Es wird langsam Zeit für „meine“ Psychotherapeutinnen. Es lockt, neben der herzlichen Verbindung, die ich zu beiden empfinde, auch die Natur ringsum: die Eifel ist für mich ja fast Naherholungsgebiet. Nach meinem Wiedersehen mit G., die in Daun eine Praxis hat, habe ich erstmal meine hypnotherapeutischen Werkzeugkasten ausgepackt, und gemerkt, dass ich nichts verlernt habe. Einst, früh in den Achtzigern, schwamm ich in jener Gegend in tiefen Maaren, und las ein naturkundliches Werk, um mich mit den Räumen anzufreunden, in dem 1993 zuletzt die Erde heftigst bebte, und mich nachts auf die Erde stürzen liess, schwarzer Himmel, grollende Tiefe.
Und am Chiemsee war ich noch nie, und drei, vier frühsommerliche Tage dort, in einem Gasthaus oder den Gemäuern einer waschechten Psychoanalytikerin – das wäre doch was. Kognitive Verhaltenstherapie vs. Psychoanalyse, da sind alte Fronten längst aufgelöst. Und der Chiemsee verspricht pure Idylle, meditative Tage, und die eine wie andere Überraschung, vielleicht auch ein wenig „nature writing“. Darauf bekam ich jedenfalls Lust, als ich gestern die erste Folge von The Essex Serpent auf apple+ sah. Die Verfilmung eines historischen Romans, der als „Ideenroman“ beschrieben wird, erscheint auf den ersten Blick nicht so verlockend für eine visuelle Umsetzung. Aber wie der Kameramann die Landschaften von Essex zum Mitspieler der Geschichte macht – grandios.
Und ich ahnte ja nichts Sensationelles, als es mir – „Abracadabra“ – dämmerte: „Holla, die Lady kommt mir aber bekannt vor …“ – man kennt das doch, man streift durch fremdeste Gefilde und trifft unverhofft auf ein vertrautes Gesicht – und dann erschien, erst kaum kenntlich in alter englischer Garderobe, die wunderbare Claire Danes als gar nicht lang trauernde Witwe, ja, die Claire Danes aus Homeland, und ich war völlig überrascht, sie in den weiten Küstenzonen von Essex anzutreffen. In der Serie ist ihre Freude an der Naturkunde ein treibendes Element, in einer Zeit, in der Wissenschaft, Religion, Aberglaube, Sozialismus, aufeinanderprallen. So wie mir es mit der Protagonistin von Homeland erging, so staunte auch Jochen einst nicht schlecht, als, mitten in der vierten Staffel von Lost, Harry Bosch aus dem Gebüsch auftauchte.