In sechs Jahrzehnten spielte dieser weise alte Mann des Trommelns mit so unterschiedlichen Meister*innen wie Coleman Hawkins, Carla Bley und Cecil Taylor. In seiner Spielweise geht es ihm dabei nicht zuletzt um – Reduktion. Zuhören und Reduktion. „Cyrilles verborgene Handpräsenz zeigt sich in „taps“, „ticks“, und leise knackigen Beckengrooves, gedämpften „snare rolls“ und Offbeat-Akzenten – und dem Flüstern des Besens auf einer Zeitung, die im Titeltrack über die Trommelfelle gelegt wird.“ (John Fordham, The Guardian, heute). Ich habe dem haitianisch-amerikanischen Musiker stets gerne gelauscht, ein fantastischer Teamplayer, und irgendwann ging mir leider im Laufe von Umzügen eine unvergessliche Schallplatte verloren, auf der er an der Seite von C. Taylor und J. Lyons so impressionistisch wie feurig wirbelte. Er ist auch auf einer frühen ECM-Platte zu hören, Marion Browns „Afternoon Of A Georgia Faun“, HDK‘s erste Begegnung mit ECM, und offensichtlich eine folgenreiche. (Meine erste ECM-Platte war wahrscheinlich „Sart“, und auch das hatte Folgen.) Das Spiel des haitianisch-amerikanischen Meisters kommt stets so unangestrengt herüber, spielerisch leicht (flirrend, schwebend), und ist doch alles andere als simpel. Es gibt auf seiner neuen Arbeit mit Bill Frisell, David Virelles und Ben Street, die Sun Chung produzierte, so viel zu entdecken, was sich zwischen „free improv“ und einem Hauch von „exotica“ luftig entfaltet, zwischen Jazzkammermusik, „spoken word“, Ballade und Blues. Ich habe in den Klanghorizonten neulich das Stück „Dance of the Nuances“ gespielt, und es enthält genau das, „einen Tanz der Nuancen“.