Schon oben vom Berg aus sah ich die edle Linie des Luxusseglers. Drei Masten ragten karg mit den engumwickelten Rahen in den Himmel. Wie viele Segel konnten wohl gesetzt werden? Würde sie in voller Pracht bei mir eine Windjammer Romantik auslösen? Aus der Ferne konnte ich erkennen, dass sie unter der Flagge von Malta fuhr. Am Hafen angekommen, wandte ich mich an die polizeilichen Bewacher, um herauszufinden, wie das kleine Kreuzfahrtschiff heißt. Hier lag also die luxuriöse Sea Cloud II. Ein Passagier schlenderte aus der Sperrzone heraus. Weil er mich so freundlich anschaute, sagte ich: Willkommen auf El Hierro. Er erzählte mir auskunftsfreudig, dass er eine einwöchige Reise auf dem faszinierenden Segelschiff für 5000 EU gebucht hätte. Sie würden nur zwischen den kanarischen Inseln segeln, ohne Motorkraft. An Bord seien 136 internationale Passagiere plus 85 aus dem Personalbereich. Das Essen sei ausgezeichnet, die Weine vom Feinsten und die Kabinen von ansprechendem Design. Die Marmorbäder seien „a bit campy“, ebenso die Sitzecke. Ich wunderte mich über seinen Gebrauch des Wortes „campy“. Scherzhaft fragte ich ihn, ob auch eine Bibliothek an Bord sei und ob er dort die „Partisan Review“ vorgefunden hätte. Er sah mich ein paar Sekunden zu lang an und sagte dann: “Nein, das nicht, aber gestern Abend hätte er über der Soundtrack Liste seines Lebens gesessen, die Idee hätte er aus einer Literatur über Susan Sontag. Welcher Song denn ganz oben auf der Liste stünde, fragte ich mit echter Neugier. „Spam“ lachte er. Spam spam spam von Monty Python. „Wow, wie kommen Sie denn da drauf?“ „Auf dem Schiff fragte mich jemand, ob ich wüsste, was Spam bedeute. Ich fing an zu singen:“ Lovely Spam … Der Song hat mich schon immer begeistert. „Und was steht noch auf Ihrer Liste?“ „Monteverdi.“ Hoppla, dachte ich, das ist jetzt aber nicht camp. Dieser nette Schweizer Dandy, mit seiner Lagerfeldfrisur und seinen glänzenden Marc Darcy Carson Lederschuhen ist sicher highbrow with an interest in mass taste. Susan Sontag hätte sich über dieses Exemplar gefreut.
Inspiriert von dem Gespräch machte ich mich an meine unvollendete Liste vom Soundtrack meines bisherigen Lebens:
Anton Bruckner. Das Adagio der 9.
Maria Callas Ave Maria
Pavarotti Nessum Dorma
Lucio Dalla Piazza Grande
Joni Mitchell Both sides now
Patti Smith Because the Night
Nina Simone Feeling Good
The Kinks Don t forget to Dance
The Beatles Days
The Rolling Stones White Horses
Neil Young Ohio
Bob Dylan The Death of Emmett Till
James Taylor and Carly Simon Close your eyes
The Doors The End