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Archives: Dezember 2022

Dieses Prinzip funktioniert so: Der Anfang einer Geschichte muss stimmen und für die Zuschauer/-hörer nachvollziehbar, im günstigen Fall überprüfbar sein und mit ihrem Wissen übereinstimmen. Personen und Schauplätze müssen wiedererkennbar sein, idealerweise wirklich, zumindest aber als Idee. Nun kommt aber die Phantasie hinzu. Sie liefert den Grund, aus dem die Geschichte überhaupt erzählt wird, und dazu reichen Tatsachen allein nicht aus. Die Geschichte geht weiter, steigert sich, ist eigentlich bereits eine Lüge, aber bleibt immer der Wahrheit so ähnlich, dass man weiter dranbleibt, ohne das Gefühl zu haben, dass man hochgenommen wird.

Der Regisseur und Autor Edgar Reitz hat dieses Prinzip von seinem Großvater gelernt, der ein begnadeter Geschichtenerzähler gewesen sein muss. Das Großvaterprinzip zieht sich nicht nur durch Reitz‘ Filme, sondern wie ein roter Faden auch durch Filmzeit, Lebenszeit, Edgar Reitz‘ Erinnerungen, die er sich und uns als Klotz von 670 Seiten zu seinem 90. Geburtstag spendiert hat.

 

 

 

 

Ich will mal nicht unterstellen, dass Reitz das Großvaterprinzip auch auf seine Erinnerungen angewandt hat, obwohl man ja weiß, dass nirgendwo so viel gelogen wird wie in Autobiografien, oder in Tagbüchern, die bereits mit Sicht auf eine spätere Veröffentlichung verfasst worden sind. Reitz war Dokumentar- und Werbefilmer und gehörte zu den Protagonisten des Slogans „Papas Kino ist tot“, der die Oberhausener Kurzfilmtage 1962 in dauerhafte Erinnerung brachte. Er gehörte zu den Begründern des „Autorenfilms“, dessen Idee war, dass die Arbeitsvorgänge des Drehbuchschreibens, der Regie und der Produzententätigkeit in eine Hand gehören sollten. Dass das nicht immer funktioniert, wurde schnell offensichtlich, weil dazu jeweils unterschiedliche Talente gehören, die keineswegs notwendigerweise immer zusammen auftreten. Aber die Bewegung enstand, und Reitz war ein Teil davon. Interessant ist die Reaktion der damals etablierten Autoren — Walser, Grass, Bachmann & Co. — auf deren Auftreten: Arroganz und Wut wäre noch freundlich ausgedrückt. Sie sahen Film nicht als Kunstform, sondern noch als Jahrmarktsvergnügen an. Mit solcherart Bräsigkeit hatten Reitz, Kluge, Fassbinder etc. immer wieder zu tun.

Hauptsächlich wurde Reitz aber durch seine monumentale Heimat-Trilogie bekannt. Die Arbeit daran nimmt denn auch den größeren Teil des Buches ein. Jeder, der die drei Filmreihen gesehen hat (ich mag sie nicht als „Serien“ bezeichnen, obwohl sie das faktisch sind), hat natürlich zumindest geahnt, dass Reitz da viel Autobiografisches eingebaut hat. Die Autobiografie legt nun offen, wie viel das tatsächlich ist — man nimmt es einerseits mit Erstaunen, aber ebenso auch mit leisem Erschrecken wahr. Aber genau das ist in der Tat das Großvaterprinzip. Es ist das, was diese Filme bei aller gelegentlichen Verdrehtheit packend und glaubwürdig macht. Bei Reitz kommen die genannten Talente tatsächlich zusammen: Er ist nicht nur ein hervorragender Regisseur, nicht nur ein guter Produzent, der für seine Projekte die richtigen Leute findet, sondern er ist auch ein großartiger Geschichtenerzähler, der seine Storys zu Papier zu bringen weiß. Langeweile tritt in dem Buch nur dann auf, wenn sich Reitz allzu offensichtlich selbst auf die Schulter klopft — ein bekanntes Autobiografienphänomen, aber hier ist es auszuhalten.

