(Verstreutes und Zusammengefegtes zu FOREVERANDEVERNOMORE, nach ein paar Hördurchgängen.)
A stunning new song-based vocal album, erstaunlich, wie genau der Werbeaufkleber auf dem neuen Eno Album ist. FOREVERANDEVERNOMORE verzichtet weitgehend auf Songs, ebenso wie ich eine Stimme, aber meistens keinen Gesang höre. Rezitation, etwas in einer Art Sprechgesang singen oder vortragen, psalmodieren. Die Wurzeln dieser Soundscapes entstammen der Welt des Pop Songs, gleichzeitig klingen Enos Arbeiten der letzten 5 Jahrzehnte mit; es ist immer wieder erstaunlich, welche Vielfalt aus einem faserigen, holzigen Stück Materie entstehen kann.
Die Welt wird so wie wir sie kennen nicht fortbestehen. Homo Sapiens hat die zahlreichen anderen Menschenarten verdrängt, ist für das Aussterben unzähliger anderer Lebewesen verantwortlich und auf dem besten Weg, sich selbst die Lebensgrundlagen auf diesem Planeten zu entziehen. Was soll nun werden hier auf Erden/Lebensraum von Mensch und Tier/Wenn die Leute sich gebärden/Als wären sie alleine hier/Sie führen Krieg gegen die Schöpfung/Und werden nicht aus Schaden klug/Senden Botschaften ins All/Und sind doch nicht einsam genug heißt es in einem talking blues von Jochen Distelmeyer. Von solch direkten Botschaften ist Brian Eno hier weit entfernt, der Grundton ist ähnlich, these billion years will end. Der Ausweg – falls es ihn gibt: ein Verzaubern der Welt, ein Wahrnehmen der Schönheit – nicht um uns herum, äußerlich, sondern Bestandteil von uns, all this is made of me. FOREVERANDEVERNOMORE macht die Schönheit und die Trauer um ihr Verschwinden hörbar – Ascheregen, Tagpfauenaugen, ausgetrocknete Flüsse, Glühwürmchen (the stars of starless nights), überschwemmte Städte, Wälder, Bäume auf ausgestorbenen Parkhäusern. All this is made of me.
Zerbrechliche und invasive Klanglandschaften, immer wieder regnen Klangpartikel hinab, Flächen öffnen sich und schließen den Zuhörenden ein, bis dann wieder scharfe Splitter die Umhüllung aufreißen, neue Räume öffnen. Alles klingt genau so fein nuanciert und austariert wie man es von Brian Eno erwarten darf. Die Stimme ist ein Klang unter vielen: ein heidnischer Priester raunt zerbrechlich & sorgend, aber auch teilnahmslos, Botschaften aus der Zukunft. Ein Klagelied auf die Vernichtung unseres Planeten, aus jedem Ton spricht eine Hoffnung/Transformation aus jedem Klang/aus jedem Ton, spricht eine Hoffnung/auf einen Neuanfang (Tocotronic).
Das ganze Album ist ein Wunder, atemberaubend; There Were Bells läßt die Zeit still stehen.