Manafonistas

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Archives: Juli 2022

2022 15 Jul

„I-Haus Memories“

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Hallo Michael, gerade eben habe ich einen etwas älteren Text gelesen. Von einer deiner Dortmund-Reisen. Schön, und liest sich sehr vertraut nach all den Jahren. „Freunde? Ein paar.“ Ich habe lange nicht mehr in den Mana-Blog geschaut und die Musik, von der du redest, ist mir meist fremd. Vertraut ist aber immer, wenn in deinen Texten Würzburg auftaucht oder Neil Young. 1976 hatte ich in Würzburg zu studieren angefangen, und bald danach hatten wir uns im I-Haus kennengelernt. Du hast mir – älter wie du warst, sehr viel älter wie mir schien – viele Musiker näher gebracht, die mich seither begleitet haben, zu allererst Neil Young, dem ich jetzt schon ewig folge, auch bei etlichen Konzerten. Vor knapp 20 Jahren, da habe ich dich mal in Dortmund besucht,  und in einer italienischen Bar hast du zwei Ladies deine Telefonnummer untergejubelt. Stand Up Comedy vom Feinsten. Ich arbeite immer noch in der Kirche, schreibe viele Gebrauchstexte, Pressetexte, Buchtexte. C. kennst du noch aus Grombühler Zeiten. Wir haben zwei Töchter und eine wird Therapeutin, vielleicht auch wegen dir. Egal. Legendär, wie du Detlev, dem damaligen Freund von C., einen Eimer Wasser aus dem 3. Stock vom I Haus über den Kopf gegossen hast. Heldenhaft. Er hatte das verdient. Wieso? Weil ich in C.  verknallt war. Danke für die tolle I-Haus Zeit. Eckhard


Lieber Eckhardt, ich habe deinen Text behutsam redigiert und nur die für mich weniger schmeichelhaften Sätze gelöscht. Scherz. Zwei Jahre nur älter, Alter:) Ich wohnte im I-Haus zwischen Herbst 1974 und Anfang 1977, bis ich mit C., frisch-verlobt, nach Gerbrunn umzog. Das „Internationale Haus“ war Schmelztiegel und Power Spot. Ich erinnere mich an den Hungersteik von Halim, seine märchenhafte arabische Pizza, Neil Youngs Tonight‘s The Night im Dachgeschoss „all night long“, den Liebeskummer von Joe, der aus den Tränen nicht mehr rauskam und seine Nase in die verbliebenen Slips seiner Liebsten presste, an Free Jazz von Coltrane und Rypdal in der Nacht (da hattest du das Weite gesucht, und ich die Weite gefunden) –  und ich mochte es sehr, dass du in langer Linie verwandt bist mit dem Autor des „Hungerpastors“. Es heisst immer „Out of sight, out of mind“, aber das stimmt nicht. Würden wir von einem Tag zum andern Nachbarn werden, würde wir an unsere schöne Freundschaft nahtlos anknüpfen (so wie jüngst das Wiederzusammenkommen mit Uschi (Würzburg) mit Gudrun und Hansjörg (Arnschwang / Grasfilzing / Bergeinöden), und statt uns stets die alten Stories aufzutischen, würden wir von einer Gegenwart in die nächste geraten – Abenteuer sind keine Frage des Alters, nur des „mind sets“. Jetzt, wo Neil Young seine Archive geöffnet hat, sind das eh alles Festtage für uns. „Live At Carnegie Hall 1970“, hast du sicher schon, „Toast“ ist ein aufwühlender wie besänftigender  Traum  mit dem Verrückten Pferd.   See you, Michael.

