Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2022 19 Apr.

Summertime

von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | Tags: , , , , | 15 Comments

 

Mit 15 oder 16 Jahren sah ich einen Film von David Lean, der mich seltsam ergriff. Erinnern kann ich mich an kaum etwas ausserhalb langer ruhiger Kamerabewegungen, weite britannische Landschaften, und dass es auch eine Liebesgeschichte war. Aber die „impacts“, die sind in meiner Erinnerungen nicht an einzelne Szenen gebunden, sondern allein an das Fliessen der Bilder und Emotionen. Ich glaube, mich zu erinnern,  dass David Lean im guten Sinne „old school“ war. Ich möchte „Ryans Tochter“ ausfindig machen und eine kleine Meditation dazu schreiben. Das Wort „Meditation“ scheint hier seltsam zu sein, und doch ging mir in den letzen Tagen genau diese Wendung durch den Kopf, „filmische Meditationen zu schreiben“. Vielleicht im Nachgang  meines Home-Cinema-Trips „Daughters Of Darkness“, einem Horrorfilm aus dem Jahr 1971. Von Harry Kümel. Er spielt in Ostende, in Gent, und an Gent kamen wir  vorhin vorbei, auf dem Weg an die Küste (für den kleinen Milu eine Abenteuerreise – „endlich wieder Meer!“ – wir rannten über eine Düne, um die dunkelrote Kugel noch in letzten Zügen untergehen zu sehen). Und wo war ich 1971, als dieser bizarre Film gedreht wurde – ich weiss es ziemlich genau, und das würde in den Text einfliessen. Die dritte Meditation möchte ich einem Film widmen, von dem ich annehme, dass ich ihn nie gesehen habe, und welcher demnächst bei „criterion“ mit einigen Extras neu aufgelegt wird, wiederum ein Film von David Lean aus alter Zeit. Wie ich lese, geht es „in dieser bittersüßen Geschichte über romantische Sehnsucht“ um ein Werk, für das David Lean 1955 „die britische Tonbühne hinter sich liess, um die sonnenüberflutete Pracht Venedigs auf dem Höhepunkt des Sommers in strahlendem Technicolor einzufangen.“ Gut zwei Jahrzehnte, nachdem „Summertime“ (mit   Catherine Hepburn und Rossano Brazzi) in die Kinos kam, war ich selber auf einer Verlobungsreise, in die „sinkende Stadt“. Venedig zeigte da eine sehr schaurige Seite, voller Tauben, Strauchdiebe und Giftschilder. Aus allem Technicolor meiner Fantasie wurden fahle, fahle Farben.

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15 Comments

  1. Michael Engelbrecht:

    EXTRAS:

    New 4K digital restoration, with uncompressed monaural soundtrack on the Blu-ray
    New interview with film historian Melanie Williams
    Interview with director David Lean from 1963
    Audio excerpts of a 1988 interview with cinematographer Jack Hildyard
    Trailer
    English subtitles for the deaf and hard of hearing
    PLUS: An essay by film critic Stephanie Zacharek
    New cover by Lauren Tamaki

  2. Ursula Mayr:

    Aha, verlaufsorientiert – atmosphärische Impacts – bei mir sind sie immer visuell. Die Musik krieg ich gar nicht mit – dafür wirkt sie vermutlich umso stärker.

    In unserer Filmgruppe hatten wir einen Filmmusiker, der gerade in N.Y. promoviert über die Musik von psychisch Kranken und wie man diese Innenwelten in Filmen musikalisch darstellen kann. Bisher ist die Filmmusik da sehr einfallslos, meistens wird sie dargestellt durch unangenehme, entweder sehr hohe oder sehr tiefe Misstöne. Auf jeden Fall „miss“. Nicht sehr kreativ.

  3. Michael Engelbrecht:

    Die Musik von psychisch Kranken – ein weites Feld, das man wohl erstmal diagnostisch unetrteilen muss.

    Es gibt ja auch die psychisch Kranken, deren Musik oder Musikproduktionen sehr bekannt wurde. Man denke an die Tage, die Phil Spector (psychotische Verhaltensmuster) mit Leonard Cohen im Studio verbrachte, wärhend der Arbeit „Death of A Ladies‘ Gentleman“ verbrachte. Nicht ganz u gefährlich für Lenny:)

    Aber wenn diese psychisch Kranken also selbst Musik machen, dann wird diese entweder durchaus interessant sein oder chaotisch, auf jeden Fall diagnostische Valenz haben. Es scheint sich also um Dokumentarfilme zu halten. Dann noch einen Soundtrack zu entwickeln, um die Innenwelt zu veräusserlichen (wenn schon Sounds da sind) erscheint mir zuviel des Guten… a challenge at least.

    Du bekommst ja nächste Woche meine Lieblingsfilm aus der Kategorie „lesbian vampyre movies“ – besser schon mal Knoblauch an die Wand hängen!

  4. Michael Engelbrecht:

    Ah, Entdeckung zum manafonistischen Parallelkino: wahrscheinlich wird sich diese full movie Fassung von David Leans SUMMERTIME nicht mehr so lange auf Youtube halten, da für JULI die criterion-Edition ansteht.