Die Arbeit an der Trilogie ist eine Abenteuergeschichte. Insbesondere schüttelt man den Kopf über das Verhalten gewisser Fernsehverantwortlicher, denen es gelungen ist, die Heimat-Filme durch ungeschickte Platzierung im Programm (Die Zweite Heimat) und Kürzungsforderungen, die einem die Haare zu Berge treiben (Fernsehfassung von Heimat 3) in den Sand zu setzen — und dann noch Reitz öffentlich die Schuld am angeblichen „Misserfolg“ in die Schuhe zu schieben, während die Filme von der Presse wie vom Publikum weltweit enthusiastisch bejubelt wurden. Nun ja, schon Tucholsky sah diese Redakteursspezies als Leute, die auf ihren Stühlchen sitzen und in erster Linie Angst haben — Leute, die nicht ansatzweise könnten, was Autoren, Regisseure und Schauspieler leisten, aber über die Macht verfügen, den Daumen zu heben oder zu senken und deshalb glauben, sie seien von auch künstlerisch von Bedeutung. Es ehrt Reitz, dass er sich verkneift, die Betreffenden mit ihrem Namen zu nennen. (Ich will es hier auch nicht tun, aber jeder, der die deutsche Fernsehlandschaft der 1980er und 1990er Jahre kennt, weiß, wer gemeint ist.) Umso mehr staunt man über die unendliche Geduld, mit der Reitz an seinem Werk gearbeitet hat. Und weshalb er den Nachzügler Die andere Heimat vorrangig als Kinoprojekt ohne Fernsehhilfe gemacht hat.

Filmzeit, Lebenszeit ist exzellent geschrieben, und auch, wenn man einige Dinge vielleicht so genau dann doch nicht wissen wollte, jede Leseminute wert. Danke, Großvater.

Zuweilen wirkt das Wort „Noir“, wenn man von alten Filmen spricht, wie ein Artefakt. Aber „Noir“ ist nicht historisch, und bleibt in keiner Zeit hängen wie ein Relikt. Man kann „Noir“ nicht goutieren, nicht mit Nostalgie überziehen, und es so besänftigen. Man kann das natürlich tun, aber es ist absurd. Lege Bruce Springsteens „Nebraska“ auf, und  halte es aus. Von Anfang bis Ende. Schwerer, schwarzer Stoff. Fuck the Erinnerungsseligkeit. Jeder Song ist nachtschwarz. Zum Beispiel „Atlantic City“.  (m.e.)

 

In den frühen 1980er Jahren sah Springsteen überall die gleiche Leere. In der Verehrung der Habgier und den schwindenden wirtschaftlichen Aussichten für die Arbeiterklasse. In der gezielten Ausfransung von Amerikas sozialem Sicherheitsnetz durch die Reagan-Regierung. In der Art und Weise, wie die Gesellschaft zu zerbröckeln schien und so viele Menschen isoliert und wütend zurückließ. Springsteen las bis spät in die Nacht hinein und fühlte sich zu den Kriminalromanen von James M. Cain und den Südstaatengeschichten von Flannery O’Connor hingezogen. „Gothic“ und „Noir“, Hand in Hand. Er identifizierte sich mit den Helden der klassischen Noir-Geschichten, mit Figuren, die von Kräften bedrängt wurden, die sie weder sehen noch verstehen konnten. Im Kino begeisterte er sich für Charles Laughtons Film Die Nacht des Jägers aus dem Jahr 1955 und vor allem für „Badlands“, die fiktionalisierte Nacherzählung von Charles Starkweathers Mordserie in den Jahren 1957 und 1958 in Nebraska und Wyoming. Bei letzterem griff Springsteen zur Gitarre, wo sich der Film von Terrence Malick und die realen Verbrechen von Starkweather mit den Erinnerungen des Musikers an seine Großeltern vermischten. Zunächst betitelte er den Song „Starkweather (Nebraska)“. „Ich habe versucht, die Stimmung einzufangen, die in diesem Haus herrschte, als ich ein Kind war“, sagte er mir. „Öde und heimgesucht. Dieser unglaubliche innere Aufruhr.“

(Peter Ames Carlin)

Yes, the Band. From Brisbane, Australia. Once upon a time. You remember? „Cattle and Cane“. Grant dying so young, Robert finishing Grant’s last three songs for „The Evangelist“. Heartbreaking. They had never been interested in noise or feedback drones. They were looking for pure songs and melodies. With a twist. With undercurrents. Melancolia, sunbathed. Or rain. They wrote the best song about rain since Creedence Clearwater Revival. „Spring Rain“. Passion and understatement. Great lyrics all over the place. And, oh, that striped sunlight sound!

