix hat einen Enthusiasmus an den Tag gelegt, der ziemlich unwiderstehlich war, fand ich. Nadja und der Verleger waren so ziemlich die einzigen normalen Menschen. Interessant an dem Film finde ich, dass er zum Nachdenken und zur Diskussion einlädt. Die Ankunft von Felix und Leon im leeren Haus ist schon ziemlich genial umgesetzt, finde ich. Auch wenn die Platte auf dem Plattenteller – ob ein Plattenspieler in einem Waldhaus heute realistisch ist, sei jetzt mal dahingestellt – repetitiver Murks war (Tarwater waren schon mal besser). Musikalischer Höhepunkt war sicherlich das berührende andata von Sakamoto zum Schluss. Es gab viele Szenen, die ich nicht so schnell vergessen kann, wie z. B. als Leon gegen Ende am Meer sitzt und das Meeresleuchten, zu dem Nadja ihn eingeladen hatte, ganz für sich allein hat. Übrigens ganz klar inspiriert von dem „grünen Leuchten“ von Rohmer. Mit einer Sache hat Petzold sicher recht, es gibt zu wenige gute Sommerfilme mit Jugendlichen in Deutschland, zumindest hat er es mal versucht.

  17. Michael Engelbrecht:

    Du kannst gerne den Manas beitreten, Alex, ich würde deinen Antrag unterstützen. Ist ja immer was los hier😉

    Petzold wurde gefüttert mit Rohmerfilmen, als er hieran arbeitete. Schade dass er, so empfinde ich es halt, das Potential des Films hier und da und dort selbst torpediert.

  18. ijb:

    sollte grosse Kunst kein Zielpublikum, keine Zielgruppe anstreben, sondern universell sein.

    Ich kann dir hier nicht folgen.

    Es wäre mir ehrlich gesagt eine total neue Erkenntnis, dass es Filme/Kunst gibt, die so universell sind, dass es niemanden gibt, der sie nicht super (aka „große Kunst“) findet. Hast du dafür Beispiele? Ich kann mich, ganz ehrlich nicht daran erinnern, wann ich jemals einen Film (oder Musik) gesehen hätte, bei dem es keine Leute gab, die etwas daran nicht gut fanden (aka für die es „not my cup of tea“ war).

    Sollte die Aussage dann im Umkehrschluss bedeuten, dass es Petzold in seiner Filmografie nie gelungen wäre, „große Kunst“ zu schaffen, weil es ja (ohne Zweifel) doch eine ganze Menge Leute gibt, die seine Art des Erzählens einfach nicht anspricht (also die nicht das Zielpublikum jener Art des Erzählen sind)?

    Gut, dann nehme ich das in aller Form zurück. Du und alle anderen hier sind selbstverständlich Zielpublikum des Films. Natürlich. Der Film ist einfach doof, das Publikum ist klüger, aber ich bin halt auch doof, daher passt das wieder.*

    Das muss nochmal gesagt werden, ich lasse mich ja nicht in so ne „Realismus“-Ecke stellen

    Die Schlussfolgerung, dass du (der ja schon so viele Serien und Filme mit Begeisterung hier bejubelt hat, die wirklich weit weg vom „Realismus“ sind) dich – ausgerechnet von mir – ausgerechnet in eine „Realismus“-Ecke gestellt fühlst, finde ich ziemlich skurril – und macht mich ziemlich ratlos. Völlig unverständlich, dass du ausgerechent so eine abwegige Verallgemeinerung in meinen Kommentar reinliest.

    Ich weiß auch ehrlich gesagt überhaupt nicht, was dich an meinen Ausführungen so provoziert – ich würde dich „angehen“, weil du anderer Meinung bist(?) – schon wieder? – ich würde dich irgendwelchen „Fraktionen zudichten“, ich würde irgendwelche persönlichen Botschaften poltern, oder gar, ich würde suggerieren, du solltest dich nicht mit diesem Film oder anderen Sachen beschäftigen („Das wäre ja noch schöner, wenn man sich nur mit Sachen befassen und kritisch auseinandersetzen sollte, die einem super gefallen.“)… Ich habe allein meine Sichtweise beschrieben (du siehst vielleicht, dass in meinem Kommentar alles in „Ich“-Form geschrieben war? Außer der sehr freundlichen, Verständnis zeigenden Anmerkung, dass der Film offenkundig nicht everyone’s cup of tea ist), habe dabei niemandes Meinung hier abgesprochen oder abgewertet, weder vertrete ich die Meinung, das realistischen oder naturalistisches Erzählen per se gut oder schlecht wäre, noch habe ich irgendwo geschrieben, dass ich irgendeine der Ansichten zu Petzolds Film nicht nachvollziehen könne oder diese sogar falsch fände. Sogar das Gegenteil habe ich geschrieben: Dass ich ziemlich sicher bin, dass mehr Leute Petzolds Kino nicht überzeugt. Ich habe allein eine andere Perspektive als die hier bislang vorherrschende versucht zu beschreiben, im Gedanken, dass ein konstruktiver Austausch vielleicht irgendwer interessant finden möge. Ich sehe, dass das nicht gut ankommt und halte mich bis auf weiteres hier raus.