    Ich werde mir daheim die youtube-Fassung ansehen. Und beizeiten meine „Meditation“ dazu schreiben – oder ist jemand anders schneller?

    https://www.youtube.com/watch?v=nDH-B_xWyLA

  5. Martina Weber:

    @ Ursula: Du hast eine Filmgruppe, wie wundervoll! Ich hatte auch mal eine Filmgruppe, ist schon neun Jahre her, die ist dann aber auseinandergebrochen, aus verschiedenen Gründen. Ich hatte damals Kurzfilme aus Vorfilme beigesteuert. Wir hatten den Film, den wir gemeinsam gesehen und über den wir später diskutiert haben, erst an dem Abend selbst ausgewählt. Das fand ich ungeschickt. Letztlich waren die Geschmäcker auch sehr verschieden und die Auswahl hatte kein Zentrum. Wie macht ihr das denn in eurer Filmgruppe?

  6. Ursula Mayr:

    Das ist eine Arbeitsgruppe an unserem Analytischen Institut „Film und Psychoanalyse“, lauter Kollegen, es stossen aber auch andere Berufsbilder dazu. Existiert seit 2005, Treffen alle 6 Wochen; derzeit online, sonst Präsenz. Wir machen workshops, Vorträge, eine Lange Nacht pro Jahr (heuer La mala educacion), akkreditiert von der Psychotherapeuten- und Ärztekammer als Weiterbildungsveranstaltung.
    Ablauf etwa wie eine Balintgruppe – wie gehts mir mit dem Film …Gefühle, Körperreaktionen, Übertragungen, Identifikationen …
    Wenn Du am 1.5. abends Zeit hast und wir online arbeiten, kannst Du Dich als Gast einklinken.

  7. Ursula Mayr:

    Der Zusammenhaltfaktor ist bei uns, dass jeder einen Film vorstellt, der NICHT gut oder künstlerisch wertvoll sein muss – wir hatten schon Heimatfilme, Trickfilme, Pornos usw – man lernt immer was wenn man Rezipientenanalyse betreibt. D.h. Geschmacksfragen stellen sich nicht, daher auch keine Enttäuschungen.

  8. Martina Weber:

    Interessantes Verfahren, die Rezipientenanalyse und nach Balint (Balint kenne ich nur vom Namen, habe gerade recherchiert.) Diese Art von Umgang ist mir erstmal fremd. Ich bin ganz offensichtlich keine Psychologin ;) Deshalb empfinde ich es als ungeschützt. Und genau das soll es ja sein.

    La mala education von Almodóvar habe ich erst vor ein paar Monaten gesehen. Habe ich hier als „Bad Education“. Hätte fast schon ein kurzes Posting darüber gemacht.

    Vielen Dank für das Angebot, am 1.5. als Gast dabei zu sein, wenn es online stattfindet! Steht schon fest, welcher Film gesehen wird? Müsste ich eine Software herunterladen oder geht das unkompliziert?

  9. Ursula Mayr:

    Ich stelle nächstes mal „Cruising“ vor, da poste ich hier noch was dazu. Du bekämst einen link, den musst Du nur öffnen, da wird dann der Film abgespielt und danach Diskussion mit unseren Charakterköpfen. Kann aber auch sein, dass sich die lieben Kollegen für Präsenz entscheiden, das wird Dir dann zu weit sein nach München. Oder wir machen Hybrid, wenn unser Techniker das schafft.

  10. Michael Engelbrecht:

    „Die Rückkehr des Verdrängten“ ist eine Besprechund von William Friedkins CRUISING betitelt, und das schreit ja förmlich nach eurer Filmgruppe. Habe den Film sicher mal gesehen, ist mir aber nicht präsent (wahrscheinlich verdrängt:)) – würde auch folgenden Text nicht lesen, BEVOR ich den Film nicht naiv neu oder wiedererlebe. Rezensionen, die man vorher liest, gängeln zu leicht eigene Wahrnehmungen.

    https://www.indiewire.com/2007/09/review-return-of-the-repressed-william-friedkins-cruising-73971/

  11. Michael Engelbrecht:

    Kurz zurück zum Hauptthema, David Leans Film aus dem Jahre 1955.

    Habe nicht warten können, und hier zwischen Meer und Kibbeling SUMMERTIME geguckt, auf youtube. Bei den comments dort wird mitgeteilt, dass seltsamerweise anderthalb wichtige Minuten fehlen, die von einer Kinofreundin dann nacherzählt werden. Auf vielerlei Weise sehr sehens- und bedenkenswert. Looking with innocent eyes. Heisst: einfach schauen. Kleine Suggestion: auf Farben und Musik achten, hier und da.

  12. Martina Weber:

    Prima, Ursula, das wäre unkompliziert. Ich habe jetzt auch nur zwei Sätze über den Film gelesen, damit ich wenigstens das Thema weiß und von wann der Film ist. Dann schauen wir mal, ob die Veranstaltung überhaupt online stattfindet. Wir haben ja unsere Mailadressen. Dann lass uns vorher mailen, ob es klappt.

  13. Ursula Mayr:

    Ich hab keine mailadressen. Müsstest Du mir schicken.

  14. Martina Weber:

    Mach ich.

  15. Michael Engelbrecht:

    Summertime ist ein wunderbarer Film, by the way. Ich empfehle einen Abend mit youtube und Katherine Hepburn.


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