2022 15 Jul

Ein Dreisprung

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Jedesmal, wenn ich den Philosophen Julian Nida-Rümelin im Fernsehen sehe, nicke ich wohlwollend wie einst mein Grossvater beim schwarzweiss-televisionären Anblick von Willy Brandt in der Tagesschau (Franz-Josef Strauss hingegen wurde stets mit unwirschem Kopfschütteln bedacht). Und das hat seinen Grund. Ich erinnere den Moment noch genau, als mich das surrealistisch anmutende Cover eines Buches auf dem Fenstersims in der Nordstadt-Bücherei anlachte: es zeigte einen wie eine Wolke im Himmel schwebenden Stein. Betitelt war der Band mit „Philosophie der Gegenwart in Einzeldarstellungen von Adorno bis v. Wright“, herausgegeben von jenem Philosophen eben, der unter Schröder irgendwann Kulturminister wurde. Ich war damals inmitten der Neunziger in der glücklichen Lage, die gesamte Philosophie wie unentdecktes Neuland nach und nach auskundschaften zu dürfen, wie eine sattgrün und frisch darliegende Wiese, kein Stückweit abgegrast. Ich nahm das Buch in die Hand und fand unter den über hundert dort aufgelisteten Denkern neben dem pflichtgemässen Heidegger auch die Namen Emile Cioran und Jaques Lacan. Schonmal gut, dachte ich und nahm das Buch, das ich bis heute nicht besitze, mit nach Hause. Nun komme ich, wie der von mir geschätzte Politologe Albrecht von Lucke gerne in jeder zweiten seiner sprachmächtig verschachtelten Satzkaskaden zu sagen pflegt, „auf den entscheidenden Punkt“: in dem Buch fand nämlich eine Art „Dreisprung“ statt, indem von einem Denker zunächst persönliche Lebensverhältnisse und Werdegang eingehend vorgestellt wurden, es folgten Inhalt beziehungsweise die Kernpunkte seines Werkes und dann – jetzt kommt’s: die Rezeption, also die Art und Weise, wie sein Werk dann öffentlich angenommen und geschichtlich eingeordnet wurde. Ich las das Buch wie einen Krimi durch, wie einst in Weihnachtstagen mit heissem Kopf schon Pirsigs initiales Zenkunst- und Motorradbuch. Selbst japanische, mir völlig unbekannte Denker, bekamen dergestalt Profil. Wenn ich beispielsweise heute mich mit Verschwörungstheoretikern beschäftige und der Frage, was davon zu halten sei, dann denke ich, dass es genau daran mangelt: „Eine Rezeption findet bei euch nicht statt, ihr Banausen bleibt in einer sektiererischen Nische, wähnt euch bedeutsam allein qua Selbstermächtigung!“ Und auch die codes der Bildenden Kunst beinhalten ja unverzichtbar die Einordnung in den historischen Kontext: Kunst kommt auch von Kennen. Nicht zuletzt in den heutigen Fernsehserien kommt dieser julianische Dreisprung irgendwie zum Tragen: zunächst ist da das Werk selbst, und dann sind da die Schauspieler, das ganze Drumherum und schlussendlich folgen Betrachter, Rezensenten, Filmkritik. Sollte ich mir das Büchlein, das ich nie besass, nun doch noch kaufen, mmh? Ich werde es wohl dabei belassen, beim Anblick Nida-Rümelins weiterhin wohlwollend zustimmend mit dem Kopf zu nicken, dazu mit Billy Wilder sportlich, rhythmisch und geschmeidig bleiben: Eins, Zwei, Drei!

2022 14 Jul

Aus den frühen Jahren des Mediums

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Wäre nur ein Filmteam vor Ort gewesen. Am 19. Dezember 1950. Um all die Gespräche einzufangen. Den Morgen. Das Danach. Late Night Talks. Duke Ellington hatte im Laufe seines Lebens einige ideale Spielpartner, die kamen und gingen. Billy Strayhorn war der kongenialste. Und an diesem kalten Tag im Spätherbst betraten sie alle das Studio: Billy, Russell, Paul, Johnny, Jimmy, Nelson, Andrew, Harold, Ray, William, Quentin, Lawrence, Tyree, Mercer, Sonny, Wendell – und Yvonne. Das alte Drei-Minuten-Format wurde ad acta gelegt, um den neuen Zeitlosigkeiten zu huldigen. Showtunes-time! Drei der vier Kompositionen waren bestens bekannt, „Mood Indigo“, „Sophisticated Lady“, und „Solitude“. Hinzu gesellte sich „The Tatooed Bride“. Das Album fiel mir erstmals in den Achtziger Jahren in die Hände, später eine CD-Fassung. Egal, wie plakativ der Titel, wie schön-schrullig das Cover, es blieb immer meine Lieblingsplatte des Duke. Lapidar gesagt: pure Klangmalerei, Big Band-Musik „Ambient-style“ – die vier Stücke besassen Schwebungen einer zwischen zwei Linden aufrgespannten Hängematte, und waren von der Art, dass ihre expressiven Momente einen schon mal in hohem Bogen aus der Matte heben konnten. Heute hörte ich das Album zum ersten Mal in der Version von „Analogue Productions“ (2021) – Mastering und Pressung vom Feinsten. Doch so leuchtend, glänzend, schimmernd hatte ich das Album nie zuvor gehört – reines Satin, „blue velvet“. Immer noch geht und schwingt  mir dieses eine Saxofonsolo von Paul Gonzalves nach. Pures Driften, entfesselt, die Taktstriche reine Illusion. Ein berühmter Satz zu der LP: „Mono goes cinemascope, hard to believe.“ In meinem Plattenregal kommt das Teil in die bestmögliche Nachbarschaft, neben die Impulse-Platte „Duke Ellington & John Coltrane“, neben „Get Up With It“ vom Miles Davis (wegen der Dreissig-Minuten Huldigung an Mr. Ellington, betitelt „He Loved Him Madly“), neben „Showtunes“ von Lambchop – und „L‘Amour“ von Lewis. Wenn man die Schallplatten intuitiv ordnet, kommt manches, vorübergehend, abhanden. Das zinnoberrote Gatefold-Cover von „Masterpieces“ macht das Verlegen unmöglich.

