Manafonistas

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Archives: November 2021

2021 24 Nov

Photo with two cats

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photo by Steve Tibbetts

in dear memory of Michael Naura

2021 24 Nov

My jazz albums 2021

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  1. Floating Points w/ Pharoah Sanders and LSO: Promises
  2. Portico Quartet: Terrain
  3. Pinon Palladino and Blake Mills: Notes with Attachments
  4. Nik Bärtsch: Entendre
  5. Marc Johnson: Overpass
  6. Anthony Joseph: The Rich Are Only Defeated When…
  7. Trio Tapestry: Garden of Expression*
  8. Sons of Kemet: Black To The Future** 
  9. Thomas Strønen: Bayou
  10. Eivind Aarset: Phantasmagoria
  11. Natural Information Society w/ Evan Parker: Descent
  12. Andrew Cyrille Quartet: The News
  13. Shai Maestro: Human
  14. Carrothers / Courtois: Firebirds
  15. Christian Walllumrod: Speaksome
  16. Masabumi Kikuchi: Hanamichi – The Final Studio Recording
  17. Kari Ikonen: Impressions, Improvisations, and Compositions

 

The News: das nächste Jahr einige Sendungen und Beiträge für die Jazzredaktion machen, immer wieder gerne die JazzFacts, aber eben ohne die Nächte. Der Fokus richtet sich auf die Welt der improvisierten Musik, und dies hier sind meine Highlights des Jahres, mhmm, vier Solopianoalben dabei, interessant. Am 30.12. stellen Odilo Clausnitzer, Karsten Mützelfeld und ich in den JazzFacts um 21.05 Uhr im DLF unsere Favoriten vor. Meine ersten JazzFacts anno 2022 gibt es am 3. Februar. In einem Beitrag wird es um ein Trio-Album gehen – mit Kid Downes, Petter Eldh und James Maddren.

 

*Garden of Expression: Trio Tapestry‘s sense of melody, space and letting-go is immaculate. I will always remember their first record, one of the jazz miracles of 2019. For me, it was the best album Joe Lovano ever made, with Manfred Eicher’s perfect sequencing of the tracks. Listen to the vinyl: suspense, sound and silence in perfect union.

It is quite natural that this follow-up lives up to the high standard of the first meeting in New York. Now with a deeper touch of Provence pastel and colours at dusk. You can think of every jazz writing cliche of praise, from „filigree“ to „elemental“, and be sure that Lovano, Crispell and Castaldi are breathing new life into it. After the first three pieces of pure baladry (written by soul, not by the book), the appearances of sound take more and more adventurous side steps, from moments of pianistic unrest and upheaval, to an exploration of metal and sound in Castaldi‘s drum figures.

A zen-like purity‘s bold pairing with an adventurous spirit. The record delivers everything with grace, selflessness and the most nuanced sense of tempo, time standing still and a flow of undercurrents. If this sounds slightly over the top, let the music take over, dim the lights and follow the tapestries!“ (M.E.)

 

**“I’ve not been listening to albums specifically from this year. I even forgot that Pino Palladino/Blake Mills’s Notes With Attachments came out in 2021. It’s a great album in terms of compositional form. Musically it’s very different, but it reminds me of the place I was in when I started to put together Sons Of Kemet’s Black To The Future. I love its warm, organic atmosphere. Madlib’s Sound Ancestors contains one of my favourite tunes of recent memory – Road Of The Lonely Ones.I’ve listened to that more times than I’d like to admit. The album is such a deep work, I can tell it’ll keep growing on me.“ (Shabaka Hutchings, Sons of Kemet)

2021 23 Nov

My eight re-discoveries 2021

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Older records, cherished once, lost later, now re-discovered, eight albums that have lost nothing of their magic spells. No ranking here.

