7.30 Uhr. Wir sind zweistellig. Ich habe eine Wellensteyn-Jacke an, die mich wärmt wie ein Kamin. Bernd, der Freund von Susanne, hatte zwei Sonos Speaker mitgebracht. Die BluTooth-Variante einer Performance am Meer. Höchste Düne, Max Frischs Naturmediationen ganz in der Nähe, in Kupfer graviert. Es beginnt mit einer Begrüssung und dem Herumreichen von heissem Tee mit Zitrone. Alle geimpft, die Hälfte geboostert, alle getestet.
Herzliche Umarmungen mit den Mädels von dem Harmonia-Cluster-Weekend in Forst, ist auch schon Jahre her. Leider kein Manafonist dabei. Das „C-60-Tape“ (die playlist vom Ipad) beginnt mit dem Stück „Nimbus“, aus Ralph Towners ECM-Platte „Solstice“. Und meiner Story dazu. „Once upon a time in Wangerrooge, I heard a radio show with Michael Naura. With Elke Marie tom Dieck, hand in hand, and a transistor radio on our way to the shore, the rain came tumbling down and suddenly, „Nimbus“ was in the air. Goose skin minutes. First encounter. We listened and looked to the clouds.“ Hier, im Morgendunkel, schauten wir auch zu den Wolken, die Blicke kamen nicht weit, am Fernrohr machte sich niemand zu schaffen. Und dann der Rest des Mix-Tapes von Todd Barton bis Alison Krauss (siehe unten), und ein paar Stories, über die Fantasiesprache von Ursula K. Le Guin, und akustische Halluzinationen mit „Discreet Music“. Susanne liest zwei kleine Texte von Richard Brautigan.
Und noch ein Zeitsprung. Zwei Morgen zuvor. Flashback und Flashforward. 5.40 Uhr in der Nacht, men kleines Sendestudio im Kölner Funkhaus, der Pressespiegel ist vorüber, ich trinke einen Schluck grünen Tee, und auf geht‘s zu den letzten zwanzig Minuten. Das spielt man automatisch in der Fantasie durch, immer auf einem Zettel, die Sequenz der letzten Tracks. Bis vor zwei Tagen sah das so aus:
Ursula K. Le Guin & Todd Barton: Music and Poetry from The Kesh (1985) / Brian Eno: Discreet Music (from: Discreet Music, 1975) / talking ten / Brian Eno: Discreet Music (cont. & fade out) / Robert Plant & Alison Krauss: Quattro (World Drifts In) (Raise The Roof, 2021)
Aber dann lag ich nachts wach, das Kopfkino arbeitete. Ich dachte über die letzte Moderation nach, das Farewell, und in Minuten ordneten sich die Tracks neu, andere verschwanden, wieder andere tauchten aus dem Halbbewussten auf. Man könnte ja auch eine Nacht lang lauter letzte Songs spielen, eine Ladung Jukeboxmusik. Das Album von Robert Plant und Alison Krauss ist meine unsichtbare Nummer 21.
Aber leider hat die Hörnumer Kneiper dicht gemacht, und allein S. bringt mich auf Ideen, wenn er abends am Bösendorfer (wieviele Bösendorfer gibt es wohl auf der Insel?) sitzt, und „Misty“ spielt, mit ein paar Verzierungen a la Errol Garner. Und so ist nun der Job erledigt, die letzten Stücke ganz andere, und wenn ich auf die Jahresrückblicke der Manafonisten schaue – allein Jan aus Pittsburgh hat mit Sicherheit jenes letzte Lied schon gehört in diesem Jahr – „the last cut is the deepest“. See you on December 18.
Aber heute ist Nikolaus, und wir sind alle in der Brederuper Heide verabredet, um 14 Uhr. Auf zur Kupferkanne. Love and peace!