 

Ein älterer Text, auch ein Echo auf „Was die Väter wollten“. Es hat mit der alten Zeit zu tun, dem Beginn der Sechziger Jahre, mit jener Art von Fenstern in eine andere Welt, welche das TV eröffnete, mit Serienträumen und Wildwest – und mit Caterina Valente

 

Zu bestimmten Zeiten musste man ins Bett, da gab es kaum Ausnahmen. Auch Fernsehzeiten waren streng begrenzt. 77 Sunset Strip, keine Chance. An dem Abend, von dem ich kurz erzähle, war ich womöglich schon in der Schule, und Tag für Tag notierte ich die Zeit im Aufgabenheft. 1962. 1962. 1962. Die einzige Ewigkeit findet in der Kindheit statt.  Ich glaube, es war das Jahr 1962, und einer der ersten Abende, an dem meine Eltern mich allein und das Licht im Flur brennen liessen. Vielleicht war ich aber auch erst fünf und konnte noch keine Jahreszahlen schreiben. Auf jeden Fall wusste ich, wo der Anschaltknopf des Schwarzweissfernsehers war. Ich war noch gar nicht müde und folgte dem Lichtschein im Korridor, betrat das dunkle Wohnzimmer und ging langsam zu der Mattscheibe.

Als das Bild ansprang, war ich voller Abenteuerlust, und mitten in einem Film, in dem es wenig zu lachen gab. Eine Mischung aus einem Gangster- und Gespensterfilm. An was erinnere ich mich? Es gab einen unsichtbaren Mörder, der Menschen mit dem Auto in den Tod beförderte. An die genaue Story kann ich mich natürlich nicht erinnern, aber eine Szene hat sich mir besonders eingeprägt. Ein Mann (das Opfer) steigt in ein Auto ein, aber seltsamerweise auf den Beifahrersitz (vielleicht wurde er auch vorher bewusstlos geschlagen und so ins Auto befördert). Ich habe diese Szene also doch nur bruchstückhaft in Erinnerung, auf jeden Fall sah man dann, wie der Unsichtbare den Motor anliess und losfuhr. Man sah, wie er die Gangschaltung bediente, und ins Eisen stieg. Eine halbe Stunde schaute ich dem Treiben vielleicht zu, länger traute ich mich nicht, weil es ein grosses Theater gegeben hätte, wenn ich von meinen Eltern beim heimlichen Fernsehschauen erwischt worden wäre. Mein Vater beherzigte das Prügeln, mit ihm war zwar oft gut Kirschen essen, aber zuweilen brach etwas Hartes aus ihm heraus.

Ich hatte allerdings noch ein grösseres Problem, denn ich hatte plötzlich Furcht, in der Wohnung im Weissdornweg könne mir der Unsichtbare auflauern und mich töten. Es war auch totenstill in der Wohnung, als ich den Fernseher ausgeschaltet hatte, und das Licht im Flur hatte auf einmal etwas Fahles, als würden von dem matten Lichtschein mehr Dinge verborgen als enthüllt. Eine Heidenangst hatte ich, obwohl ich damals das Wort noch gar nicht kannte, und von geistig tumben Religionslehrern, die einen beim Sprechen ständig ins Gesicht sabberten (fliegende Spucke), obendrein den katholischen Katechismus eingetrichtert bekam wie andere Kinder Lebertran. Das war nicht lustig, ich war leicht von unsichtbaren Welten zu irritieren.

Ganz schlimm waren da – rückblickend – einige Nonnen auf Norderney, Relikte aus Finsterdeutschland, die mir – 1962 – während eines sechswöchigen Aufenthalts – öfter die Hose runterzogen, meinen Po traktierten, und sich daran, trotz gespielter Strenge, sichtlich erfeuten. Aber das konnte ich natürlich nicht durchschauen, damals, als Strafe wurde man noch auf Haferschleim mit Salz gesetzt, und durfte am Wochenende nicht raus ans Meer. Als ich nun in einem Jahr, in welchem ich wahrscheinlich schon Jahreszahlen schreiben konnte, im Bett lag, wurde mir bewusst, dass der Unsichtbare es unter meinem Bett sehr bequem haben könnte, und ich hielt die Luft an, bis mir leicht schwindelig wurde. Dann stocherte ich wie wild mit einer Hand unterm Bett herum, im Schwarzen, stiess aber auf keinen körperähnlichen oder gallertartigen Widerstand.

Die Angst verschwand nicht. Mir war klar, dass hier nicht der Unsichtbare aus dem Film sein Unwesen treiben könnte, wohl aber ein anderer Geist, und ich überlegte, wie ich einen möglichen Eindringling vertreiben könnte. In dem Film war wie hier in Dortmund-Hombruch tiefe Nacht, und alle Opfer waren allein. Aber immer, wenn das Grauen nahte, kündete es sich an durch unheimliche Klänge, schrille Töne, vielleicht waren es die beliebten Horrorsounds einer Theremin. Das Böse schien stets von gnadenlos finsteren Melodien oder aus dem Nichts auftauchenden Schreckenstönen begleitet zu werden, und so schien es mir hilfreich, im Radio nach heiterer Musik zu suchen, nach Schlagern oder Kinderliedern, solchen Kinderliedern, die wirklich lustig waren, und wo niemand tot vom Pferd fiel.