 

1 – Es sind intuitive, oft auch gut begründbare Entscheidungen, die einem keine Wahl lassen, wenn man die Wahl hat. In der SZ entbrannte vor vielen Jahren eine streitlustige Diskussion, vielleicht sogar in der Form eines Briefwechsels – es ging, u.a. um das prinzipielle Qualitätsgefälle von Klassischer Musik und Popmusik. Meine schlichte Antwort dazu: es gibt keins. Eine Qualität des „Un-Fass-Baren“ kann sich hier wie dort ereignen, sie ist nicht genreabhängig. Das sehen natürlich manche Zeitgenossen anders, besonders solche, die zuviel Weihrauch geschnüffelt haben,  und ihre Bretter vor dem Kopf für heilige Tafeln halten.

Der launige Diskurs fand zwischen Karl Bruckmaier und Helmut Krausser statt, der in jener Zeit einen historischen Roman über das Leben, Wirken und Leiden des Komponisten Gesualdo verfasst hatte, aus dem HBO leicht eine dreistaffelige Serie schöpfen könnte. So eine Art Phil Spector seiner Zeit, ein Wahnsinniger, ein Killer. Eine damalige Bekannte schenkte mir diesen Roman, den ich nach fünfzig Seiten in die Tonne warf, weil ich ihn unendlich hölzern und bieder geschrieben fand. In dem angesprochenen „Briefwechsel“ gab Krausser sich als gönnerhafter Teilzeitliebhaber des Pop zu erkennen, vermerkte aber, in Bezug auf Bruckmaiers Wertschätzung der Go-Betweens, dass ja Gesualdo wohl ein anderes, grossartigeres, erhebenderes Kaliber sei. Uuuaaahhhh – eine Leuchtturm-Existenz!

Beim Entschlüsseln der Struktur von „Magie“ zählen nun, wenn man nicht gerade der Riege der Weihrauchschnüffler angehört, die Parameter des Bahnbrechenden und Innovativen allein ganz und gar nicht (den Satz erst mal setzen lassen)! Lieder wie „Spring Rain“ oder „Cattle and Cane“ (von den Go-Betweens), ach, ganze Platten dieser Band aus Brisbane, können, auf einer feinstofflichen – und keinesfalls esoterischen – Ebene der ihnen innewohnenden Eigenheiten soviel „Mikromagie“ (all das, was durch die Raster akademischer Analyse fällt) verströmen wie irgendein alter ehrwürdiger Liederstoff aus fernen Jahrhunderten. 

 

 

2 – Ich fliege derzeit durch Robert Forsters Buch „Grant & Ich – The Go-Betweens und die Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft“ (Heyne Encore). Und was stellt sich bei dieser bewegenden Lektüre heraus: Robert Forster ist diesem gesualdoanischen Anhänger einer Wertehierarchie aus der Mottenkiste, allein schon  an schriftstellerischem „élan vital“, um einiges  überlegen, und da muss man nicht einmal die Ebene der „Mikromagie“ bemühen. Genie, oder kein Genie, das ist nicht die Frage. Das, was Seelennahrung ausmacht, entscheidet zum Glück jeder für sich, es sei denn, lieber Leser, Sie lassen sich etwas vom Pferd erzählen.

 

3 – Ich will und kann dieses Buch gar nicht distanziert beurteilen, ich war zufällig zur ungefähr gleichen Zeit in London, Paris und Regensburg, als die Go-Betweens bzw. einzelne „Botengänger“ dort weilten. Synchronizitäten. In London hätten sie mir im Dezembe 1982 über den Weg laufen können, im Rough Trade Shop war ich oft, eine Single von Aztec Camera hing an der Wand. Ich habe oft die gleichen Platten wie die Drei gehört (beim Lesen permanentes Verblüfftsein), war von „Send Me A Lullaby“ an dabei, habe keine Band öfter in meinem Leben live erlebt, und einmal in Köln (ich könnte das genaue Datum auf der Erinnerungsseite der Band nachschlagen) habe ich mit der vor Vitalität sprühenden Drummerin im Luxor getanzt, ohne mich zu trauen, sie zu einem Drink einzuladen. Eine Viertelstunde lang war ich zu verliebt, um einen klaren Gedanken oder einen Plan zu entwickeln.

 


4
Some might find moody shots of Forster walking across an empty field or staring at a bonfire cliched or even trite. But they are people who hold more value in technique than soul. And the Go-Betweens have always been about soul, not technique. As Lindy Morrison says, “We didn’t look the part, we didn’t sound the part, we were too intelligent.”

Stenders has made an emotional, rolling thunder of a film, one this extraordinary band deserves. Those for whom the Go-Betweens are part of the architecture of their lives will love it. For casual watchers, it might introduce them to something special.

