Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2021 18 Jul

Vale

von: Uli Koch Filed under: Blog | TB | Tags:  | 3 Comments

Das Vale of York ist flächenmäßig nur unwesentlich größer als Berlin, sonst unterscheiden sich beide aber etwa soviel, wie das Auenland von Mordor trennt. Und vor der Veröffentlichung seines aktuellen Albums stieg Simon Goff tief in den Berg der Finsternis hinein und gewann zwei Grammys für die Tontechnik bei den Soundtracks von Hildur Guðnadóttir’s Joker und Chernobyl. Tiefer in den Abgrund als bei letzterer Serie geht es kaum noch. Und doch blieb eine große Sehnsucht nach den Orten seiner Kindheit, die in einigen Stücken, wie auch den Videos seines Albums Vale anklingt. So beginnt es mit Vale, dem gleichnamigen Titelstück mit einer schwebenden, fast pastoralen Atmosphäre, die sich zu einer großen Intensität verdichtet, um dann in Wooden Islands intensiv und minimalistisch, treibend mit geloopten Violinsequenzen und scharfen kleinen Pattern vorjagen.

 
 
 

 
 
 

Simon Goff steht vor dem großen Rund eines Schallspiegels aus Beton, einer Konstruktion, von der viele im 2. Weltkrieg an der englischen Küste gebaut wurden, um die leisen, noch fernen Geräusche herannahenender Flugzeuge akustisch zu verstärken. Dieses Konzept spiegelt sich auch in seiner Musik auf Vale wieder, die eine eng verwobene Mischung von elektronischen Klängen und den verfremdeten und geloopten Klangräumen seiner akustischen Violine, unterstützt von sehr reduzierten perkussiven Elementen und einem Kontrabass oft die fernen subtilen Klänge ganz nah heranholt und die Violine mal scharf und rauh, mal sehnsuchtsvoll und atmosphärisch dicht in seine Klangwelten platziert. A process In The Weather Of The Heart ist hier ein wunderbares Beispiel, gefolgt von dem bedrohlich schwebenden Murmur und den sanften, aber in ihrer Subtilität keineswegs sentimentalen Elowen und Now. I Filled My Lungs With The Necessary Air, And Yelled ist ein sehr tiefgründiges und komplexes Stück, das in seiner herben Schönheit, wie auch durch das intensive Video besticht. Final wird das Spiel mit dem Spannungsfeld zwischen Tradition und technischen Möglichkeiten, zwischen fast ambienthafter Weite und forcierter Dichte, in virtuellen und erinnerten Landschaften mit Sleeping Winds abgeschlossen. Der Wind hat sich gelegt und die, durch die Musik ausgelösten visuellen Szenarien verblassen langsam in ihren exzentrischen Brainloops.

 
 
 

 

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3 Comments

  1. Michael Engelbrecht:

    Ein in den Klanghorizonten bereits hochgelobtes Album. Kein Grund, es nicht noch einmal zu spielen, im Radio.

  2. Uli Koch:

    Ja, diese Musik hat mich in den letzten Monaten nicht losgelassen und so wollte sie noch einmal mit einem kurzen Text würdigen. Und die Links zu den Videos führen in eine Welt, die diesem wunderbaren Werk zeitgenössischer Musik zwischen allen Stühlen ein visuelles Pendant zur Seite stellt.

  3. Michael Engelbrecht:

    Ohne das Filmchen abzurufen, gibt es da dieses Video, in dem eine Frau durch eine weite englische Landschaft läuft, zu den Rhythmen der Musik. Toll.

    Die Innenwelt der Aussenwelt der Innenwelt 😂


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