Manafonistas

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2022 7 Dez.

Explosive Bilderpracht

von: Jochen Siemer Filed under: Blog | TB | Tags: , | 4 Comments


 
 
 

Als stünde man im Meskalin-Rausch auf einer Müllhalde: Jonas Burgerts Bilder erinnern an die Wiener Schule des Phantastischen Realismus, an Arik Brauer, Ernst Fuchs und Rudolf Hausner. Auch an Horst Janssen, Francis Bacon und Max Ernst, bei dem Grundierungen zur Bildfindung inspirierten. Hier jedoch brechen alle Dämme: bei Burgert ist es braun-grauer Modder-Schlamm, aus dem sich irrlichternd surreale Figuren herausschälen und in traumhafter Zwischenwelt agieren. Er malt mit virtuosem Furor, die Technik alter Meister kreuzt sich mit verspielter Abstraktion. „Stirb und werde“ auf der Leinwand, die ewige Metamorphose: wir sind gekommen, um zu gehen. Der kurzzeitige Philosophie- und Psychologiestudent fand Heimstatt letztlich nur im Schaffensprozess. Selbst eine Professur reizt ihn nicht, er will nur malen. Ihn interessiert der existenzielle Subtext seiner Bilder. Wer bist du, Mensch? Gnadenloses Diesseits, fernab von Transzendenz und jeglichem Heilsversprechen. Prinzip Hoffnungslosigkeit, die Magie liegt im Augenblick, in darwinistischer Emanation. Wer eingedenk solch explosiver Bilderpracht, die im Gedächtnis hängen bleibt wie ein verdammt guter Song, dann durch die Gegend zieht, auf moosbewachsenen Bäumen im trüben Novemberlicht plötzlich pink- und neonfarbene Trolle tanzen sieht, dabei an die Gnosis denkt, an Schopenhauers Schimmelpilz aus Menschtum auch, der sieht vielleicht das eigene Leben ebenso als immanente Urschlamm-Blüte: eine Kraft, die Höheres will, und sich doch stets im Niederen verrennt.

 

jonasburgert.de

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4 Comments

  1. Lajla:

    Wunderbarer Text.

    Hast du eine aktuelle Ausstellung von Jonas Burgert besucht? Wien ist so ein Ort, wo ich gerne mal länger leben würde.

  2. Jochen:

    Danke, Lajla.

    Eine aktuelle Ausstellung habe ich nicht besucht, aber sehr viel recherchiert. Jonas Burgert ist ein sympathischer Typ fernab jeden Malerfürsten-Gehabes.

    Er sagt gute Sachen.

  3. Lajla:

    Für mich eine Neuentdeckung, danke dafür.

    Ich bringe hier mal im Kontext “Wiener Kunst” den Link zur virtuellen Führung durch die Ingeborg Bachmann Ausstellung.

  4. Jochen:

    Für mich auch eine Neuentdeckung.

    Jonas Burgert gehört wohl eher in den Kontext „Berliner Kunst“, sein Malstil erinnert mich aber an die Wiener Phantasten. Er arbeitet in Weissensee.


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