(Padrâig Collins, The Guardian)

 

Ich habe nie Devotionalien gesammelt, ein paar Eintrittskarten, ein Tshirt von den Go-Betweens, lang verschlissen,  aber ich wäre für jede Narretei zu haben, wenn es um das White Album ginge. Ein englischer Schriftsteller, William Shaw, veröffentlichte einige historische Kriminalromane, in denen das London der „Beatlemania“ Schauplatz ist, quite good novels, by the way, und was gäbe ich dafür, eine klassische Zeitmaschine besteigen zu können, und mit meinem dreizehnjährigen Ich (besser sweet sixteen) zwei, drei Wochen ein Zimmer in Soho zu beziehen (okay, sweet eighteen). Aber natürlich mit meinem Bewusstsein von heute, haha. So bleibt mir nichts anderes übrig, als weiterhin in die „Big Box“ des White Album abzutauchen, mit all den neuen Abmischungen, „Esher Demos“, „Surroundings“, unveröffentlichten Sessions. Dieses Werk ist für mich eines, bei dem ich sagen würde: the mothership has landed“ – ich kehre stets eine Spur verwandelt zurück. Jungbrunnen, Sterben lernen, neue Anfänge, alles ist darin. Die Firma Pro-Ject hat einmal, in limitierter Auflage, einen „White Album Record Player“ auf den Markt gebracht, was natürlich schöner Blödsinn ist, und all meine Sympathien hat. Jeder Plattenspieler ist eine Zeitmaschine, und wenn ich je im Schneidersitz von meiner Petrolcouch abheben sollte, liegt es nicht an einer Erleuchtung, oder einem Mantra. Gestern lag es an der Schallplatte „The Following Morning“ von Eberhard Weber. Morgen könnte es „Spring Hill Fair“ sein.

 

 

 

Ich will ehrlich sein, Leute, mir ist gerade mehr als nur ein bisschen schwindlig… Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich mehr über die Tatsache freue, dass zwei meiner Lieblingsalben von Frank Zappa nicht nur die Remastering-Behandlung des 21. Jahrhunderts erhalten haben (einschließlich aller analogen Vinyls, gemastert von Bernie Grundman!) … Oder dass der Zappa-Nachlass seine Archive weiter öffnet, um einen tiefen Einblick in Studio-Outtakes und alternative Aufnahmen zu geben, die die meisten von uns noch nicht gehört haben … Oder dass die Produzenten sich die Zeit genommen haben, beide Alben in Surround-Sound zu mischen … Oder bin ich einfach nur aufgeregter, dass sie sich die Zeit genommen haben, sie in wirklich großartig klingendem Surround-Sound abzumischen?

(Mark Smotroff)

 

Das lernte ich als Teenager mit 16, 17, dass man, wenn man etwas zuviel getrunken hat (der einzige Filmriss meines Lebens im „Humpen“ ist immer wieder eine nette Story bei Klassentreffen), ganz viel Milch trinken soll vorm Schlafengehen. Und so kam es: ich hatte nie Probleme mit Alkohol, aber manchmal mit einem Kater, und so schüttete ich in jenem Sommer 72 oder so ein volles Glas eiskalte Milche in mich hinein. Dann schaltete ich den Kassettenrecorder ein und liess das C-9o-Teil laufen von einem brandneuen Frank Zappa Konzert auf der Isle Of Wight, und er spielte The Grand Wazoo live mit George Duke an seiner Seite. Und obwohl es grössere Zappa-Fans gibt als mich, konnte ich mich für das Konzert und einige seiner Platten im Laufe der Jahre (und zuletzt auch wieder) ziemlich begeistern, und The Grand Wazoo zählte zu meinen Favoriten. Und ich sehe das Bild vor mir: die leergetrunkene Milch, der Recorder auf dem Kühlschrank, und wie ich die Kassette einlege. Young ears hear everything. Zappas Gitarrenspiel. Seine Breaks. Sein Sarkasmus. Sein Witz. Seine Wucht.

(m.e.)

2022 10 Dez

Robert and Karin (1)

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From Robert Forster, 16th October 2022

 

Greetings from Brisbane

 

Dear friends, pull up chairs, this is a difficult and lengthy post. It is tough news that I wish to share with you and not for you to pick up second hand on the internet over the next months.

In early July last year, Karin Bäumler, my wife and musical companion for thirty-two years, was diagnosed with a confronting case of ovarian cancer. It was a time of shock and grief, and that same month, she embarked on a regime of chemotherapy treatment.

Ever since we met, Karin and I have sung and played music together in our home, and in these dark days we turned to music once again. I had a batch of new songs I’d written over the last years, and we started playing them together. Our son Louis often dropped in for a meal and a chat and soon he began joining us on guitar. One night, when sitting cross-legged on the couch, after we had played a song, Karin looked up from her xylophone and said, ‘When we play music, is the only time I forget I have cancer.’ That was a big moment.

