Seit ein paar Tagen hängen große Fotografien in meinem Ort. Zunächst irritierte mich die Nähe der augenscheinlichen Antikriegsbilder zum Karneval. Ich erkannte unter der Schminke locals, Freunde des Künstlers. Als ich Dorfbewohner nach ihrem Eindruck fragte, sagten sie, ihr Alexis W sei ein großer Fotograf, aber die Fotos gefielen ihnen nicht, da seien sie ja nicht drauf. Ich fragte auch ein paar Aussteiger. Der Eine sagte, die Fotos seien ihm gar nicht aufgefallen, ein Anderer meinte, der eine Clown sei wohl Merkel. Ich denke, jede Kultur drückt die Eigenheiten ihres Landes anders aus. Hier auf Hierro hängt keine einzige ukrainische Fahne. In Neapel hingen überall große Transparente und Fahnen mit den ukrainischen Nationalfarben. Vollkommen sichtbar, auf welcher Seite die Neapolitaner stehen. Hier ist der Krieg kein öffentliches Thema. Deswegen finde ich es gut, dass der Künstler die großen Fototücher aufhängen ließ. Yoko Ono hat vor vielen Jahren ein Imagine Peace Tower bei Reykjavik aufstellen lassen. Er leuchtet John Lennon zu Ehren jeweils von Oktober bis Dezember. In 24 Sprachen steht „Imagine Peace“ darauf. Die deutsche Übersetzung lautet: Stell dir vor, es ist Frieden. Mein Eindruck von hier aus ist, dass in Deutschland hauptsächlich über Waffenlieferungen und Aufrüstung diskutiert wird. Ist unser früherer Demoruf „Frieden schaffen ohne Waffen!“ in eine gefährliche, bequeme Haltung gelangt: Frieden schaffen mit Waffen? Waren die bed-ins, das stop war – you can do it, Johns Songs „Imagine“ und „Give Peace a Chance“ nur Träumereien? Für mich nicht. Ich bin über die Antikriegsbilder hier auf Hierro sehr froh.