„Die Kamera ist ein Medium, das etwas zum Vorschein bringt, was sich dem bloßen Auge entzieht, nämlich das Optisch-Unbewusste.“
Byung-Chul Han, Im Schwarm – Ansichten des Digitalen
Es gab eine Zeit, da habe ich kaum fotografiert, tat mich immer schwer damit. Es war ja auch umständlich, weil man den Film damals in der vor-digitalen Epoche noch für teures Geld zum Entwickeln bringen musste, falls man nicht zu den Glücklichen gehörte, die hier do-it-yourself-know-how besassen. Auf einem Sommercamp der Sufis wunderte ich mich einst wenig, dass dort bei einem Großteil der internationalen Pilgerschaft das stille Einverständnis herrschte: Fotos sind I-Pfui! Vielleicht hat das mit einer Erfahrung der Allgegenwart des Göttlichen zu tun und einem Flow, der nicht unterbrochen werden möchte. Noch heute ist mir dieser auf Ekstase ausgerichtete, lebensbejahende Lebensstil der islamischen Mystik zutiefst sympathisch, wenn er auch niemals ganz mein Ding war. Worum es mir aber eigentlich geht: zunehmend scheint unsereins einer regelrechten Fotografie-Manie verfallen zu sein, durch die Gegend wandernd stets darauf erpicht, Motive einzufangen. Vielleicht ist dies aber auch nur ein mildes, harmloses Abend-Zubrot in Rentneralter-Nähe, das den Verfall der Sinne, die zunehmende Erschöpfbarkeit und den damit einhergehenden Verlust der Gegenwart durch Photo-Shopping kompensieren will. Die betörenden Klänge einer Ney-Flöte allerdings treffen zuweilen weiterhin vital ins Mark, erinnern dabei an eine sublime Sehnsucht. Zuletzt geschehen beim Schauen der wunderbaren Mini-Serie Teheran.