Bangen Herzens schlich ich wieder ins Wohnzimmer und drückte auf die Ein-Taste des Loewe-Opta-Radios. Es dauerte, bis das grüne Auge leuchtete, und es schien mir etwas finster dreinzublicken. Ich drehte am Sendersucher, bis ich ein Lied von Caterina Valente hörte (die Stimme erkannte ich sofort, weil meine Mutter sie gerne hörte und manchmal ein paar Zeilen mitsang). Ich weiss heute nicht mehr, welches Lied es war, aber es war voller Lebensfreude und Überschwang. Ich stellte das Lied ganz laut, und sofort verschwand meine Angst. Mir war auch egal, was passieren würde, wenn meine Eltern heimkämen, weil ich dann ja endgültig gerettet war und schon jetzt sich alle Angst in Luft und Klang aufgelöst hatte. Man durfte nur nicht klein beigeben und musste die Musik richtig laut ertönen lassen, damit die Schallwellen in die hintersten Winkel vordringen konnten.

Ich blieb vor dem Radio hocken, und war ziemlich stolz auf meine Geistervertreibung. Plötzlich hörte ich, wie das Haustürschloss sich drehte (wir wohnten im ersten Stock eines Sechs-Familien-Hauses). Ich kam gar nicht dazu, irgendetwas zu erklären. Die erste Ohrfeige erwischte meine recht Wange mit voller Wucht, aus meinem Vater war wieder etwas ausgebrochen. Der zweite Schlag traf mich in der anderen Gesichtshälfte, und neben dem Schmerz fingen meine Ohren an zu summen. Die Musik wurde sofort ausgestellt, ich lief in mein Zimmer und verschwamd unter meiner Decke. Mir kamen damals erste Zweifel, dass mein Vater in Russland nur auf Hasen geschossen hatte.

Erst die Tränen, dann die Wut, dann die Erschöpfung, irgendwann schlief ich ein, und es war gewiss eine dieser Nächte, in denen ich in einer weiten Prairie in ein gefährliches Abenteuer geriet, und immer, wenn es Spitz auf Knopf stand, rief ich Okko, meinen Traumgefährten: zusammen besiegten wir alle Feinde, und es gab in all den Jahrem, in denen ich diese Serienträume hatte, keinen einzigen, der kein Happy End hatte. Ich weiss nicht, was Okko mit dem Unsichtbaren angestellt hätte, aber er hätte sicher kurzen Prozess gemacht und ihn in die ewigen Jagdgründe befördert. Und mein Radiotrick hätte ihm gut gefallen. Oft spielten sich diese Träume in amerikanischen Landschaften ab, ich las gerne Westerngeschichten, und Robert Fuller aus der Serie „Am Fuss der blauen Berge“ war mein erster Fernseh-Hero. Das war alles vor der Zeit, als ich zum ersten Mal die Kinks und Beatles hörte.

 

 

 


Okko verschwand nach circa zwei Jahren aus meinen Träumen, aber ein Haus weiter wohnte mein Blutsbruder Matthias S. Sein Vater hatte die wunderschönste Spielzeugeisenbahnwelt gebaut, die ich je in meiner Kindheit zu sehen bekam. Mit Matthias zusammen sah ich mein erstes Fussballspiel im Stadion Rote Erde, es ging 2:2 aus, und Uwe Seeler schoss, glaube ich, mindestens ein Tor für die Hamburger. Das hört sich nach behüteter Kindheit an, aber das Grauen schuf sich immer neue winzige Räume; man musste allerdings die Augen weit aufreissen, oder den Blick langsam seitwärts wandern lassen, um sie überhaupt zu erkennen. Ein paar Jahre später las ich alle Kurzgeschichten von Sir Arthur Conan Doyle, in einer Reihe handlicher Heyne-Taschenbücher, und die Titel der einzelnen Geschichten fanden sich in den Rauchwolken von Sherlock Holmes‘ Pfeife.

 

Und die Antwort von Uschi las sich damals so:  Aha, Musik zum Geistervertreiben, da mussma erstmal drauf kommen, eine frühe Prägung? In Ermangelung eines Fernsehers überhaupt oder eines Radios im Schlafzimmer – immerhin bin ich Jahrgang 1948 – stand mir das nicht zur Verfügung, aber ich wähnte – warum auch immer, bei der Religionslehrerin gabs nur Kopfnüsse  – den lieben Gott auf meiner Seite, ansonsten bin ich Weltmeisterin im passiven Durchhalten und wähnte auch die Zeit auf meiner Seite bzw deren Vergehen. Bloss wenn man Karsamstagnacht auf den Osterhasen wartete, dann zog sich das schon etwas hin….!   Leider brach bei den Vätern immmer viel durch, gottseidank hatte ich in der Kinderzeit keinen, aber was meine Freundinnen da so erlebten, da war kein Vater das beste.  Robert Fuller war natürlich eine Schau – aufm Fernseher der Freundin, aber am besten sah schon Bronco Lane aus oder Little Joe, danach High Chapparal uind dann der BEAT CLUB – da hab ich jetzt eine ganze Serie von Folgen erworben, frisch digitalisiert, und wollte auch immer die gleiche Frisur wie Uschi Nerke, mit dem glatten Pony, – ging aber nicht!!!!!!!!!!!!!! ! Locken!!!! Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaarrghhhhhhh!!!!!!!!!!

