Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2021 7 Dez.

Donnerwetter mit Manzanera

von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | 2 Comments

Ich stiess auf Blitz und Donner, als ich vor Wochen und Wochen „Possible Musics“ hörte, von Jon Hassell und Brian Eno. Das war auf meiner vorletzten Sylt-Reise, und ich habe immer noch nicht die gefühlten 25 Seiten meiner Kurzgeschichte von der Nachtwanderung am Morsumer Kliff heschrieben und hier aufgeblättert: ich war so dick eingemummelt, an meinem privaten „Power Spot“ am Nachtmeer, dass weder der Regen von oben noch der leise Donner aus dem sonos speaker mich frösteln liessen – und ja,  meine Damen und Herren, Gänsehaut und Schauer der wohligsten Sorte erfüllten mich.

Und so erinnerte ich mich neulich, als das unglaubliche Album „Life Metal“ von „Sunno)))“ in meiner elektrischen Höhle ertönte, an jenen Donner, der heftig losknallte, als ich einmal bei Herrn Gregor in der Stube sass, und ihm eine lange Seite von einem anderen Album der „Spezialisten für Drone und Bordunpsychedelik“ vorspielte. Kam der Donner von draussen, oder von der Schallplatte? Nun, ich glaube, er mischte sich von draussen in die Musik hinein, ein Geschenk des Augenblicks, während eines Tracks, bei dem übrigens an anderer Stelle, wie aus dem Nichts, der Posaunist Julian Priester ins Horn blies – „Monoliths and Dimensions“ ist so kühn wie Julian Priesters „Love, Love“ (ECM) – beide Alben schulen unser Gespür für riesige Weite.

Und nicht von ungefähr könnte man ein kleines Buch schreiben über „Donnertöne in der Musik“ – was kommt euch da in den Sinn: vielleicht diese eine Platte aus einem Projekt von Herrn Parsons, auf der er sich an eine Kurzgeschichte  von Edgar Allan Poe ranmacht, oder rare  „field recordings“, oder eben „Chemistry“ von Jon Hassell. So ein Donner kann natürlich leicht zu billigem Effekt werden, und will klug platziert sein, um nicht rasch an Wirkung einzubüssen. In meiner Erinnerung ist diese Alan Parsons-Scheibe zu sehr auf Show getrimmt, aber egal (der Produzent hat mal ein allerfeinstes psychedelisches Frühstück serviert, auf der Pink Floyd-Platte mit der Kuh auf dem Cover).

 

 

 

Unvergesslich ist der Donner, der sich, daheim oder in der Ferne, dem Hören einer Musik beimischt, als unverhoffter Gast, als „Live-Remix“. Unser Leben ist sowieso voller Donnerwetter-Momente, in denen realer Blitz und Donner ins Spiel kommen. Ich war einmal bei Herrn Manzanera zuhause, und wir sprachen über ein damals kurz vor der Veröffentlichung stehendes Album, „6pm“, ein Werk voller Vibrationen und  Geister der Siebziger Jahre,  und mit einem Mal krachte es am Himmel, und Manzaneras Geschichte über einen Song,  der von einem „Power Spot“ im Süden Englands handelt (siehe Foto), wurde bereichert durch ein Londoner Donnerwetter, das ich später nur zu gerne den Hörern meiner Nachtsendung  servierte – Phils Story, der Donner, der Regen, ein besonderer Interview-Augenblick.

Da möchte ich doch sofort dieses Album raussuchen und spielen, das, nüchtern betrachtet, wohl recht altmodisch ist, nicht umwerfend, aber doch seine Momente hat, und seine Geschichten. (Und mit diesem Hintergrund im Kopf möchte ich „6pm“ nun unbedingt hören, später, nach dem Abendessen, hier im „Jammertal-Resort“. Vielleicht geiwnnt es jetzt noch einem Extra-Zauber hinzu.)

Ganz dunkel erinnere ich mich, wie mir Herr Manzanera erzählte, sein alter Freund Robert habe ihm während der „recording sessions“ mal gesagt,  in fröhlicher Runde spät abends, dieses Album würde, unter der Oberfläche, von Freundschaft handeln. Herr Wyatt mochte das Studio sowieso,  das ihm Phil mehrfach für Äpfel und Birnen überliess, für die Arbeit an „Shleep“ oder „Cuckooland“. Da kamen dann Brian Eno vorbei, Herr Gilmour, und einmal auch der unermüdliche Herr Weller. Von einem grossen Fenster aus hatte Robert  einen freien Blick auf einen kleinen Bahnhof, und diesen Blick liebte er ganz besonders. Obwohl das alles eine Zeit betrifft, lange nach dem Ende der Dampflokomotiven, fällt mir just ein Klassiker aus dem Genre der „field recordings“ ein: „Trains In The Night“.

This entry was posted on Dienstag, 7. Dezember 2021 and is filed under "Blog". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. Both comments and pings are currently closed.

2 Comments

  1. Jochen:

    Donnersounds in der Musik – David Sylvians „Alphabet Angels“ kommt mir spontan in den Sinn. Ich schätze mal vorsichtig, auch bei Wolfgang Rihm wäre jede Menge Unwetter zu finden, explosive Plötzlichkeiten, so to speak. Bin da aber kein Kenner der Materie.

  2. Michael Engelbrecht:

    Das Stück war mir entfallen, Donner findet sich, glaube ich, auch auf der berühmtesten Platte vo Jean Michel Jarre, inmitten eines Walzerrhythmusses, auf Equinox.


Manafonistas | Impressum | Kontakt | Datenschutz