Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2022 13 Jun

„Oh, that summer feeling …“

von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | Tags:  | 38 Comments

 

„One of the joys of Licorice Pizza is the way that things just happen – bizarre incidents that seem to go nowhere, elaborate set-ups for punchlines that never come – yet they leave you hooked from start to finish. Anderson depicts ’70s Californian suburbia as the last hurrah of ’60s naivety, and the soundtrack – Taj Mahal, Wings, yet another sublimely counter-intuitive Jonny Greenwood score – adds to the sometimes perplexing magic. It’s a joy, and the sort of film that like a great LP – it’s named after a Californian record store – you’ll want to play over and over.“

(Jonathan Romney)


Am besten den Film sehen, ohne sich vorher „schlau“ zu machen. Wäre eher doof, sich nicht überraschen zu lassen. Und wie leicht könnte man sich verzetteln, im Vorfeld, bei all den Verweisen und Anspielungen. Hintergrundinformationen können das Erleben torpedieren. Wer nur auf den Subtext aus ist, verliert den Thrill aus den Augen. Ein neuer Lieblingsfilm? Viellecht – abwarten auf das zweite und dritte Sehen. Aber – was für ein Sog! Und doch die alte Story: boy meets girl (or woman.) In altem Breitwandformat gedreht, was auch nicht mehr viele Kinos zeigen können,  und eine grossartig verwirbelte Geschichte. Wir sind in den Siebziger Jahren. Im Valley. Und, meine Güte, es ist eine ganz besondere Welt mit vielen Details aus der damaligen Zeit. Eine Inspiration fraglos „American Graffiti“. Und wie hat sich wohl die enorme Menge des Materials auf den Schreibprozess augewirkt? 

 

„Hier geht es definitiv nicht darum, zu schreiben und zu sehen, wohin es einen führt. In diesem Fall habe ich tonnenweise Munition und einzelne Teile, über die ich lange, lange Zeit nachgedacht habe, und ich habe versucht, lange darüber nachzudenken, bevor ich anfing, etwas darüber zu schreiben, was ein ziemlich gesunder Weg sein kann, wenn man die Geduld aufbringen kann. Normalerweise will man an Heiligabend einfach nur seine Geschenke aufreißen. Ich war diszipliniert und habe mit der Niederschrift gewartet, bis ich es mehr oder weniger durchdacht hatte. Der Trick dabei ist, dass man immer noch einen gewissen Spielraum für Entdeckungen haben muss, denn was nützt das sonst? Ich würde mich langweilen. Ich skizziere es nicht wirklich und setze mich hin und schreibe. Ich arbeite aus dem Gedächtnis und in Gedanken. Ich erinnere mich daran, was passieren muss: Ich muss von hier nach hier kommen, es gibt diese Episode, die ich interessant finde. Worauf steuere ich zu?“

(Paul Thomas Andersen)

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38 Comments

  1. Ursula Mayr:

    Geht das ein bisschen in Richtung HAROLD AND MAUDE? Dann eher nicht….

  2. Michael Engelbrecht:

    Nö, würde ich nicht sagen. Ganz sicher nicht. Den Film mochte ich nie – viele famnde ihn toll Selten dämlich, das war meine Meinung (und ist sie bis heute.)

    Nein, so verückt das klingt, das ist eher „Fellinis Amarcord goes California“.

  3. Ursula Mayr:

    AMARCORD ist einer meiner Lieblingsfilme, neben ROMA und SATYRICON. Die jüngere Generation kann aber mit Fellini nicht mehr viel anfangen, stelle ich fest.
    HAROLD AND MAUDE – war mir zu artifiziell, man hat genau gemerkt dass sich hier ein paar findige oder sich für findig haltende Filmköpfe geeinigt haben mal was ordentlich Schräges für die ausgeflippte Jugend zu kreieren das ordentlich Kohle in die Kassen spült. Hat ja funktioniert. Aber man merkt die Absicht und ist verstimmt und das Ergebnis war oberpeinlich.

  4. Michael Engelbrecht:

    You took the word right out of my mouth.