 

 
 

Der Ton der Besprechung ist heiter, die Sache etwas ernster. Es ist erhebend, auf den Spuren eines alten Kinostreifens, oder auch mit den „Graugänsen über Toronto“, diverse Seitenwege der Erinnerung zu erkunden, und geschriebene Wörter nachschwingen zu lassen. Das Lesen verlangsamt sich automatisch, wie damals, als ich noch viel mehr Gedichte las, magische, von Jürgen Becker. Das Ende der Landschaftsmalerei. Zum Beispiel.

Uschi und ich haben eine lang zurückreichende Filmvergangenheit. In Gerbrunn, im siebten Stock, 1979 oder so, führte ich einen wilden Tanz auf, zuckte mit irrem Blick Richtung Fenster, und die versammelten Psychologiestudentinnen sollten aus meiner Pantomime den Film erraten: Der Stadtneurotiker, von Woody Allen.

Hätte U. mir das nicht neulich erzählt, ich hätte es vergessen. Ich schlage gerade eine andere Brücke zwischen dem Ende der Siebziger, und dem Jahr 2022, und höre Kraftwerks Hommage an die Computerwelt auf gelben Vinyl. Die Maschinen tanzen. Nummer 5 lebt noch. Eine subkutane, melancholische Schwingung.

Vorhin dem kleine Vorstadtmarkt hatte der Käsehändler mit fabelhafter Expertise einen Tipp für mich: „Michael, probiere mal den Bergkäse mit Trüffeln. So aromatisch, man schmeckt die Trüffeln gar nicht.“  Ich sagte: „Man schmeckt sie nicht, man zahlt sie nur.“ Und lachte. Aber ja, später dann, dieser Bergkäse, eine Offenbarung!

 

 
 

Weil wir gerade so schön dabei sind: hier noch ein guter schlechter Film von 1960. Melodie und Rhythmus – scheinbare Gegensätze, und doch bilden sie zusammen ein harmonisches Ganzes.

Der Komponist Alberti (Fred Kraus, im Film und im Leben der Vater von Peter Kraus, der heute noch mit 85 die Bühne rockt) befindet sich in einer Probe mit seinem Orchester „Die Zaubergeigen“. Danach singt Lolita (eine bodenständige Österreicherin mit Oma-Dauerwelle – diese Zeit hatte keinen Sinn für Stil und Passung, und ihren Nabokov nicht gelesen) etwas von Südseeträumen. Im Orchester sitzt muffelig sein Sohn Tommy und spielt auf seiner Gitarre Rockrhythmen ein. Der Göttervater ist erzürnt und schleudert Blitze, es kommt zum Streit, und Tommy stürmt aus dem Konzertsaal. Eine kleine Revolution inmitten einer Gesellschaft, die sich an ihren Träumen vom Glück besoff.

Tommy kommt aber dem Vater auch ins erotische Gehege, er umschwärmt dessen Freundin Linda, eine mondäne elegante Grossstadtdame, ein Archetyp dieser Zeit und immer kontrapunktisch angelegt zum lieben blonden Mädel (in diesem Film unerträglich doof), das den Helden schliesslich bekommt, wenn er vernünftig geworden ist und gelernt hat, was ihm gemäss ist. Man könnte auch sagen, muss es aber nicht – Tommy befände sich in einer protrahierten ödipalen Phase, in der es weniger um die Frau, sondern um Platzhirschgerangel mit dem sicher positionierten Vater geht. Falls man mit den kriegsversehrten und traumatisierten Vätern überhaupt kämpfen konnte, und nicht unbewusst für ihre Stabilisierung und ihr Wohlbefinden sorgte – auch so eine Crux dieser Zeit. Oder ganz schlicht von ihnen verängstigt wurde. Vielleicht wurde deshalb damals auf den Schulhöfen so viel gerauft. Männliches Kräftemessen, das mit Papa nicht ging.

Das blonde Mädel lässt sich in allerhand Verwicklungen von Tommy und Linda demütigen und des Diebstahls bezichtigen, bleibt aber weiter auf der Jagd nach dem Objekt der Begierde, und versucht letztlich, ihm ihre Liebe zu beweisen, indem sie sich bei einer Zirkusaufführung als Zielscheibe für einen Messerwerfer ausliefert. Die deutsche Frau opfert viel für den Mann … jaajaa, wir habens verstanden (kreisch!).

