Es gibt eine grosse Tradition des Kitsches, was die Cover-“Kunst“ in der Klassischen Musik angeht, und dieses hier ist ein Musterbeispiel. Bei YouTube findet man unzählige Filmchen, in denen Klassisch-Angehauchtes (und Klassik pur) in edel inszenierter Natur zu Markte getragen wird: ein Steinway auf einer Eisscholle, eine Blockflöte vor der Kulisse der Highlands. Ein Waldhorn vor heissen isländischen Quellen. Exotisch garnierte Gesten der Ergriffenheit. Das tut weh, wie hier. Geht es noch spiessiger?! Die Lady mit der Harfe im ewiggrünen Wald, wahrscheinlich lauscht sie, bevor sie zupft, dem Gespräch der Bäume. Das rote Kleid verkündet (ach wie „cozy“!) Sinnlichkeit im Evergreen-Ambiente. Und wo guckt sie denn hin?
Nun spielt Frau Koell Lieder und Stücke von Komponisten, die mit der damals erstmals grassierenden Welle der „Melancholia“ bestens vertraut waren. Selbst Sting griff schon zur Baritongitarre, um den Dowland zu geben. Ganz abgesehen davon intoniert Margret ganz und gar kitschfrei und wenn man ihr lauscht, kann man auch diesen Rosamunde Pilcher-Wald getrost vergessen. Guter Sound, auch das! Man möchte auch nicht gleich Alan Stivells keltisches Harfenspiel auflegen. Zuviel Harfe geht sowieso nicht, selbst bei den Marx Brothers übertrieb man es nie. Feine Musik für einen entspannten Abend am Kaminfeuer, mit einem Viertel Liter Rotwein.
Also, mich haut das jetzt nicht vom Sessel. Wenn man aber die Musik so leise stellt, dass sie sich an der Hörschwelle bewegt, so dass man draussen den Regen hören könnte, und dann noch einen Lautsprecher ausstöpselt, erfährt man mal am eigenen Leibe, wie Brian Eno einst, mit Harfentönen im Krankenhaus (keine Melancholie, ein kollabierter Lungenflügel!), die Ambient Music entdeckte. Ich gebe den gesammelten Weltverlorenheiten von „Silent Dance“ 🎩🎩🎩 – und empfehle, danach mal „Discreet Music“ (🎩🎩🎩🎩🎩) von Eno zu lauschen. Willkommen zu den Monatsempfehlungen des Februars, u.a. mit Helmut Muellers Erinnerungen an das erste Hören von „Discreet Music“ – ein experimentelles Label aus Göteborg nennt sich mittlerweile genau so – „Discreet Music“.