 

Rickie Lee Jones: PopPop**

Human Arts Ensemble: Under The Sun

David Bowie: Scary Monsters

Edward Vesala: Nan Madol

Egberto Gismonti: Danca dos Escravos

The Residents: Eskimo

Lewis: L‘amour

Charles Mingus: Mingus Mingus Mingus Mingus Mingus*

 

*„At times  this  Mingus album reminds me of Zappa’s Grand Wazoo / Wakajawaalbums from the early 1970s — a bigger band music that isn’t afraid to dance naked precariously on the edge of going off the rails.  The result is stunning, kind of like if one of Ellington’s bands from the 1940s were given several big pots of coffee and deposited in a church, performing hair raising improvisation of evangelical proportions.“ (Mark Smotroff)

 

**“I was living a life enchanted by impossible connections, narrow escapes, and the perfect timing of curiously strong coincidence,” writes RLJ of her sudden ascent from Tom Waits hanger-on to global sensation with 1979 radio staple “Chuck E’s In Love”. Her drive-it-like-youstole-it memoir, „Last Chance Texaco“, eases around the jagged curves of her life with a pleasing bemusement and a stylish tilt of the beret.“

2021 23 Nov

Rock and Roll Explorer Guide

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Mike Katz und Crispin Kott haben bislang zwei Bände vorgelegt, ob eine Reihe daraus werden soll — wer weiß. Beide Bände im Paperbackformat sind der Versuch, die Musikszene einer Stadt so aufzudröseln, dass Besucher sich einen Plan besuchenswerter Orte zusammenstellen können. In beiden Bänden steckt eine bemerkenswerte Recherchearbeit; die Aufmachung ist identisch. Die Adressen nicht mehr existierender Gebäude sind meist mit einem durchgestrichenen Kreis gekennzeichnet, was aber nicht immer der Fall ist — in Amerika ist man im Abreißen ziemlich mitleidlos. Beide Bände besitzen Indexe, die leider nicht immer ganz korrekt sind. Die Bücher sind, wohl um den Umfang möglichst gering zu halten, aus einer kleinen, komprimierten serifenlosen Schrift gesetzt, was für einen alten weißen Mann das Lesen leider recht anstrengend macht.

 

 

Der erste Band, erschienen 2018, ist New York City gewidmet. Die Grundidee ist, die Stadt stadtteilweise nach Musikclubs, Kneipen, Konzerthallen, Plattenläden, Studios und gegebenenfalls auch früheren Wohnorten prominenter Rockmusiker abzugrasen, stets mit der genauen Adresse und vielfach mit Fotos dokumentiert. Dazwischen werden die Karrieren wichtiger Bands aus den jeweiligen Stadtteilen in Einzelkapiteln vorgestellt und aufgelistet, wo sie irgendwann mal aufgetreten sind, in welchen Studios sie welche Platten aufgenommen haben und was aus ihnen geworden ist.

So einleuchtend das klingt, der Haken dieser Vorgehensweise fällt schnell ins Auge: Es gibt eine Unzahl von Venues in New York, und fast alle Acts haben im Laufe ihrer Karriere in etlichen davon gespielt. Deswegen tauchen schon nach kurzer Zeit bei jeder Band immer wieder dieselben Veranstaltungsorte und dieselben Adressen auf. Das ermüdet ein wenig. Zum Durchlesen sind die Stadtteilkapitel deswegen eher nicht geeignet; sinnvoller ist es, anhand des Inhaltsverzeichnisses oder des Indexes bestimmten Bands oder Namen durch das Buch zu folgen. Dass die Auswahl der Namen angesichts der Unzahl von Bands begrenzt und subjektiv sein muss, versteht sich von selbst. Manchmal wundert man sich über die ungleiche Länge der Kapitel; die Velvet Underground etwa werden auf sechs Seiten bedient, wie auch die ur-New Yorker Talking Heads, die Beatles sogar nur auf fünf, Simon & Garfunkel erhalten immerhin neun — wobei zuzugeben ist, dass deren Karriere um einiges nicht nur länger, sondern auch kurvenreicher verlief. Literarische Ansprüche darf man nicht stellen, aber darum geht es auch nicht.

Wer sich mit Hilfe dieses Buches durch New York City bewegt, kann beispielsweise die Häuserzeile entdecken, die auf dem Cover von Led Zeppelins Physical Graffiti zu sehen ist (96-98 St. Marks Pl) und mit Erstaunen feststellen, dass die Häuser in Wahrheit ein Stockwerk mehr besitzen als auf dem Foto. Oder man steht vor dem handtuchschmalen Gebäude einer Bankfiliale (105 2nd Ave) und wird von der Erkenntnis getroffen, dass dies einmal das legendäre Fillmore East war.