Tommy macht mittlerweile Karriere mit seiner Band, versöhnt sich mit dem Vater, leistet den Verzicht auf Linda und es wird eine grosse Musikgala von Vater und Sohn aufgeführt, mit Zaubergeigen, Lolita samt Südsee und Tommys Band – eine überbordende Aufführung einer harmonischen Generationensymbiose.

Tommy tritt im Cowboykostüm auf und singt das Lied von „Cowboy Billy“ in der Pose des kleinen Gernegrosses, zu dem er scheinbar in der Nähe des Vaters mutiert. Der Text sei Euch erspart, jeder kann ihn googeln wenn er möchte, die Quintessenz davon ist etwa: „Wenn ich gross bin erschiess ich Euch alle!“ Der aufmüpfige Sohn ist also kastriert und in der Kleinkindposition fixiert, ohne am Sockel des Vaters zu kratzen. Zur Belohnung für Rollentreue gibt’s dann das treue Mädel.

So erweist sich das Schmonzettchen als Rad in einer gewaltigen ideologischen Einordnungs – und Einnordungsmaschinerie, die man durchaus als brutal empfinden kann, wenn man den Zuckerguss entfernt.

Unterhaltung ist entlarvend, weil sie geheime Wünsche offenbart, hier die der Kriegsgeneration nach Erhalt und Verteidigung ihrer konservativ-patriarchalischen Strukturen gegenüber einer Jugend, die Selbstreflexion und Grenzüberschreitung einforderte. Das Ganze hingeschludert vom Regisseur John Olden, besser bekannt als Ehemann von Inge Meysel, die danach beschloss lieber bisexuell zu sein.

Guter schlechter Film,  und eine geniale Zusammenfassung des Zeitgeistes von einem Regisseur, der sicher nicht wusste, was er  geschaffen hatte. Bei Interesse fürs Thema empfehlenswert: WENN DIE CONNY MIT DEM PETER (1958), über die musikalisch ausgetragene und schliesslich ebenfalls in Harmonie ertränkte Revolte einer Schulklasse.

 

Back on Boogie Street after not so funny seven days with Covid. 1982 again. My favourite time travel zone in 2022. One of the strangest years. Sex, drugs, and rock‘n‘roll, sure, if you forget about drugs (except my uninhibited addiction to Julio Cortazar‘s „Rayuela“, deapest reading experience ever), replace, better, equal, the s-word by love, and have a wider view of what has been rocking & rolling my ears. And what a year in music! I had my sympathies for Bruce Springsteen‘s „Nebraska“, and Kate Bush‘s „The Dreaming“, but i didn‘t fall in love with them. And Michael Jackson‘s „Thriller“, no way. „Avalon“, nope. These are my six shining stars. Last year, XTC‘s double album got a fantastic remastering, and is now, as an audiophile vinyl treasure, more than ever, one of the best sounding rock albums of the 80‘s. The music gorgeous anyways, with – sic! – drummer Terry Chambers delivering his masterpiece. Terrific work of a band with senses working overtime. I listened to it yesterday. Loud. It is an album to be heard loud. Mark Smotroff’s song of praise in comment 1. And legendary Kevin Rowlands claims his most famous work should have sounded slightly different, and so, for the 40th anniversary, it will happen, „the director‘s edition“ – marketing strategy? Come on, Eileen! And well, nearly everything is said and written on this blog about my numbers one and two. Wild things run fast, yes, but not in Mr. Eno‘s wilderness. And „Big Science“: a work of avant-garde wonder that is entirely unlike anything else released in the vocal world of 1982. Mr. Tibbetts and Mr. Gabriel are constantly changing their places. By the way, on number 7: Donald Fagen‘s The Nightfly. 

 

 

 


1) Brian Eno: On Land

2) Laurie Anderson: Big Science
3) XTC: English Settlement
4) Kevin Rowlands & Dexy‘s Midnight Runners: Too Rye Aye
5) Peter Gabriel: Security
6) Steve Tibbetts: Northern Song

 

2022 11 Jul

Daughters of Darkness

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Das Cover ist eine Katastrophe, zugegeben; dergleichen lief früher in den Bahnhofskinos – aber wer auch immer sich da was auch immer dabei hoffentlich gedacht hat – ich denke, Michael irrt sich, wenn er von einem B-Movie spricht, bei derlei hätte sicher auch Delphine Seyrig nicht mitgemacht, die hatte andere Angebote, zumindest seit LETZTES JAHR IN MARIENBAD.

Der Film (klassifiziert sich als Erotik-Horror, 1971 aus Belgien) repetiert nicht den gängigen Vampirmodus (da wäre ein „Nicht-schon-wieder-ein-Vampirfilm“-Stöhnen des Twilight-gequälten Cineasten durchaus angebracht), sondern stellt das gesamte Genre quietschvergnügt auf den Kopf.

