Während eines Konzerts in Paris kam Julio Cortazar die Idee zu den «Cronopien», jenen «nassgrünen Dingerchen»: Borstig sind sie, unordentlich und lässig, verträumt und intuitiv, poetische Nonkonformisten, vertrauensvolle Optimisten, humorvolle Lebenskünstler, beste Freunde, die philosophische Nonsens-Dialoge führen können. Viele sehen in ihnen das vitale Alter Ego des Autors. Cronopien benutzen nie liniertes Papier, um zu schreiben, drücken die Zahnpastatube auch nicht von unten nach oben. Für alle Fans wurden die Cronopien zum Inbegriff Cortázars, seiner Sicht der Welt.
Alex Petridis hatte meine volle Zustimmung, als er sich für diese Box begeisterte. Julio hat sie leider nie gehört. Irgendjemand musste mich ja mal auf die Spur der spannenden Spielarten dieser Musik bringen. Die, die einst „Acid House“ erfanden, hatten etwas Universelles und Zeitloses freigelegt. Und wollten urprünglich nicht mehr als flüchtige Gegenwart einfangen. Rausch in strenger Taktung. „Blaue Stunden“, so nannte Julio diese Zwischenreiche. Keine Musik zuvor oder danach hat die schweisstreibende Intensität, mit der man sich in den frühen Morgenstunden auf einer Tanzfläche verliert, besser eingefangen (ausser vielleicht „Saturday Night Fever“) – man musste nicht umgeben sein von Menschen, die von Drogen und der schieren Lautstärke so wahnsinnig wurden, dass sie weinten oder in Ohnmacht fielen oder anfingen, es miteinander zu treiben, um dieses seltsame, gleichzeitig beschwingte und leicht beunruhigende jenseitige, besser, Ich-Grenzen überschreitende, Gefühl zu kennen. Ich war nie im Leben auf einer Techno-Party, habe nie Ecstasy, MDMA, oder andere Partydrogen jener Ära konsumiert. Ich besitze diese Box namens „Acid Rain“, ich habe ein paar Platten von Robert Hood, mittlerweile auch vier grossartige Alben von Underworld. Besser spät als nie. Dazu gesellen sich noch ein paar Klassiker von Kraftwerk. Diese kleine Sammlung reicht aus für meine mittlerweile berüchtigten „Techno-Parties“. Bei diesen Parties ist immer nur eine Person anwesend. Männlich oder weiblich, auf jeden Fall ein Cronopium. Der Sound ist hervorragend, und auch wenn der jeweilige Gast ab und zu wie wild durch den Raum wirbelt, sitzt er meist schweissnass im „sweet spot“ vor den Boxen. Er hat eine kleine Einführung bekommen, und nur die Alben von Underworld, Kraftwerk, Mr. Hood, und „Acid Rain“ zur Hand. Sweet dreams are made of this. Wenn ich diese „Parties for One“ veranstalte, sorge ich dafür, dass das Haus leer ist, das Nachbarhaus sowieso. Manchmal kommt dennoch die Polizei vorbei, weil Leute denken hier würden gefährliche Dinge abgehen, nur weil ab und zu das Dach zittert. Alles harmlos. Wir sind liebe Menschen, die die Stille lieben. Und genau wissen, wann „PLAY IT LOUD“ die richtige Losung ist. (Natürlich sind stets ein paar Gegenwelten zur Hand, um „runterzukommen“, sich zu erden. „Music for Airports“, „Lifestyles of the Laptop Café“, und „The Best of Al Green“.)