Das Alter spricht eine Sprache, auch alte Dinge sprechen ihre Sprache – Binsenweisheit, klar, aber immer wieder schön. Lajlas Bilder haben mich inspiriert.
Es war 1951, ich war drei Jahre alt und mit Mama auf dem Oktoberfest, stand traurig vor einer Schiessbude mit ihren herrlichen glitzernden roten Krepppapierrosen, die mich auch heute noch unwiderstehlich anziehen. Mamas konnten damals im Gegensatz zu den Papas, die es allzu gut verstanden hatten, leider nicht schiessen; ich selbst habe es später gelernt, ausschliesslich wegen der Schiessbuden und ihrer Rosen; meine jeweiligen Begleiter bekamen dann immer eine Rose geschossen. Man wollte ja emanzipiert sein. Leider gabs dann später nur noch nichtglitzernde Plastikrosen, aber es reichte um Begleiter zu beeindrucken.
An die wunderbaren Stofftiere und Püppchen in der oberen Reihe wagte ich damals gar nicht zu denken. Plötzlich wuchs neben mir etwas in Violett empor, fast genauso gross wie ich, darüber schwebte ein dunkles Gesicht mit strahlend weissen Zähnen, dazu gutturale Laute in einer fremden Sprache. Ein farbiger Besatzungssoldat hatte mein Sehnen beobachtet und mir rasch einen lila Teddy geschossen. Und hatte keineswegs vor mit meiner Mutter anzubändeln – dergleichen kannte ich zu gut, berechnende Männerfreundlichkeit – sondern verschwand gleich wieder. Seither liebte ich Besatzungssoldaten, vor allem farbige.
Mein Brummi erzählt eine Geschichte von Versagung, Wünschen, Vaterlosigkeit, Soldaten, Kinderglück und Krieg. Und dass Schiessen nicht immer Töten bedeutet. Und neulich habe ich ihn restaurieren lassen und einen neuen Arm im alten Stil anpassen – im konservativen Salzburg, in dem es sogar noch sowas wie eine Puppenklinik gibt, eine aussterbende Spezies.
Und jetzt nehme ich endlich das Buch „Die Macht der Dinge“ zur Hand (Verfasser ist mir grad entfallen), steht schon lange auf der Agenda. Das Richtige für die Rauhnächte …