„It’s a basic truth of the human condition that everybody lies, the only variable is about what!“
(Hugh Laurie alias Dr House)
Noch aber suchen die Kriegsparteien den militärischen Vorteil. Und das treibt mich im Alltag um: Was die Deutschen sich wünschen, mag für den Krieg nicht wichtig sein. Für meine Nerven ist es das aber. Und wollen denn meine Mitmenschen wirklich, dass das Schießen jetzt aufhört? Wenn ich höre, wie man redet, wenn ich die Zeitungen sehe, bekomme ich ein anderes Gefühl: Der Krieg soll „gewonnen“ werden. Irgendwie auch von den Deutschen, endlich einmal – koste es fast, was es wolle.
Die Gefühlslage und intime Innenansicht einer Ukrainerin, seit langem in Deutschland lebend, ihre Heimat betreffend, berührt mich und bestätigt meine Skepsis. Es muss widerlich sein, wenn dich Fremde plötzlich über dein Land aufklären wollen. Man wäre auch weiterhin gut beraten, den „schmalen Grad des Weder-Noch“ (Sloterdijk) nicht zu verlassen und medialen Eindeutigkeiten nicht auf den Leim zu gehen: kein Krieg kann „gewonnen“ werden. Aus diesem Grunde auch sind mir die Amerikaner zutiefst suspekt mit ihrer verlogenen Heilsbringer-Mentalität, dabei haben sie sich nicht erst seit Afghanistan als Looser disqualifiziert, denen aus jedem zweiten Satz die Lüge trieft – bei Putin tut sie’s allerdings aus jedem ersten. Man glaube auch nicht, wenn der böse Onkel erst tot sei, folge hernach gleich ein guter. In den hiesigen Talkshows wird Besonnenheit als Schwäche angeprangert und ZDF-Chefkläffer Markus Lanz läuft zu Hochform auf. Und Andreji Melnyk, der stets in feinstem Edelzwirn gestylte Diplomaten-Frechdachs, sollte seinen Mund nicht so voll nehmen: die Ukraine ist und war weit davon entfernt, eine stabile Demokratie zu sein. Aber schaut man in das erzkatholisch-schwulenfeindliche Polen, nach Ungarn (Putin-Freund Orban), Frankreich (Putin-Freundin le Pen) oder zu den kommenden Wahlen in den Staaten, da denkt man gern mal an Asterix und ein kleines gallisches Dorf zurück, mit Windkraft zwar betrieben, aber umzingelt von lauter Römern. Wenn allerdings der gute Gregor Gysi immer noch Putins Verbrechen notorisch sogleich relativiert, würde ich ihm raten, im richtigen Moment auch einfach mal die Klappe zu halten! Aschfahl sitzt er nun in diesen Tagen am Katzentisch der Geschichte, bestürzt ob seines eingestürzten Weltbildes.