    Dann lieber Angst essen Seele auf. Obwohl ich nicht viele Fassbender Filme mag. Aber das Fass will ich hier nicht aufmachen:)

    Na, denn, gute Reise zu LICORICE PIZZA. Habe den ganzen Film über gewartet, wann die Pizza kommt, und erst hinterher gelesen, dass das ein Plattenladen war.

  5. Ursula Mayr:

    Nicht alles was so formschick und zeitgeistig daherkommt muss für Kunst gehalten werden. Das gilt auch für Fassbinder. Und bei dem ist die Wehleidigkeit eindeutig überdosiert.

  6. Lajla:

    CAT Stevens Sound in dem Film beglückte mich regelrecht. Zur high-tea Zeit mal wieder „Tea for the Tillerman“ anhören.

    Die Filme von Fassbinder können natürlich nicht mit dem Attribut „wehleidig“ durchgehen. Seine Filme sind große Kunst. Mal „Berlin Alexanderplatz“ nochmal? in Ruhe ansehen.

  7. Martina Weber:

    Cool. Die Licorice Pizza gibt’s in der Videothek meines Vertrauens. Die hol ich mir dieser Tage. Oh, und Sean Penn ist dabei!

  8. Jochen:

    Fassbinders Acht Stunden sind kein Tag mit Gottfried John und Hanna Schygulla (Jochen & Marion) fand ich damals grandios, mit (kurz gegoogelt) vierzehn, fünfzehn. Zu Harold and Maude habe ich keine Meinung (indifferent), fands irgendwie merkwürdig (strange).

  9. Ursula Mayr:

    Das war sein bestes Werk, da ist er aus den Antitheaterschuhen rausgewachsen. Schygulla (wir nennen sie immer die Galluschy) war mir aber schon immer zu somnambul. Q.e.d. in „Auf der anderen Seite“ zuletzt.

  10. Jochen:

    Somnambul – oder wie der Volksmund sagt: „Leicht weggetreten.“

    ;)

  11. Michael Engelbrecht:

    Acht Stunden sind kein Tag, ja, das war eine tolle Serie.

    „Grosse Kunst“ ist für mich kein Label, das ich unter viele RWF Filme setzen würde. Sie waren mitunter gequält, überfrachtet, manieristisch – und, ja, wehleidig dazu.

    Harold Budd hatte tatsächlich einen feinen Soundtrack, und Stevens und Tea for the Tillerman. Nur die Story auf der Leinwand dazu, voll beknackt.

  12. Ursula Mayr:

    Das triffts!

    Oder wie der Bayer sagt: „Da schlafen Dir die Füss ein!“

  13. Michael Engelbrecht:

    Fair genug, den Film zu benennen von RWF, der mich damals wirklich beeindruckt hat, im Kino (und das sind ferne Erinnerungen, da kann ich nicht drüber diskutieren)

    DIE EHE DER MARIA BRAUN

    P.S. Damals habe ich den Folgen der Fassbinder-Abendserie so entgegengefiebert wie den viel früher und eher seltenen Folgen der abendfüllenden Fernsehserie DIE UNVERBESSERLICHEN. Kindesalter :)

  14. Ursula Mayr:

    Mit der entzückenden Monika Peitsch, gell?

  15. Michael Engelbrecht:

    Sowas von entzückend. (aus der Ferne:))

    Vor zwei Jahren habe ich in meiner Lockdownrobinsonade ihren früheren Rechtsanwalt auf Sylt kennengelernt, der seine eigenen späte Hochzeit vorbereitete. Die Peitsch gehörte zur ersten Sansibarschickeria.

  16. Michael Engelbrecht:

    Auxh dieser Satz aus einer Besprechung zu Licorice Pizza passt ja auch zu Amarcord:

    „Theres a looseness a dreaminess, an illogic to how it all unfolds and meanders that is somehow still incredibly authentic.„

  17. Olaf Westfeld:

    An einem leicht verpeilten Abend konnte ich leider drei Menschen nicht überzeugen, Licorice Pizza zu sehen. Gar nicht mitbekommen, dass der schon für den Bildschirm verfügbar ist, wird bald geguckt (genauso wie der Almodovar).