 

 

San Francisco und die Bay Area sind der Gegenstand des zweiten Bandes, erschienen 2021. Aufmachung und Aufbau sind identisch mit dem New-York-Band, aber weil San Francisco deutlich kleiner als New York ist und die Club- und Kneipendichte sehr viel niedriger ist, wird hier weniger auf die Stadtteile geschaut, sondern auf Bands. Und klar, dass der Schwerpunkt hier auf den Grateful Dead, Janis Joplin und Big Brother & The Holding Company sowie Jefferson Airplane/Starship liegt, in zweiter Reihe stehen Santana, Creedence Clearwater Revival, Quicksilver Messenger Service. Paul Kantners zweites Wohnzimmer immerhin kann man noch besuchen (Caffe Trieste, 601 Vallejo St, aber diese Adresse wusste der Fan natürlich auch schon vorher). Auch der Veranstalter Bill Graham hat ein eigenes Kapitel. Da im Gegensatz zu New York der musikalische Ruhm San Franciscos heute ein wenig verwittert ist, hält sich das Buch stärker an die selige Hippievergangenheit, was zur Folge hat, dass viele der erwähnten Clubs und Konzerthallen nicht mehr existieren. Der Winterland Ballroom etwa ist längst abgerissen, wer sich also zur Adresse 2000 Post St begibt, findet dort heute nur ziemlich einfallslose Apartmenthäuser vor. Der Carousel Ballroom, aus dem das Fillmore West wurde (10 South Van Ness Ave), beherbergte später einen Autohändler, der immerhin wusste, dass er auf musikhistorischem Grund residierte und im Hinterzimmer eine Art Fillmore-Museum betrieb. Aber auch der ist weg, heute steht dort ein neutrales Geschäftsgebäude mit einem Café. Oh Nostalgia …

Wer also eine Musikreise plant (und sei es nur im Kopf oder per Streetview): Dies ist empfehlenswerte Lektüre.

 

Sunn O))) haben auch eine wunderbare Platte mit Scott Walker gemacht, zum Beispiel. Die natürlich nicht jeder wunderbar findet. Ihre Besessenheit für Lautstärke ist bekannt, ihre Maxime lautet „Maximale Lautstärke bringt maximale Ergebnisse“. So ein Satz ist natürlich grosser Quatsch, wenn man ihn ausserhalb dieses grossartigen Duos platziert, aber bei einem Meisterstück wie „Life Metal“ macht er Sinn.

Einige Manafonisten haben in ihren Jahresrückblicken eine Rubrik kreiert, die „Wiederentdeckt“ lautet. Beim Stöbern im Archiv für meine Radionacht im Dezember habe ich nun diese gar nicht so alte Platte auch irgendwie wiederentdeckt, sie berauscht mich, sie beglückt mich, ich kann sie gar nicht genug preisen. Leider scheint sich kein passender Ort für sie in meinen fünf Nachtwachen zu finden, schade! Steve Albini produziert gerne laute Bands, und hier, auf diesem Opus magnum, enthüllt die Lautstärke feinste Nuancen, Ablagerungen, Feinheiten.

Die  vier Stücke von „Life Metal“ eignen sich am besten dazu, einen Raum zu erobern, einen Ort zu füllen, der so massiv ist wie der Klang selbst. Alles vibriert. In einer Zeit, in der wir so viele Medien in einem scheinbar mikroskopischen Maßstab erleben, von Ohrstöpseln bis zu Smartphone-Bildschirmen, nimmt „Life Metal“ einen großen Raum ein, in dem wahnwitzge Klangwellen, die tatsächliche Decken zum Einstürzen bringen, irgendwie zu einer erholsamen Hörerfahrung werden. Wellness der anderen Art!

Je nachdem, was man braucht, ist „Life Metal“ bei maximaler Lautstärke ein Schutzschild oder ein Umhang, eine zeitgemäße Übung, um sich entweder von der Außenwelt zurückzuziehen, oder ihr, ohne mit der Wimper zu zucken,  die Stirn zu bieten. Das Album gehört zu meiner Kampf- und „Resilienz“-Ausrüstung. Das mag „over the top“ klingen, ist aber mein heidnischer Ernst. Macht mich seelenruhig und zugleich euphorisch, schüttet Serotonine aus. Und, Überraschung, all das funktioniert auch auf guten Kopfhörern!

