haben 2008 einen Film gedreht, der etwas für zwei nicht wirklich ruhige Abendstunden ist, und nun in der Arte-Mediathek zu sehen ist. Er ist ein Film aus einer Zeit, in der „dystopische Literatur“ noch unter „Science-Fiction“ zu finden war und nicht in den Regalen des „Sozialen Realismus“. Es ist ein Film mit viel Seele, auch wenn sich dieser Eindruck nicht sofort (und wahrscheinlich überhaupt nicht) aufdrängt. Der Film hat ein gutes Tempo, ein besonderes Flair, und Eric Rohmer hätte ihn nie gedreht. Er hat nichts Katholisches, und nichts Calvinistisches. Und erzählt keine „moralische Geschichte“. Es wird auch schnell, wild und mitunter völlig verzweifelt Liebe gemacht. Am Ende erklingt eines der ergreifendsten Chansons der Musikgeschichte, und es beginnt mit den Zeilen: „All das Geschrei auf der Straße, diese Typen, diese Läden / Wo ich dich in den Regalen als Beleidigung sehe / Zum Dreigroschenschmuck zur billigen Unterwäsche / Die Schatten in den Augen der Frauen, wenn du vorbeigehst / All diese Geräusche, all diese Lieder und Düfte, die vorbeiziehen / Wenn du dich darauf einlässt / oder wenn ich dich ins Exil schicke / Dich von weiter weg zu lieben, so im Vorbeigehen / All dieses verrückte Zeug, das ist dein Stil“. Als Leo Ferré den letzten Vers gesungen hatte, dachte ich kurz, „Die letzten Tage der Menschheit“ könnten von dem Song allein inspiriert sein. Fast unwiderstehliches, verstörendes Kino! Es gibt ein Wort für das, was dieser Film veranstaltet, aber es fällt mir gerade nicht ein. Ich bin nie nackt durch Paris gelaufen, aber am Ende einer amour fou schon mal, in Jeans, mit C. unter dem Eiffelturm her, und später küsste sie mich wild in diesem berühmten Museum, und mir liefen die Tränen aus dem Rand der Sonnenbrille, nah an diesen Statuen für die Ewigkeit. Ich war in einem Chanson von Leo Ferré gelandet, diesem alten, wunderbaren Anarchisten. Immerhin.
2021 26 Aug
Arnaud und Jean Marie Larrieu
von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | Comments off