    Und schon gar nicht habe ich irgendwann irgendwo die Meinung vertreten, dass Mainstream irgendwas Schlechtes wäre. Das kann ich so nicht stehen lassen. Das ist Unfug, gerade auch wenn man weiß, was ich so alles anschaue und anhöre. Aber was ist das für ein eigenartiges Verständnis – weil alle Kritiker „Belfast“ gut finden, ist es „universell“, ist es „große Kunst“, da haben sie dann Recht… aber wenn Petzold alle Kritiker gut finden, haben sie nicht Recht? Warum spielt das Rechthaben so eine große Rolle für dich? Für mich nicht. Petzolds Kino ist nicht „universell“, also keine „große Kunst“? „Belfast“ funktioniert natürlich auf seine Weise, weiß – Stichwort „universell“, Stichwort „Mainstream“ – wie man die richtigen Knöpfe drückt. Aber dass der Film „große Kunst“ wäre… dazu scheint mir dann doch zu wenig „Kunst“ in Kenneth Branaghs Art des Filmemachens, auch wenn er ohne Zweifel besser als Petzold beherrscht, wie man alles „richtig“ macht. Für mich sind künstlerisch oftmals dann doch die Filme spannender, die weniger perfekt „wissen“ als jene, denen ich beim Schauen das kreative Suchen ansehe. Achtung: Das ist meine Präferenz, und daraus lässt sich keine Botschaft ableiten, dass andere das ebenso sehen müssten oder dass das andere deswegen schlecht wäre. Spielberg zum Beispiel fällt ohee Frage eher in die erste Kategorie, dennoch überzeugt mich „Fabelmans“ dann sehr. Wenn’s denn sein muss, kann auch ich natürlich für all diese Sichtweisen weitere Leute zitieren, die das so sehen. Da bin ich jetzt nicht der einzige Mensch, der diese Präferenzen hat,

  19. ijb:

    Und noch zum Stichwort „Botschaften senden“: Ich weiß nicht, wie oft ich das noch sagen muss: Aber wollte ich irgendwelche „Botschaften“ senden, dann würde ich genau das tun: genau diese Aussagen schreiben – und nicht alles mögliche andere schreiben und dann irgendwie drauf hoffen, dass irgendwer irgendwelche „Botschaften“ in meinen Aussagen findet. Ich hatte das zwar schon mehrfach gesagt, aber offenbar funktionieren wir hier sehr unterschiedlich: Ich schreibe das, was ich mitteilenswert finde und gerne teilen möchte (jetzt mal offensichtlichen Sarkasmus* ausgenommen), ich mache mir nicht die Mühe, zwar meine Sichtweise auszuformulieren, und hoffe dann drauf, dass andere da anfangen, rumzuinterpretieren, was da eine andere Botschaft wäre als das, was ich eigentlich formuliert hatte. Wenn andere das so praktizieren, sollen sie gerne machen. Ich befürchte, das liegt mir nicht.

  20. Michael Engelbrecht:

    Natürlich findet sich eine Mehrheit für den Petzoldfilm, in den Kritiken und in Zuschauerkommentaren.

    Das Universelle: da gibt es im Schaffensprozess des Films idealerweise keine Zielgruppe, sondern nur das Streben nach künstlerischer Wahrheit. Wer da auf Zielgruppen schielt als Regisseur, würde seine Vision schwächen. So war das gemeint.

    Das mit hochgejazzt = hype ist aber nun schon klar, denke ich.

  21. Michael Engelbrecht:

    Mit den Du Botschaften, das hast du leider nicht so richtig verstanden. Wenn du etwas über mich schreibst dann zitier einfach einen Text von mir statt solche diffusen Sachen in den Raum zu werfen wie

    … du machst doch sonst auch immer gerne
    … von dir ist man doch gewohnt…

    Einen Scheiss ist man… also: keine diffusen Unterstellungen, sondern KONKRETES. Ist hilfreich im öffentlichen Raum. Danke. Übrigens gibt es einen Unterschied zwischen Sich-Provoziert-Fühlen und Schwach-Angeredet-Werden😉

  22. Martina Weber:

    Mit alex an Bord würde offensichtlich der Standort Frankfurt gestärkt. Und die Poesie.

  23. alex:

    Danke für das Angebot, Michael, ich bin gerne mit von der Partie, kann aber nicht versprechen, allzuviel beitragen zu können. Ich schreibe gleich mal eine Mail an die Kontaktadresse. Den Standort Frankfurt würde ich höchstens halb stärken, Martina. Ich pendle zwischen dem Vordertaunus und Berlin hin und her. Poesie ist ein großes Wort, aber es stimmt, die Welt kann ruhig etwas mehr davon vertragen…

  24. Martina Weber:

    Welcome on board, alex! Ja, die Fotos auf deinem Blog wirkten nicht so wie Frankfurt. Halbe Verstärkung des Standorts ist doch auch was.

  25. Michael Engelbrecht:

    Es reicht, wenn du im Monat 20 Texte schreibst😂

  26. alex:

    20 Haikus im Monat, das schaffe ich! ;-)

  27. Jan Reetze:

    Hallo Alex, Grüße über den Teich!

  28. Olaf Westfeld:

    Hei Alex, her mit den Haikus ;)

  29. Lajla:

    Ich werde mir den Film erst im Sommer ansehen können. Aber eins kann nicht sein: Eric Rohmer kann man nicht nachmachen. Er ist Franzose, er hat also die Erotk in der Muttermilch geschmeckt. Zu bewundern in „Claire‘s Knie“.

    Bienvenido Alex.

  30. alex:

    Aus dem dritten Stock
    Der Blick auf den Innenhof
    Augapfelbalsam

  31. Jan Reetze:

    Lesenswertes Interview zu ROTER HIMMEL: Hier (ich hoffe, das ist zugänglich)


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