In the meantime some of our very kind Brisbane friends had formed a cooking roster, leaving meals at our front door to support us through this time. One of them was Adele Pickvance, former Go-Betweens and Warm Nights bass player. On one of her meal delivery trips, I asked her to bring her bass and an amp along. She pulled up a chair in our lounge room and fell right in on the new songs.

In October, Karin was scheduled for surgery. We booked a studio, and on September 27th, the four of us sitting in a circle, recorded 10 songs live in 7 hours. Whatever would happen in the future, we would always have the tape.

Over the next months, when Karin was strong enough and Covid numbers were low, we booked odd days in the studio. Sometimes our daughter, Loretta, would come along and join us and we brought in friends to help us, too. Karin was driving the album and listening to what we’d done on each session, gave us weeks of enjoyment and a place we could retreat to, away from hospital visits and scans and blood tests. In early March, with her chemotherapy course just finished, we did our last day in the studio.

The songs we recorded formed an album that will come out early next year, and this Wednesday, the 19th, we will release a single. But we wanted you to know the story of the creation of the record first. Why it exists. Why these musicians are playing on it. Why there isn’t layers of production, instead a live, catch a moment feel to the sound. Two of the songs on the album are from that September 27 recording. We didn’t know we’d started an album but we had, in the shadow of Karin’s hospital visits.

With a challenging year behind her, Karin is feeling strong and positive now and she can’t wait for our music to go out of our house and into the world. It may seem strange making an album in these circumstances and looking back, we really don’t know how we did it, but we do know that it helped us just so much as a family. It was done in drops and gave us this other reality we could live in. Something that music is great in giving.

In the slow process of the album’s recording, we didn’t inform a wide range of family and friends of what we were doing, and we ask for their understanding in the delivery of this news.

The album is called “The Candle And The Flame”. We hope you will enjoy it!

Fondest Regards from Karin and myself,

 

Robert

2022 10 Dez

Übergänge

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Übergang – (c) FoBo_

 

Robert once found his love in Regensburg, so did I (at least I thought so) in a similar time, but mine was a disaster with a lot of heaven for starters, hell came later. Now we were all back, in good shape, on a cold late autumn evening, in Cologne, in that beautifully fucked-up place called „Gebäude 9“. I was surprised to see Robert and his wife Karin Bäumler alone on stage, not the ususal setting, (acoustic) guitar and violin only, the main voice, the backing voice, but it was, to put it simple, elevating. They had some songs to play. Not only from Robert Forster’s latest album, they also brought some „ancient“ Go-Betweens-stuff to new life: „Draining The Pool For You“, „Head Full of Steam“ from two of their classics. Later on Robert sang „The House That Jack Kerouac Built“, and I never liked it that much as I did yesterday.  Robert is a good entertainer, too, he knows about „furchtbaren Kaffee“ on long German train rides,  and now we all know why he has always loved putting  the word „rain“ in some of his song titles – thanks to the genius of John Fogerty. Karin added subtle beauties. When she sings „ba-ba-ba“, it sounds like part of an unforgettable breakfast conversation. The art of „en passant“, and one time, I swear, I heared her play a little counter melody from a song from Dylan’s „Desire“. If this was a bit hallucinatory, then you might get a feeling, how things were running wild. No eccentricity involved, just that great vibe from start to end. Passion and understatement. The venue was crammed full of people, I was dancing with the feet on the ground, and the head full of (good, very good) steam. Close to the end we were all humming along reading surfing magazines.

2022 9 Dez

Orpheus meets Ödipus

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Zunächst einmal: Cocteau muss man mögen – man liebt ihn, hasst ihn, oder nimmt ihn nicht sonderlich ernst. Surrealismus ist auch nicht jedermanns Sache;  diese Kunstrichtung und die Psychoanalyse haben sich aber wechselseitig immer sehr fruchtbar auseinandergesetzt und sind in einem guten Diskurs geblieben. Obwohl es bei den Grosskopferten der analytischen Filmtheorie als banal und degoutant gilt, im Werk eines Künstlers nach Spuren seiner Biographie zu suchen – was die Literaturwissenschaft schon etwa ein Jahrhundertlang in sehr spannender Form praktiziert – fasziniert es immer wieder, wie sehr persönliche Prägungen in künstlerische Formen gegossen werden, wieviel es in uns arbeitet, ohne dass wir es bemerken.

