Wenn Jazzmusiker sich an Popklassiker ranmachen, habe ich meist ein ungutes Gefühl, und oft genug wird meine dunkle Ahnung bestätigt. Es wird edel, betont edel, es wird gepopswingt. Herbie Hancock hat einmal albumweise grosse Popsongs swingifiziert („New Standards“) – ermüdend, kaum besser als diese pompösen „classic nights“, in denen manch geschätztem Inhalt einer Jukebox mit klassisch geschulte Geschwelge zu Leibe gerückt wird. Peter Gabriel inszenierte vor Jahren auch mal grosse Lieder mit Klassik-Korsett – so löscht man das Feuer und bayreutifiziert das Ungebändigte. Man verlässt sich auf Gänsehautmelodien und brezelt sie auf mit dem „Apparatus Classicus“ – keinerlei Brechungen, nur Geschmacksverstärker aus Pavlovs Hundehütte!
Jetzt also Brad Mehldau, und ein Album voller Beatles-Interpretationen. Gut, ich kenne erste zwei Songs davon, das Lied mit dem Walross, und den herrlich altmodischen Schlenker von Paul McCartney, „Your Mother Should Know“, aus der „Magical Mystery Tour“, tatsächlich der Beatles-Film, den ich, warum auch immer, von ihren „Lustspielfilmen“ am meisten mochte, vielleicht wegen dem Busfahrer Ivor Cutler (ein ganz spannender „storyteller“, und ich hatte fast Tränen der Rührung in den Augen, als ich an der South Bank eine zufällige Begegnung von Robert Wyatt, Alfie, und Ivor erlebte, bei der ich mich diskret zurückhielt. Ivor hatte unvergessliche Spuren auf Robert Wyatts „Rock Bottom“ hinterlassen – and he was such a lovely person (manchmal weiss man sowas auch aus medialer Distanz!). Ich schweife ab.
Jedenfalls ist es eine Freude, Brads zwei „Klavierstunden“ zu lauschen. Der Moment, der mich besonders schmunzeln liess: wenn Brad über „strangeness“ in etlichen späteren Songs der Beatles spricht, und wie unbehaglich er sich anfangs mit „I am the Walrus“ fühlte. Wie gut wird das Album wohl werden, das in der ersten Februarhälfte bei Nonesuch rauskommt – warten wir mal ab. Könnte mal zur Abwechslung ein richtig gutes Jazzopus voller Oldies werden – more sophisticated, please, than just „only tasteful“! Oder vielleicht am Ende doch nur eine ganz nette Geschichte?