Eine opulente Box kam aus dem Hause Discipline Global Mobile, dank dafür an Robert Fripp. Lag eine Weile beim Zoll, kam nun an. Eine Unmenge Cds, die Basis bildet die Trilogie des Quartetts, „Discipline“, „Beat“, „Three of a Perfect Pair“. Ich fiel aus einigen Wolken, als ich im umfangreichen Begleitbuch (und einem beigefügten link) Fotos von dem Nürnberger Konzert vor 30000 fand, von dem damaligen King Crimson Quartet – Bühnenfotos, Schnappschüsse aufs Publikum, und auf einem Foto bin ich, fast eine Nahaufnahme, und ich bin nicht allein. Ich kam mir vor wie in der berühmten Szene von „Blow Up“ – nur dass ich nicht die Spuren eines Mordes aufdeckte, sondern die einer grossen Liebe. Ein kleiner Schock.

 

 

Michael: ich war glücklich mit dem Album, Mark, als die Platte mit dem herrlich blauen Cover und der rosaroten Herznote rauskam, Songs wie  „Two Hands“ und „Heartbeat“ gehörten zum Soundtrack meines damaligen Lebens.  Ich habe das Opus lange abgelegt, aber Steven Wilsons Remixe von 2016 liessen es mich wie neu entdecken.

Mark: Als King Crimson 1982 „Beat“ veröffentlichten, war ich ein wenig enttäuscht. Nicht etwa, weil das Spiel nicht so gut war oder die Musik schlecht oder so etwas. Nein, „Beat“ ist ein wunderbares und letztlich unglaubliches Album. Aber… zu der Zeit fühlte es sich einfach ein wenig… nun ja… unvollständig an, wenn man so will, als ein Statement der Band.

Michael: Es war kurz.

Mark: Ja, als Hörerlebnis fühlte es sich für unsere verwöhnten Ohren etwas kurz an, da es nur knapp über 35 Minuten dauerte. Fühlte ich mich als Fan, der mehr von diesem unglaublichen Sound wollte, ein wenig betrogen?  Wenn ja, dann war das ein dummes Gefühl, wenn man bedenkt, dass die Band im Grunde schlicht 35 Minuten NEUE Musik in ihr Live-Repertoire aufgenommen hat. Im Nachhinein betrachtet war es auch ziemlich dumm, überhaupt daran zu denken, denn Discipline war nur 38 Minuten lang.

Michael: Und es gibt keinen überflüssigen Moment, nichts von den selbstgefälligen Passagen, zu denen sich viele sogenannte Prog-Rock-Bands früher hinreissen liessen. Dieses Quartett mit Fripp, Belew, Levin und Bruford dockte so überzeugend an den härteren Strömungen von New Wave und No Wave an.

Mark: Und wie sie das machten – das Engagement des Sängers und Gitarristen Adrian Belew war ein genialer Schachzug von Mr. Fripp, Belew hatte kurz zuvor noch mit Eno, den Talking Heads und Jon Hassell auf den Bahamas im Studio von Robert Palmer gewirbelt. Ja, „Beat“ können wir nun wir mit frischen Ohren und einer aufmerksamen Perspektive neu entdecken.

 

(Teil 2 folgt beizeiten, Teil 3 wird das Finale dieser Beat- und Lovestory sein. Be warned. Though Part 2 will strictly contain musical references, the finale will contain strong language, sex, drugs, and rock‘n‘roll)

2021 22 Nov

Always a good reason for a blue moment

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„Around the corner from where I live is an apartment that was once a crash-pad for Paul Simon, Jackson C. Frank and John Martyn. If I carry on to the train station, I pass the building where the Rolling Stones played the early gigs that attracted the attention of Andrew Loog Oldham and the four Beatles. On the way I see another building, now a Nando’s, where Eric Clapton and his fellow art students would while away an afternoon over a single cup of coffee. A couple of doors above it is the site of a clothes shop that was once vital to the Mod culture. I walk on past an independent book shop which, 50-odd years ago, was owned by Pete Townshend (who still lives a few hundred yards away, up the hill, past the house where Syd Barrett once had a flat). Beyond the station lies a rugby ground, the site of the festivals that, starting in 1961, created the enduring pattern for such open-air, multi-stage events.“

There are many good reasons to follow the time travels, sideways and musical stories of Richard Williams and his Blue Moment Blog. These lines open his latest text „The Blues came down from Richmond“. (m.e.)