„Orphée“ ist der mittlere Film einer Trilogie, angesiedelt zwischen „Das Blut eines Dichters“ (1932) und „Das Testament des Orpheus“ (1960). C. bedient sich in „Orphée“ (F, 1950) des Orpheusmythos in einer modernistischen Fassung, um eine Weise von Liebe und Tod eines Dichters zu erzählen.

Der Tod ist hier – Überraschung – eine Frau, das hatte zuletzt jemand 2005 in Salzburg bei „Jedermann“ gewagt, als er die Rolle des Todes gegen den Strich mit der Tatortkommissarin Ulrike Folkerts besetzte. Und die machte das nicht mal schlecht.

Der Film vertwistet also den antiken Stoff auf avantgardistische Weise: Es beginnt in Paris, wo alle grossen Lieben beginnen in – im Cafe Flore, dem Treffpunkt der Existenzialisten. Der junge Dichter Cégeste wird von zwei Motorradfahrern und einer schönen Frau, genannt „die Prinzessin“ entführt, Orphée (natürlich Jean Marais in der Blüte seiner Jahre) folgt ihnen; als sie ankommen ist Cégeste bereits tot, die Prinzessin bringt ihn in das Land hinter den Spiegeln, hier die Topoi, durch die der Tod in die Welt tritt.

Orphée begreift, dass sie der Tod ist, er darf noch einmal zurückkehren. Doch der Tod beginnt, sich in ihn zu verlieben, tritt jede Nacht aus dem Spiegel hervor und betrachtet ihn im Schlafe. Cocteau greift hier zum Stilmittel der auf die geschlossenen Augenlider der Schauspieler aufgemalten Augen, deren er sich auch in „Das Blut eines Dichters“ bediente. Der Träger ist sehend und nicht sehend zugleich, er blickt nach innen, während er vorgibt nach aussen zu blicken. Eine vielsagende Metapher.

 

 

Der Blick ist auch ein tragendes Element des Orpheusmythos:  der antike Orpheus verliert Eurydike, als er sich umdreht und sie anblickt. Hades und Persephone sind erzürnt und rauben ihm die Gattin erneut. Der Blick ist eine Form von Inbesitznahme: wen ich anblicke, trage ich künftig in meinem Inneren, ob er es will oder nicht.

Der Blick ist etwas sehr Machtvolles und Ritualisiertes. In vielen Kulturen darf der Bräutigam die Braut nicht vor der Hochzeit sehen, in der Bibel wird die Inbesitznahme der Frau als „er erkannte seine Frau“ beschrieben. Zwischen Hades und Orpheus geht es offenbar um einen Machtkampf, Persephone mag auch ihre Gründe gehabt haben. Hades will den Zeitpunkt bestimmen, an dem Orpheus seine Frau wieder „besitzen“ kann, ähnlich wie der Brautvater am Altar die Braut dem Ehemann zuführt und erst dann ihre Hand loslässt. Vielleicht, damit sie nicht zwischen zwei Knechtschaften entwischen kann … honi soit …!

Ein Relikt antiker Männerbündelei in scharfkantigen Macho-Hierarchien, das in diesem Falle entgleist: Orpheus ist voreilig, Hades nimmt Eurydike wieder mit. Bei Cocteau gibt es einen Kampf der Frauen: Die verliebte und eifersüchtige Prinzessin nimmt Eurydike mit in das Todesreich, Orphée folgt ihr unter der Führung des Assistenten Heurtebise, betritt das surreale Land hinter den Spiegeln.

 

 

Ein verrätseltes Reich voller mystischer und poetischer Zeichen und Botschaften, in dem die Wanderer gegen einen starken Gegenwind ankämpfen müssen, das Jenseits scheint nicht anzuziehen, sondern diejenigen abzustossen, die es betreten wollen. Der Spiegel wirft den Blick zurück, in ihm sehen wir nur was wir kennen. Das uns Verborgene finden wir hinter den Spiegeln, wenn wir weiter sehen wollen als unser Blick reicht. Hier endet das Sehen und beginnt Erkenntnis und Transzendenz. Wenn man Glück hat – Offenbarung.

Mit geschlossenen Augen sieht man mehr und anderes, auch das Unsichtbare. Eine weise Metapher. Orphée bekommt seine Frau dauerhaft zurück, unter der Bedingung, dass er sie nie mehr ansehen darf, somit verbringt Eurydike die meiste Zeit unter dem Küchentisch; die Stimmung wird zusehends reizbar, er scheint sich emotional von ihr abzuwenden, gibt ihr auch keine Gelegenheit, ihm zu sagen, dass sie ein Kind erwartet. Zuviel weibliche Überflutung erzeugt eher Angst als Lust  – Cocteau selbst war ausschliesslich Männern zugewandt.

