Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2023 30 Apr

Let’s talk about love

von: Ursula Mayr Filed under: Blog | TB | 8 Comments

 

Vorab: ich bin kein Brecht-Fan, menschlich gesehen finde ich den Typen nicht den Brüller, schätze aber durchaus seine Lyrik und viele seiner Machwerke. Eines der weniger bekannten – durch Michas Ratequiz habe ich mich daran erinnert – ist die Piratengeschichte Bargan lässt es sein – ein absolut schräger Titel, der im Endeffekt nichts aussagt. Oder alles … Platz für Phantasien; wie immer wenn nichts ausgesagt wird, entsteht ein füllbarer Raum.

Germanisten haben sich übrigens interessiert dieser Geschichte angenommen, im Netz geistern reichlich Seminararbeiten dazu durch das Virtuelle auf der Suche nach einem Leser. Eine Geschichte über die Liebe, wie sie oft sein kann – keine weisse Wolke unter einem Pflaumenbaum, nicht süss und romantisch, mit zarten Schmetterlingsflügeln gegen die Bauchwand pochend wie ein werdendes Kind oder am Kiel der Titanic entflammend, sondern wild, böse, unbezwingbar, und nicht selten tödlich – und sie lässt einem keine Wahl.

 
 

 
 

Bargan lässt nicht sein, was er besser sein lassen sollte, ein Mann „eine Anstrengung Gottes, geboren den Himmel zu erobern“ – er lässt sich von der Liebe zu einem asshole ruinieren. Das ist fesselnd zu lesen und zu hören – es existiert eine geniale Hörspielfassung, gelesen von Ulrich Wildgruber, begleitet von Sturmgebraus auf hoher See als Synonym für tosendes Gefühlsleben.

Und die Gedanken wandern zurück zu den Lebensfragen, die in der Jugend an uns nagten und immer noch nicht gelöst sind, weil nicht lösbar: warum verliebt man sich nicht in den netten Kerl, bei dem alles passt und mit dem man ein wundervolles Leben im Gleichklang der Interessen führen könnte? Warum macht es einfach nicht zoom, und alles ist gut? Warum bleibt es beim besten lebenslangen Kumpel? Stattdessen zoomt es dann zuverlässig beim grössten Vollpfosten der ganzen Uni, mit dem man nicht einmal ein speed-date bis zum Glockenton überstehen könnte, ohne ihm eine zu semmeln, wenn – ja wenn – einem nicht Amors Pfeil die Pelle penetriert hätte?

Sind wir ein Opfer von Triggern früherer Bindungen? Ein Spiel von jedem Druck der Luft? Streiche, die uns die Neuropsychologie spielt? Einem Hereinbrechen von etwas Transzendentem in unsere Rationalität? War man in einem früheren Leben in Leidenschaft verbunden? Sonstige Atavismen …? Und ist das Ganze gut so wie es eben ist oder wärs sonst langweilig – ohne ein Mysterium, das bleibt wenn alle anderen sich zusehends in den Zeitläuften und ihrem wissenschaftlichen Fortschritt auflösen? Weiss  jemand was!?

 

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8 Comments

  1. Michael Engelbrecht:

    Wunderbarer Text, aber das „Machwerk“ kenne ich gar nicht… inspiriert aber auch so.

    What A fool i was 😂😂😂

    Und was für ein passendes Foto…

  2. Ursula Mayr:

    Vielleicht kann ich mich jetzt mal aufraffen “ Wuthering Heights“ zu lesen…

  3. Michael Engelbrecht:

    Das gleichnamige Lied von Kate Bush tut‘s auch😉

  4. Jörg R.:

    Über das Geheimnis der Anziehung habe ich auch schon lange gerätselt ohne es ergründen zu können.

  5. Olaf Westfeld:

    Unbedingt „Wuthering Heights“ lesen, finde ich. So viele so gute Romane gibt es ja auch wieder nicht.

  6. Michael Engelbrecht:

    Hahaha, doch, es gubt so viele gute Romane. Vieles über die Mysterien der Anziehung fand ich in Cortazars Rayuela – Himmel und Hölle – die Mischung aus rauschhaft gelebtem Eros und kluger Reflexion ist da meisterhaft.

    Ich habe übriges das Rätsel gelöst, und habe keine Hemmungen es hier preiszugeben…😂

    Entweder frau / man entscheidet sich für das wilde Leben, oder das ruhige, oder frau / man entscheidet sich dafür, das Wilde im Ruhigen, das Ruhige im Wilden zu finden (letzteres wären die glücklichen Parznerschaften / Ehen) – die erste Alternative, das wilde Leben, ist allerdings auch, richtig gestaltet, eine reife Leistung.

    Okay, neurotische Partnerwahl wird damit nicht ausgehebelt, aber grundsätzlich treffen wir humans schon ein paar Entscheidungen on the way, und wer es sicher will, kriegt es langweilig, und wer es wild will, muss gut aufpassen, und wer die goldene Miite sucht, kennt seinen Kundera und das Konzept der erotischen Freundschaften als Alternative zur eher selten glücklichen Ehe.

  7. Ursula Mayr:

    …und gottseidank ist das alles überhaupt nicht kompliziert…

  8. Michael Engelbrecht:

    Hahaha.


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