„Nach über 30 Jahren als Anführer von „Nashvilles abgefucktester Country-Band“ hat der schüchtern-subversive Songwriter die amerikanische Musik immer wieder aufgebrochen und neu aufgebaut, wenn auch viel subtiler als die meisten Bilderstürmer. Wagners Welt funktioniert in einem kleineren Maßstab: Er schreibt Lieder, die sich wichtig anfühlen, obwohl sie von einsamen Haushunden handeln oder von einem Donut auf dem Heimweg. Für Wagner geht es weniger darum, neue Genres auszuprobieren, als vielmehr darum, seine Weltanschauung behutsam zu entkräuseln. Obwohl er schon immer gerne mit seltsamen elektronischen Geräten herumgespielt hat, hat er in den letzten Jahren seine Klänge noch weiter in den Äther getrieben, seine eigene Stimme in Vocoder gehüllt und seine Musik in einen geisterhaften Dunst aufgelöst. Für einen Künstler, der immer auf einer gewissen Ebene der bescheidenen Obskurität gedieh, waren Wagners spätere Jahre ein stetiger Prozess des Verschwindens, der sich fast vollständig in Luft auflöste.
„The Bible“ ist mit Abstand Lambchops düsterstes Werk. Der 62-jährige Wagner ringt in seinen Liedern mit dem Tod und konfrontiert den Lauf der Zeit mit der gleichen amüsierten Exzentrik, die schon immer das Lebenselixier seiner Musik gewesen ist. Stilistisch klingt die Band freier als je zuvor, denn Wagner, der Pianist Andrew Broder und der Produzent Ryan Olson brauen einen sich wandelnden Cocktail aus Bacharach’schem Barockpop, schrägem Digi-Funk, ausgeflipptem Gospel und dekonstruierter Kammermusik. Für Lambchop ist es das, was Goodbye to Language für Godard war: die Art von kühnem späten Triumph, der nur von einem alten Meister kommen konnte, der sich spielerisch mit den Mitteln unserer unheimlichen Gegenwart auseinandersetzt.“