Sie sind ausgebrannt, ich sehe es immer wieder. Diese dreiteilige Dokumentation ist ein Marathon, aber irgendwann bin ich nicht mehr Aussenstehender, geselle mich unauffällig dazu – schön ist das Ambiente selten, die Halle in Twickenham sowieso nicht, die Farben wirken fahl, der Glanz blättert ab.

Immer wieder mal sprechen sie in diesen acht Stunden von Schlafstörungen: durchwachte Nächte, innere Unruhe, ein seltsamer Zustand, wenn alle spüren, hier geht etwas Grosses zuende. Wie soll so ein neues Album zustandekommen?

Es ist eine Art Delirium, das nach einem langen Tag (ganz zu schweigen von einem langen Monat oder einer langen Karriere) einsetzt, wenn die Jungs ihre Instrumente in die Hand nehmen und anfangen, musikalische Aufläufe aus alten Hits und Parodie-Texten, Blues-Standards und esoterischen Kurzgeschichten zusammenzukochen.

Ab und zu gibt es Abstecher. Visuelle Ausflüge in andere Umgebungen, Räume der Erinnerung – schön gesetzte Kontraste in diesem „Kammerspiel“! Anrührend, wenn es vor der legendären Abschiedsvorstellung auf dem „berühmtesten Dach der Popgeschichte“ Einblicke gibt in die Londoner Straßen des Tages: da sind ein paar Beatles-Fans, die in der Nähe des Apple-Gebäudes kampieren, und es gibt viele andere, die unbeeindruckt an der Eingangstreppe vorbeilaufen.

Im Rückblick auf meinen eigenen Acht-Stunden-Marathon (mit ein paar 1. Advent – Space Cookies als Begleiter meiner kleinen Soloparty bis zum Morgengrauen) kann ich nur sagen: anfangs fand ich das alles etwas zäh und monoton, weil es ja keine Spannungskurven gibt, keine ausgefeilte Dramaturgie, ausser der am Kalender runtertickenden Deadline. Aber dann setzt sich eine seltsame Mischung aus Anteilnahme und Melancholie und Faszination durch, wenn die Freunde (die hier nicht mehr durchgängig gute Freunde sind) ein letztes Mal versuchen, die alte Magie wachzurufen. Zumindest ihr Scheitern ist grandios, und der Film die schönste traurige Zumutung, die man als Lover ihrer Musik erleben kannn. Szenen einer Ehe, sozusagen – lauter letzte Vorhänge! 

(Im Januar 2016 reiste ich sieben Tage durch die Northwestern Highlands, nach wüsten Überschwemmungen, und, zufällig, in den Tagen nach dem Tode David Bowies. Es war eine abenteuerliche Reise. Ein Höhepunkt war eine Art „breaking and entering“ in ein unverschlossenes Haus an einer steilen Klippe, mit Blick Richtung Orkney Inseln. Ich entdeckte einen uralten Plattenspieler, und selten hatte ich so grosse Freude an Louis Armstrong und Whisky (set & setting!) – beides fand ich dort vor.  Am nächsten Tag hinterliess ich Geld für die nicht ganz legale Übernachtung, und einen freundlichen Brief an die Hauseigentümer. Sieben Tage mit vier grossartigen Alben im Land Rover-Cd-player, sowie unvergessliche Fiddelklänge und Begegnungen am Rande der Welt.)

 

In the late afternoon, yesterday, 2 days before the Celtic Connections will open up their curtains in the Tron Theatre and all over town. Saw Sam Lee and bis friends performing for a handful of people. BBC technicians, a folk academic running around, with a book of West Yorkshire song sheets, Sam Lee totally handsome. Field recordings, Sinti tunes entering Celtic vibes – and as if he could see future radio listeners, he was telling background stories like sitting at a campfire, interview excerpts running from old tape decks. His singing pure joy.

 

 

In the morning, leaving Glasgow for a while, the radio playing Bowie tunes, remembering the photo of a horse that nearly looked like an unicorn on the Isle of Barra. Will I be there tonight? I’m testing travel options: Thurso by train, Barra by Logan Air, or Edinburgh by bus. Acting by instinct. Kevin Barry’s BEATLEBONE A constant companion on airports, bus stations, and The Willow Tea House. John Lennon in 1978 on a journey to a desolate Irish island. The beaches will all look different today. I’ll breathe in the sounds of the sea and the cold-starred air.

