Manafonistas

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2021 16 Juni

KOPFPLATZEN und andere Filmdebüts

von: Martina Weber Filed under: Blog | TB | 3 Comments

Come here, litte girl, get into my car. Das sind erste Assoziationen zum Thema. It´s a brand new Cadillac. Ich habe die Stimme von Laurie Anderson im Ohr. Bright Red. Oder Nabokov. Ich habe Lolita nie gelesen, nie gesehen, deshalb denke ich eher an das Langgedicht von Jorie Graham Fission / Riss aus Region of Unlikeness, wo Graham drei Ebenen nebeneinander oder gegeneinander setzt: Sich selbst als Dreizehnjährige, wie sie im Jahr 1963 im Kino sitzt und Kubricks Lolita-Verfilmung ansieht, während die Vorführung an einer Stelle unterbrochen wird (Lolita in Großaufnahme) und ein Mann vom Kino die Nachricht von der Ermordung Kennedys überbringt. „The idea of history is being outmaneuvered.“ Und natürlich Fritz Lang: M – Eine Stadt sucht einen Mörder.

 

Zurzeit läuft im Ersten eine Reihe von Filmdebüts. KOPFPLATZEN von Regisseur Savaş Ceviz behandelt das Thema auf eine ganz andere, gewagte Art. Im Focus steht der potentielle Täter selbst, die Geschichte ist aus der Perspektive des jungen Architekten Markus erzählt, absolut mitreißend dargestellt von Max Riemelt. Die Körpersprache, Gestik, Mimik. Das Zögern, Warten, Lauern, Aufgeben, Lügen, das Ringen mit etwas in sich, was nicht beherrschbar ist. Max Riemelt erzählt den Film mit seinem Körper. Deshalb bedarf es nicht so vieler Worte. Farben haben eine Bedeutung, Rottöne, Schwarztöne. Schwimmbadblau. Der Film ist schnörkellos erzählt, auf den Punkt, die Dramaturgie ist durchgestylt. Jede Szene sitzt, jeder Blick. Jede Großaufnahme. Die Symbolik kleiner Gesten oder Gegenstände. Oder Tiere. Immer wieder beobachtet Max in einem Tiergarten einen Wolf hinter Gittern. Und eines Nachts hält er sich auf dem Hochsitz eines Försters im Wald auf, während ein Wolf in freier Natur über eine Lichtung schleicht und seine Schnauze in den Himmel reckt und heult. Ich glaube, das ist die glücklichste Szene. Der Film wirkt immer noch in mir nach, was daran liegt, dass er weit über sein Thema hinaus einen Hallraum erzeugt.

Link zum Film und zur Übersicht der Filmdebüts im Ersten in diesem Frühsommer.

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3 Comments

  1. Rosato:

    ich habe Ceviz‘ Film noch nicht angesehen
    wahrscheinlich ist KOPFPLATZEN eine Metapher für (be)drängende Gedanken

    ich nehme an, dass David Cronenberg der Erfinder filmischen Kopfplatzens ist

    SCANNERS

    Bei den Hofer Filmtagen 1980 gab es eine Art Werkschau, Cronenberg war anwesend. Ich habe die damals gezeigten Filme gesehen – heftige Kost

    Bei den Hofer Filmtagen wurden die besten Horrorfilme vorgeführt, die ich je gesehen habe. 1978 ERASERHEAD von David Lynch.

  2. Uwe Meilchen:

    Ohne etwas von der Handlung zu verraten: es sind mehr die bedrängenden Gedanken im Kopf des Protagonisten die den Filmtitel „ergeben“.

  3. Martina Weber:

    ERASERHEAD ist vor geraumer Zeit in einer Wundertüte zu mir gelangt. Sehr beyond mainstream.


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