Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2022 30 Nov.

1234

von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | Tags:  | Comments off

Storytellers at work. Ich kannte mal einen Idioten, der fuhr mit dem Fahrrad seine alte, stark abschüssige, Kindheitsstrasse runter, und am Ende vergass er, gegen alle Vernunft, wie man bremst (war da auf einmal kein Rücktritt, was war mit den Handbremsen?), und überquerte voll Karacho eine normalerweise lebhaft befahrene Hauptstrasse (die „Schneiderstrasse“), in Todesangst, knallte mit dem Vorderrad hart auf die Bordsteinkante gegenüber, und flog über den Bürgersteig und den Stacheldraht auf eine Wiese voller Schweine. Der Idiot war ich, und es war ungefähr 1970, auf jeden Fall ein warmer Sommertag. Merke: man vergisst nie das Wetter an einem Tag , an dem man halsüberkopf auf einer Viehwiese landet.

Es war ein klassischer blackout, wie man ihn in der Hypnose leicht herstellen kann, wenn man, via posthypnotischer Suggestion, seinem Probanden die Anweisung gibt, den eigenen Namen nach dem Aufwachen zu vergessen. Aber was hatte damals diese Blockade erzeugt? Ich kann heimliche Todeswünsche ausschliessen. Es war die Zeit, in der ich mich für Psychologie und, aufgrund meiner esoterisch bewanderten Mutter, auch eine Zeitlang für Grenzwissenschaften und Parapsychologie zu interessieren begann. Ich las Bücher aus dem Bauer-Verlag, unternahm erfolgreiche telepathische Experimente mit meinem Kumpel Michael Berkel von gegenüber, verschaffte mir Basiswissen der Numerologie und der Handlesekunst, und geriet in den schönen Sog des Fantastischen und Unheimlichen, und die literarischen Steigegelhalter meiner Expeditionen ins Unbekannte waren Jules Verne und Edgar Allan Poe.

 

 

 


In jenem Jahr, 1970, als die Beatles aufhörten, die Beatles zu sein, trennten sich auch die Wege zweier Klassenkameraden, die in eben jener Strasse wohnten, von der ich anfangs erzählte. Ich wohnte am Notweg 11, weit unten, und Andreas Körtgen am Notweg 90, oberhalb der Bahngleise. In den Jahren auf der Schulbank hatten wir, warum auch immer, keinen Kontakt, und lebten beide wohl in einer relativ behüteten Welt – ich nehme an, jeder fand seine  eigenen kleinen Fluchten. Nun sahen wir uns erstmals wieder, auf einem kleinen Klassentreffen, im Arbora Verde, in Dortmund.

Wir wechselten in den gut drei Stunden mehr Worte miteinander als in den drei oder vier gemeinsam verbrachten Schuljahren –  alles hat seine Zeit. Wer mal im alten Jahrhundert einen Zahnarzt auf Juist aufsuchen musste, wäre ihm da möglicherweise begegnet. Historische Romane, das Versinken in einer alten Zeit, müssen ihn schon sehr lange gefesselt haben, und sein Erstlingswerk, „Anno Domini 1234“ liegt seit einiger Zeit vor –  drei weitere Werke werden folgen! Zeitreisen sind schon immer ein Thema des Blogs gewesen, auf geht‘s! 

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