Die Vampirin tötet nicht (zumindest nicht in erster Linie), sie verführt. Für die Protagonistin, die junge Frau, Valerie, scheint die Gefahr eher in ihrem zunehmend gewalttätigen Partner zu drohen, als von der reizvollen Gräfin Bathóry auszugehen, einer historischen Figur die angeblich das Blut von Jungfrauen trank, um selbst jung zu bleiben. Schon hier ist die Vampirbedrohung umgelagert. In Deutschland erschien der Film unter dem Titel „Blut an den Lippen“, dankenswerterweise verzichtet der Regisseur aber auf dergleichen, sowie auch auf spitze Eckzähne, Beissereien und andere Klischees und Versatzstücke.

Die Gräfin als Vampir ist hier nicht die Gefahr, gegen die sich das Heteropaar zur Wehr setzen muss, diese scheint vielmehr in die heterosexuelle Beziehung eingeschrieben. Der Zuschauer kann sich dem Charme der Gräfin schwer entziehen, Valerie ebenso. Der Partner Valeries mutiert dagegen zum Ekelpaket und man nimmt es den beiden Frauen kaum übel, als sie ihn schliesslich um die Ecke bringen.

Damit hat sich der Film zu den erotischen Wurzeln des Vampirmythos bekannt. Medienwissenschaftler (u.a. der von mir präferierte Georg Seeßlen) sahen als treibende Kraft die kollektive Angst des American Cowboy (der sich vielleicht besser aufs Pferdezureiten verstand) vor den Verführungskünsten des europäischen Adligen, ebenso wie sich die Angst vor der Kraft und Potenz des schwarzen und versklavten Anteils der amerikanischen Bevölkerung bei KING KONG spiegelt, in dessen behaarten Armen ja ständig eine weisse, völlig hingegebene und hingegossene Frau post-orgiastisch vor sich hin ohnmächtelt. Schuldgefühle gegenüber einer unterdrückten Minderheit gebären gern rächende Monster, die meistens allen Grund zur Rache haben.

Der klassische Vampir ist ja ein Graf samt ganzem Zubehör, schwarzer Seidenrobe, Burgen, Katakomben und Schlössern sowie anderen Insignien einer überkommenen Herrschaftsarchitektur. Er ist ein Halbwesen: Nicht ganz Mensch, nicht Tier, nicht ganz in dieser Welt beheimatet, aber auch nicht ganz in der Anderswelt, nicht tot aber auch nicht ganz lebendig, die Hälfte der Zeit liegt er ja im Sarg und langweilt sich vermutlich höllisch.

Auch Burgen und Schlösser sind Halbwesen: Oben verrottet und zerfallen, bergen sie im unteren Teil Verliese und Katakomben, Schätze und wertvolle Geheimnisse. Diese kränkelnden und zerstörten Abbilder drücken das Schweben der Halbwesen zwischen Existenz und Nichtexistenz aus, Leben und Nichtleben, Lieben und Zerstören. King Kong war ja durchaus der Liebe fähig und erweckte mit seinem tragischen Ende schliesslich unser aller Mitleid. Die Gräfin Bathóry kennt diese Tragik, Getriebenheit und Melancholie nicht. Sie agiert entspannt, lustvoll und mit sich im Reinen. Wo Erotik offen thematisiert wird – so wie hier – erübrigen sich phallische und erotische Symbole die durch Triebverdrängung verschlüsselt und symbolisiert werden: Eckzähne, Pfähle, Kreuze … und letztlich auch Blut, das ja mit Sex und Fortpflanzung ebenfalls eng verwoben ist. Das hat hier etwas Befreiendes. Das Auspressen und Aussaugen der Untertanbevölkerung bis aufs Blut war eine Domäne des europäischen Adels – soweit die sich mit dem Oralen beschäftigende Lesart neben der erotisch akzentuierten Interpretation von Vampir-Narrativen. Schaurige Elemente und entsprechende Ornamentik fehlen in diesem Film jetzt völlig, abgesehen von der gruseligen Wellenreiter-Perücke der Gräfin die förmlich nach Heruntergerissenwerden, somit nach Entblössung schreit. Auch in MARIENBAD hatte sie schon eine ausgesprochen doofe Frisur, by the way. Diese Frau hätte Besseres verdient.

Handlung: eine Frau verführt eine Frau und bringt damit einen Mann zum Ausrasten. Filme in den 70ern stehen oft stark unter dem Eindruck der über Europa hereinbrechenden (klingt nach Tsunami, ein aggressiv getöntes Bild von mir) Frauenbewegung und den darin wurzelnden realen und phantasierten Gefahren für Männer- und Frauenwelt und das künftige Miteinander der Geschlechter. Dazu braucht es kein stilisiertes Grauen, das war damals für viele Grauen genug, heute haben wir uns langsam daran gewöhnt. Die Frau im Film wendet sich der Frau und ihrer verfeinerten Erotik zu, der reichlich grobschlächtige Mann droht sie zu verlieren, schläft mit der Sekretärin der Gräfin, wird dieser gegenüber gewalttätig, akzeptiert ihr „Nein“ nicht und sie kommt dabei zu Tode. Nun gibt es für das knisternde Frauenpärchen Grund zur Rache.