 

 


Made the decision. 2 hours later. Going north. Destination known. The highways, the dead end streets, the cold dark cliffs on the edge of the North Western Highlands. Thurso, I’m coming. The remains of endless rain will give me a warm welcome. And it all means: no photos anymore, no diary on the blog, just slowly looking around without filters, blind habits, and my four-cd-collection being the soundtrack for this fucking road movie comedy. Maybe some creepy fiddle players will make their appearances (with woeful songs about lost sweathearts and lonesome moonlight in wooden cabins and local pubs). Always returning: „Darkstar“, „Lord of the Rings“ (from my teenage „evergreens“, Bo Hansson’s classic), „Astral Weeks“, and „Taking Tiger Mountain (By Strategy) – the desert island collection for days and nights to come (embrace the most lonsome areas, the music your lifeguard). Go swimming! No way! The music is the second horizon, and from time to time it’ll keep my world in a nutshell.

 

 


He takes his seat on the foreign train. He thinks it pleasant to travel again. Mindful of the journey’s end. Many hours later, he is strollng among trees hearing voices. Birdsong. Birdsong in January. The name of town pubs always have familiar names, like they never escaped old R.L. Stevenson novels. „Admiral Dirge Crown Pub“. Will drink a whisky, will start to unfold a map of small paths that all lead to some outlook post. Is that the word, „outlook post“? Some faraway place. That is the word. But is it really „the remains of endless rain“, not „the remnants of endless rain“? Can loneliness be a friend? Start asking better questions. How can moments go so slow? This is a Land Rover. And this is the cd-player of the Land Rover. And this is the sound of eight speakers: „Back in Judy’s Jungle“. The sea hardens with new light. John Buchan was here.

 

ANHANG 2 MEINES BESCHWERDEBRIEFES AN DIE ZUSTÄNDIGE STELLE DES KLINIKUMS DER RWTH AACHEN 

Gestern schrieb ich das, was in altem Deutsch ein „geharnischter  Brief“ genannt wird, na gut, es war eher eine sachliche Mail. Ich wandte mich an den Leiter der Schmerzambulanz der RWTH Aachen. Und an die Beschwerdestelle des Klinikums. Ich fasste kurz die Sachlage zusammen. Als ich ca. Ende 2019 erstmals die dortige Ambulanz betrat, hatte ich in der Folge mit drei Schmerztherapeuten*innen zu tun. Sie bekamen meinen Fall dargestellt, und niemand von ihnen hatte die Idee es mit Triptanen zu versuchen. Da ich bekanntermassen auf alle üblichen Schmerzmittel bis auf Opiate und Paracetamol allergisch reagiere (und Triptane nicht aus eigene Erfahrung kannte, ein Medikament, das ganz anders „funktioniert“), wurde mir wohl, wie so oft, wenn man nichts weiss, „multimodale Schmerztherapie“ verschrieben, also etwa zehn Arten, die „Seele baumeln“ zu lassen, von TCM bis „Kieser“. Nett. Auch Opioide lernte ich durch die Bank kennen, und bekam einen Eindruck, wie der eine Zeitlang Opium konsumierende Frederic Chopin sich gefühlt haben musste, wenn er morgens am Klavier seinen Klavierfantasien freien Lauf liess. Dass alle drei Schmerztherapeuten sich nicht auskennen mit „atypischen Variationen“ von Kopfschmerz (gar nicht so weit vom Schuss lag ich von Anfang an, wenn ich meine Schmerzstörung als „Nackenmigräne“ bezeichnete), ist, rückblickend, ärgerlich und ernüchternd. Erst ein „echter“ Kopfschmerzspezialist brachte mich unlängst auf die richtige Spur. Dafür bin ich total dankbar. Zwar steht die finale Validierung noch aus, aber alle Anzeichen deuten auf das Ende der brutalsten Schmerzgeschichte meines Lebens, flankiert von, in meinem Fall, krass fehlerhaft agierenden Schmerztherapeut*innen. Für meine Begriffe handelt es sich hier um einen Kunstfehler. Das Naheliegende nicht zu beachten. Eine juristische Prüfung  zwecks Klage auf Schmerzensgeld behalte ich mir vor.


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