Irgendwann Ende 1995/Anfang 1996 war ich stolz wie Bolle, die zweite Ausgabe der Zeitschrift „Grand Royal“ ergattert zu haben. Auf dem Cover: Lee Perry aka Kojak, Doctor On The Go, Pipecock Jackxon, Inspector Gadget, Super Ape, The Upsetter, Scratch, etc. Die Marcel Beyer Artikel und Rezensionen in der Spex hatten mir schon einige Türen in Richtung Dub geöffnet (On U Sound, u.a.), die gut 20 Seiten lange Titelgeschichte ließ mich noch tiefer in dieses Universum eintauchen. Kurz darauf folgte der Kauf von „War ina Babylon“ auf CD. Chase the Devil begeisterte mich sofort, ich kannte das Stück durch ein Sample von The Prodigy, den Rest fand ich zunächst seltsam. Die Musik klang mir zu schön. Keine komischen Geräusche, viel Harmonie, das war damals nicht so mein Fall. Doch irgendwie lief die CD immer weiter, ich konnte mich mehr und mehr damit anfreunden. Im Sommer 1996 hatte ich dann die Gelegenheit Lee Scratch Perry live zu erleben, ich glaube im Pfefferberg in Berlin, abgemischt wurde das Konzert von Mad Professor. In meiner Erinnerung trug Perry einen mit Spiegelscherben beklebten Helm, der ständig das Bühnenlicht reflektierte, und spielte ungefähr drei Stunden. In dieser Zeit wurde meine Fontanelle einmal aufgefräst und die Anbindung an das Universum neu konfiguriert… im Ernst: eines meiner intensivsten Konzert-Erlebnisse, eine einzige Trance-Induktion. Wenig später stolperte ich dann in Kreuzberg über „Deeroy‘s Dubstore“ und kaufte mir auf Deeroys Empfehlung ein Album, das unter dem Namen „Chapter 1“ firmiert, Interpreten: Scratch and Company, The Upsetters. Hier passte nun alles: komische Geräusche und Echos, lange Basslines, dazwischen die harmonischen Gesänge, an die sich mein Ohr mittlerweile gewöhnt hatte. Und dann ist da noch Who You Gonna Run To drauf. Wenige Wochen später entdeckte ich in Potsdam bei Saturn die Arkology Box, drei CDs, die damals in mein Studentenbudget gerade so reinpassten. Ein Lieblingslied davon ist immer noch das mystische Bird in Hand.
Mein zweites Konzert mit dem Upsetter war leider nicht ganz so magisch: in der Berliner TU Mensa kam er irgendwann kurz vor Weihnachten ca. 2 Stunden zu spät und hörte dafür auch sehr früh auf. Nichtsdestotrotz hab ich immer wieder sehr, sehr gerne verschiedene Platten von ihm aufgelegt und nachgekauft. Erst Anfang des Monats kam das biblisch-surreale „Heart Of The Congos“ dazu. RIP.