Damit hat die weibliche Verführungskraft der Gräfin über die Heterobeziehung gesiegt, aber ist auch gleichzeitig die Diffamierung weiblicher Erotik als aggressiv-rivalisierend und todbringend erfolgt. Die Strafe folgt auf dem Fusse: Die Gräfin und Valerie (am Steuer) kommen bei einer Autofahrt, die ebenfalls durch das begeisterte Anfeuern der Gräfin („Faster, faster!“) eine sexuelle Konnotation bekommt, von der Strasse ab, das Auto überschlägt sich und die Gräfin hängt in bizarrer Pose aufgespiesst an einem dürren Baum: Vampire werden gepfählt, nur so kann man vor ihnen sicher sein. Oder nicht?

Ein neues junges Paar kommt vor dem Hotel an, Valerie (hat offenbar den Unfall überlebt) erscheint und wird sich liebevoll der jungen Frau annehmen. Weibliche Zerstörungskraft ist scheinbar nicht totzukriegen, die junge kontaminierte Frau übernimmt die Stafette, der gängige Topos in Vampirfilmen – wer es noch nicht wusste, weiss es jetzt. We shall overcome

 

2022 11 Jul

Am Caputher See ohne Bobbie Brown

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Ich weiss noch, das Raunen, 1977, das durch den Melody Maker ging, als „Marquee Moon“ erschien. Die Jungs auf dem Cover sahen alle ausgemergelt aus und blass, und die Songs landeten schliesslich in dem kleinen Würzburger Plattenladen, wo ich auch David Bowies „Low“ gekauft hatte. Ich nahm das Teil sofort mit, zog die Vorhänge zu, machte mir einen Tee (damals bestellten wir die Oolongs und Darjeelings bei einem Teeversand aus Bremen, warum auch immer), und die Musik verrichtete ihre Arbeit. Ein kleiner Studioraum in NYC, eine kleine Studentenbude im Frankenland. Jeder Song filettiert, rohes Material, das ins Singen kommt. Die Zeit der alten Erhabenheiten ist vorbei, und später sagt der Mann mit der schneidenden Stimme, er habe in jener Zeit viel Coltrane gehört.

 

 

 


Zeitsprung 1977 – 2022. ich sitze bei „Mr. 45rpm Audiophile“ aka Michael Ludwigs  im Musikzimmer (eine wirklich spannende Begegnung, auch mit den Hunden Karl und Friedrich), und  höre die gelegentlich für rund 1000 Euro auf Discogs erhältliche Ausgabe von John Coltranes „My Favourite Things“, von der Londoner Electric Record Company. Wenn die einen Klassiker rausbringen, in einem extrem aufwändigen, nur Röhren und analog ablaufenden Prozess, ist das Objekt der Begierde (roundabout 400 Euro) meist in Minuten ausverkauft. 300 Exemplare sind das Limit. Der Vinylhimmel hat zuweilen seinen Preis. 

„Acoustic Sounds“ hat unlängst eine herausragende (und weitaus preisgünstigere) Ausgabe dieser kommerziell erfolgreichsten Platte Coltranes rausgebracht, mit einer Stereo- und einer Monofassung. Letztere kommt schon nah mal ganz nah an den Himmel heran. Und die Musik läuft an diesem draussen so grauen Machmittag bei mir (s. Foto) – Joes Garage, Neils Toast, das Quartett des Jazzmeisters, und eben Marquee Moon.

Nackter ekstatischer Rock, die Parallele zum modalen Coltrane liegt in den singenden Gitarrenlinien, die beiden Gitarreros scheinen nicht die Notenblätter, sondern Telepathie zu proben. Nichts lässt einen vom Haken. Nicht nur das lange Titelstück von Marquee Moon vergeht im Rausch.

 

The title track of Television’s 1977 debut LP has everything: the grandeur of the finest freewheeling 70s rock, the needling intensity of punk and the eerie tension of an Edgar Allen Poe short story, marked by strange encounters and elemental surges (“the lightning struck itself”). Despite the efforts of generations of critics to unpick it, Marquee Moon remains brilliantly inscrutable – a mystery inside an enigma wrapped in a stinging guitar solo.

(Sam Richards). 

 

Ein Meilenstein, eine der Platten, bei denen sich viele daran erinnern, wann genau sie sie das erste Mal gehört haben. Und warum fühlte und fühlt man sich hinterher (wenn der letzte Ton verklungen ist) so verdammt lebendig – „good vibrations“ gehen doch eher anders! Oder!? Liebe Leser, besorgen sie sich „Marquee Moon“ als nächste kleine Nachtmusik. Es ist wie beim Inszenieren von „joyful surrender activities“, wie beim Hören von Neil Youngs „Toast“, oder beim Versinken in „24 Frames“: das Licht muss man selber anzünden! In Joes Garage übrigens auch. Der letzte macht das dann auch wieder aus.


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