  18. Michael Engelbrecht:

    Olaf, bluray, dvd, evtl., weiss ich nicht genau, amazon prime zum kaufen oder leihen.

    Bombe!

    Aber auch nicht jederfraus Film.

  19. Jochen:

    Noch ein Serien-Highlight aus der Jugendzeit: Fassbinders Welt am Draht.

    Gottfried John spielte den dunklen Schurken und Klaus Löwitsch fuhr eine Corvette.

  20. Olaf Westfeld:

    Licorice gibt es bei Prime, mal schauen, wann das klappt – nächsten 10 Tage noch reichlich Arbeit & Co, danach aber auch viel Zeit.

  21. Ursula Mayr:

    Das heisst ja Lakritzpizza – iiihhhh….

  22. Michael Engelbrecht:

    Eine Schallplatte sieht ja genauso aus – wie Lakritzpizza. That’s the joke.

  23. Ursula Mayr:

    Fazit nach 60 Min.:
    Eine charmante luftig – leichte Sommerkomödie meistens auch abseits der übrigen Komödienklischees und vor allem ohne die austauschbaren gelackten Protagonisten. Der Hauptdarsteller ist der Sohn von Philipp Seymor Hoffmann.

  24. Ursula Mayr:

    …allerdings mit zweieinviertel Stunden etwas zu lange, da erlahmt das Interesse. Weniger wäre mehr gewesen – nach anderthalb Stunden ein pfiffiger Schluss z.B.

  25. Michael Engelbrecht:

    „Dem einen sein flow, ist der andern ihr Soso.“ Die Zeit flog zu schnell dahin… Von mir aus hätte er er ruhig ein Dreistündler werden können, ich mochte das Episodische und Ausufernde und das herrlich viele Laufen… und die Songs, wie sie den Film miterzählen. „regression im dienste des ichs“: gerne! Aber ist schon weitaus mehr. In the words of Alejandro d. Calvo: „It seems like a small movie and, really, this is giant.“

    Rotten Tomatoes (besser erst nach dem Gucken lesen):
    https://www.rottentomatoes.com/m/licorice_pizza

    ein film, der die innewelten der figuren zauberhaft ins flirren bringt.

    Guter Sound Grosse Leinwand tuen ihr übriges.

    4 von 5 Sternen.

    Zehnmal besser als Effi Briest von RWF😂 – vergleichbar, weil: vielschichtige Frauenfiguren!

    Coming of Age Filme wie dieser, gernegerne, und in der Klasse von Absolute Giganten, American Graffiti, Stand By Me und – Another shining star – y tu mama tambien … yeah!

    Und die Lasterfahrt: eine Szene für die Ewigkeit, also: grosse Kunst⚡️⚡️⚡️

    Was mich aber mehr interessiert, als übereinstimmung oder einspruch: wieso die people von Olaf an einem verpeilten Abend keinen Bock auf den Film hatten…😉

    Huch, wie spät schon.

    Muss morgen früh raus nach Düsseldorf chez Robert um 12.

    Der Letzte macht das Licht aus!

    🌌

  26. Ursula Mayr:

    Ja, Du hast Deine flows, ich auch, nur sind die zeitlich begrenzt. Vielleicht was Neurophysiologisches. Auf jeden Fall ein sehr gekonnter Film. Erinnert auch an Almadovar.

  27. Ursula Mayr:

    Das „Huch, schon so spät“ ist ein schlagendes Argument – erinnere Dich an Deine Klinikzeiten. Bei uns gings um 7.00 Uhr los. In Worten siiiieeeeben…. 💀☠️💩👽💀☠️🥱😴

  28. Olaf Westfeld:

    Die drei Kollegen, mit denen ich an dem Abend unterwegs war, sind eher Freunde gepflegter Eventkino Unterhaltung. So ganz grob: James Bond, Star Wars, Dune, Inception, usw. Ich habe es kurz versucht, mit dem bisschen was ich über Licorice Pizza wusste, Überzeugungsarbeit zu leisten – ist aber nicht gelungen. Nach einigem hin und her haben wir dann erst Hamburger gegessen und dann noch ein Getränk in einer Bar eingenommen – was auch nett war.