Heurtebise kümmert sich um Eurydike und verliebt sich seinerseits in das biedere, aber herzensgute Wesen. Bei einem versehentlichen Blick in den Rückspiegel erblickt Orphée jedoch Eurydike, und sie verschwindet in das Totenreich. Er selbst wird von den Freunden Cégestes erschossen, die ihn verdächtigen, diesen getötet zu haben.

Der Tod ist jedoch nicht autonom, er/sie untersteht höheren strafenden Instanzen, ähnlich regelhaft wie in Sartres „Les jeux sont faits“; auf die eigenmächtige Entführung von Eurydike ins Totenreich steht Strafe von einer nicht vorstellbaren Schrecklichkeit. Orphée und der Tod treffen wieder aufeinander und gestehen sich ihre leidenschaftliche Liebe. Die Prinzessin opfert sich damit Orphée weiterleben (ein Dichter muss unsterblich sein) und zu seiner Frau zurückkehren kann, sie vermag die Zeit zurückzudrehen und die vergangenen Ereignisse zu löschen, auch dies ein schwerer Regelverstoss, und wird daraufhin von 2 Boten abgeholt. Orphée kehrt zu Eurydike zurück und beide leben wieder zusammen und freuen sich auf ihr Kind.

Diese durchaus fesselnde Dreierchoreographie wird noch spannender, wenn man sich vor Augen führt, dass Cocteau wirklich zwei Mütter hatte. Seine Mutter, eine elegante dunkelhaarige Lebedame, früh verwitwet nach dem Suizid des Gatten –  10 Jahre nach Jeans Geburt – war viel unterwegs und aushäusig, stand sicher viel vor Spiegeln und verschwand allabendlich in für den Jungen fremdartige Reiche. Betreut wurde er von seinem deutschen Kindermädchen, einem biederen, aber herzensguten Wesen.

 

 

Nun ist die Beziehung zwischen Mutter und Kindermädchen auch bei oberflächlicher Übereinstimmung problematisch und hochambivalent, geprägt von Rivalität insbesondere auf Seiten der Mutter, die in der Betreuung zwar entlastet wird, aber ihre Vorrangstellung auf dem Herzensthron des Kindes bedroht sieht, während der Liebe zwischen Kind und der Betreuerin immer etwas Verbotenes und zu Verbergendes anhaftet. Oft verliert das Kind auch seine zweite Liebe, wenn die Eifersucht der Mutter zu heftig wird und diese das Kindermädchen schlicht hinauswirft.

Orphée steht ebenso zwischen zwei verbotenen Lieben, er darf keiner der beiden Frauen wirklich angehören, darf sich unter dem Einfluss der Prinzessin nicht mehr zu seiner Familie bekennen, sie sich nicht durch seinen Blick wieder aneignen, den Andeutungen über die Schwangerschaft nicht zuhören.

Kunstwerke, deren Themen Kristallisationslinien innerpsychischer Konflikte und Traumata folgen, beinhalten oft auch Konfliktlösungen und symbolische Wunscherfüllungen des Schöpfers, die ihm im realen Leben nicht gelangen – im Reich hinter den Spiegeln werden sie möglich; oftmals ohne dass er es selbst bemerkt. Die rivalisierende allmächtige Mutter alias die Prinzessin gibt ihn frei, und er darf sich seiner ursprünglichen Liebe wieder straflos zuwenden. Hier könnte aber eine narzisstische Kränkung lauern – die Liebe einer Mutter, die ihr Kind so leicht einer anderen überlässt, kann so gross nicht sein (sollte man denken).

Cocteau umschiffte diese Kränkung geschickt durch das Opfermotiv:  die Prinzessin liebt Orpheus nämlich so grenzenlos, dass sie schlimmste Qualen auf sich nimmt, damit er weiterleben, glücklich sein kann, und als Dichter der Welt erhalten bleibt. Diese Vorstellung mag Balsam sein für die Seele eines Jungen, der seine Mutter oft nur zu sehen bekam, wenn sie sich in der Abendrobe an seinem Bettchen von ihm verabschiedete – ein Gegenbild zur Prinzessin, die Nächte damit verbrachte Orphee verliebt im Schlafe zu betrachten, mit ihren sehenden/nicht sehenden Augen. Eine gelungene, selbstwertstabilisierende, konstruktivistische Umdeutung. Eine bedingungslos liebende Frau, aber doch durchdrungen vom Charakter der realen Mutter: bei der ersten leidenschaftlichen Umarmung spürt Orphee ihre Ambivalenz: ich verbrenne! Aber wie von Eis!

Als Jean älter war, wurde die Beziehung zwischen Mutter und Sohn enger, sie nahm ihn häufig auf Reisen mit, besetzte den Königinnenthron im Herzen des Sohnes letztlich doch – zumindest hat nie eine andere Frau darauf Platz genommen. Daneben sass Jean Marais auf dem Königsthron, und so liess es sich leben.

Ob nun Cocteau diesen Mutterkrieg bewusst in sein Oeuvre hineinkonfiguriert hat, oder ob es eher untergeschlüpft ist, bleibt offen; als Surrealist verstand er auch viel von den Kapriolen des Unbewussten und dessen Bildgebung. Andererseits leidet man in Sachen Selbsterkenntnis am „Blinde-Flecken-Syndrom“, weil bei der Spurensuche im eigenen Gehölz sofort sämtliche Abwehrmechanismen hochfahren, aufploppen und die Sicht verstellen. Womit wir wieder beim Blick wären – es ist schwer, hinter den Spiegel zu sehen, wenn man selbst davorsteht. Cocteau lehrt es uns in diesem seltsamen Traum am Berührungspunkt zwischen Leben und Tod.

 


Am 23. Dezember nimmt Lorenz Edelmann aus Leinfelden eine Cd zur Hand, der Wein ist aufgetischt, und aus den Boxen erschallen bald Enrico Ravas Flügelhorn und Fred Herschs Piano. Zu dem Zeitpunkt habe ich auch schon den Tannenbaum gekauft und aufgebrezelt. In der Vorweihnachtszeit bin ich mehrfach als Hobbykoch gefordert, Monsieur Croque (mit Gruyère) geht mir leicht von der Hand, für die Tarte Tartin von Tropea-Zwiebeln muss ich noch üben, das pochierte Huhn in Weisswein mit Estragon wird langsam zu meiner Spezialität. Der schönste Schmöker des Jahres ist tatsächlich Jonathan Franzens „Crossroads“ (die Zeitreise ins Jahr 1971 wird dreimal verschenkt – ist auch was für dich, dear Friesensusanne!) – was seinen Humor angeht, ist Mr. Franzen sicher bei Mark Twain in die Schule gegangen. Chapeau! Später am Heiligabend dann „Pinocchio“, in der beeindruckenden neuen Netflix-Version von Guillermo del Torro. Greetings to Uschi! Das perfekte „Weihnachtsalbum“ ist sowieso Uusi Aika (ich sehe Olaf West schon im Lametta-Rausch). Und wie bemerkte Olaf Ost: »Uusi Aika« hat eine wohlig tönende Stille, eine vollmundige Substanz in der Askese, eine erdige Tiefe selbst in den Höhen. Eine zeitlose Friedenspfeife. Mein Lieblings-Jazz-Weihnachtsalbum – auch wenn mir an »Weihnachtsmusik« nichts wirklich liegt – ist die wunderbare Platte »Carla’s Christmas Carols« Und richtig Spaß macht mir seit einigen Jahren »DUB SPENCER & TRANCE HILL: CHRISTMAS IN DUB«. Aber das ist vielleicht Thema für einen extra Beitrag… Gut, Olaf, ich mach dann den „Pinocchio“! Und was bei Norbert Ennen unterm Baum erschallt, das weiss ich schon seit ein paar Wochen: „Rubber Soul“, wetten, dass!? Meine Fresse, das waren noch Zeiten: Auto-Scooter und Märklins Krokodil-Zug, „Help“, die Single, die süchtig machte, und zum ersten Mal „Wer die Nachtigall stört“ im Schwarzweissfernseher! 

 

2022 8 Dez

Komm ins Offene, Peter Handke, zum 80.

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Ich gestehe, ich gehöre zu seinen Verehrerinnen. Als ein Deutscher mir vor vielen vielen Jahren am schwarzen Strand von Stromboli ein Buch hinhielt mit den Worten, da, lies das mal, da griff ich danach, ohne zu ahnen, welch Sprachraum mich da für immer gefangen halten würde. Es war die Erzählung “Wunschloses Unglück.” Peter Handke ist ein ehrwürdiger und ebenbürtiger Nachfolger von Friedrich Nietzsche, der für mich die deutsche Sprache am schönsten vorführte. Ich wünsche Peter Handke noch viel Kraft für das Erzählen.

 

ndr.de


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