  29. Michael Engelbrecht:

    Sehr schön:)

    Da gibts aber auxh herrliche Events in Licorice Pizza🙆🏻🎩😂

    P.S. der wunderwunderwunderbare Film Y TU MAMA TAMBIEN kam mir ao lebhaft in den Sinn nach dem Erlebnis des Films, dass ich eine DVD kaufen wollte. Ist aber, bis auf zu teuer, nicht mehr erhältlich. Wenn den jemand hat!!!😉

  30. Olaf Westfeld:

    Ich glaube, der Film wäre auch gut angekommen, aber ich konnte ihn an dem Abend nicht gut „verkaufen“ – und wir waren zu spontan unterwegs, als dass man Trailer vorher geschaut hätte. Zudem bin ich ja auch immer etwas zögerlich, Filme zu schauen, die ein Schul Setting haben – brauche ja nicht meinen Alltag im Kino zu schauen, too close to homebase. Deswegen auch Der Rausch nicht gesehen.

  31. Ursula Mayr:

    Die Lastwagenszene könnte Kultstatus erreichen, etwa wie die Tanzszene in PULP FICTION

  32. Michael Engelbrecht:

    Oder das Kicker-Spiel in Absolute Giganten.

  33. Olaf Westfeld:

    Die Glasscheibe in Is Was Doc.

  34. Martina Weber:

    Die Videosequenz mit der im Wind tanzenden weißen Plastiktüte, die der crazy Nachbarjunge aus AMERICAN BEAUTY aufgenommen hat und dem Nachbarmädchen zeigt.

    Ich habe die Lakritzpizza heute als DVD von videocity ausgeliehen, der besten Videothek der Stadt. Mich hatte der Trailer überzeugt.

  35. Ursula Mayr:

    Genau, die Plastiktüte! Impacts …

  36. Martina Weber:

    Schön, dass du dich daran erinnerst, Uschi!

    Habe die Licorice Pizza heute gesehen und bin völlig begeistert. Wie einige Erzählstränge einfach ins Leere liefen (es kamen ja auch immer neue Geschäftsideen auf) und Geheimnisse als solche bestehen blieben, zum Beispiel die Bedeutung des Mannes mit der Ziffer „12“ auf dem Shirt vor dem Wahlkampfbüro – ein heimlicher Geliebter des Kandidaten oder einfach nur ein Mann, der, wie er sagt, seinen Blick ja irgendwohin richten muss? Ein Nebenschauplatz. Die Anspannung nicht ausgelebter Gefühle ist enorm. Erstaunt hat mich auch, wie ernst Gary in der Gesellschaft genommen wurde. Die Musikauswahl ist grandios. Und, ja, die LKW-Fahrkünste von Alina sind bewundernswert. Bei ihrem Fahrlehrer würde ich auch gern ein paar Unterrichtsstunden nehmen ;) Auch die zeithistorischen Bezüge wunderbar eingeflochten, die Ölkrise. Und die Frage, woraus Vinyl gemacht ist.

  37. Michael Engelbrecht:

    Zweimal gesehen. Lieblingsfilm, keine Frage.

  38. Martina Weber:

    Ich habe den Film auch gestern nochmal gesehen und bin immer noch hingerissen. Die feinen Verflechtungen. Zum Beispiel kommt in David Bowies Song „Sailors fighting in the dance hall“ (aus der Platte LIFE ON MARS) die Zeile „take a look at the law man, beating up the wrong guy“ vor, was wiederum auf einen Subplot des Films anspielt.

    Erstaunlich auch, dass die Telefontechnik Anfang der 70er schon so weit fortgeschritten war, dass man über einen Telefonapparat jemandem, der telefoniert, Anweisungen geben konnte, wie in der Wasserbett-Kunden-Anwerbeszene.

    Ich hätte mich, gleiches Alter vorausgesetzt, in den kleinen Bruder von Gary verliebt. Wie er auf seinem Bonanzarad rast, wie er Flugblätter verteilt. Wie er auf dem Sofa herumfläzt, so lässig.


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