Ihr Label A&M war damals nicht so glücklich darüber, dass ihre Songs weder gängigen Trends folgten, und viel zu selten „consumer friendly“ herüberkamen – es waren Lieder, die eher den doppelten Boden eines Verses mit rhythmischer Vetracktheit ausspielten, statt ihm schlicht und einladend seine Schärfe zu nehmen. Ein Star wurde sie trotzdem. Sie hat so viele gute Alben gemacht (all die, die sie nach To The Limit machte, kenne ich nicht), und zu den herausragenden zählte sicher „Joan Armatrading“, das mit „Love and Affection“ sogar einen Hit hatte. Und vor Jahren als Vinyledition ein fantastisches „Remastering“ erhielt: aus einem ohnehin toll klingenden Album ein wurde ein audiophiles Juwel. Unvergessen die geniale Eröffnung: „I am not in love, but I‘m open to persuasion“. Sie konnte Emotionen ausleuchten, ohne sie ins Tageslicht zu zerren, mit raumgreifender Akustikgitarre, einer Phrasierung des Gesangs, der sich keinen Moment lang hinter Joni Mitchell verstecken musste – und stets handverlesenen Studiomusikern. 1976 kürte das britische Magazin „Sounds“ das Werk gar zum Album des Jahres, noch vor Bob Dylans „Desire“ und Joni Mitchells „Hejira“ – und genau in diese einsame Klasse gehört es noch heute. Jetzt erscheint am Freitag ein neues Album von ihr, das überraschend in meiner Post lag. Aus der Karibik stammt sie, in England fand sie ihre zweite Heimat. Früh lernte sie Lektionen bei Otis Redding. beim jungen Van Morrison – und das erste Hören dieser Lieder unter Bäumen in tropischer Hitze ist einfach nur eine Freude: still alive and kicking, and brimming with life. Das ist in diesen Zeiten immer eine gute Nachricht. Übrigens wieder eine astreine Studioproduktion, und was zeichnet eine astreine Studioproduktion aus. A) klinische Perfektion? B) natürliches Klangbild? C) fetter Sound? D) Dezente Kompression? Sie überlegen kurz. Sie brauchen keinen Joker? Gut. Es gibt „Consequences“ natürlich auch auf Vinyl. Und, nebenbei noch dies: auf ihren grossen Alben drehte sich vieles um Liebe, Begehren, Verlust, Trauer, Freude. Sie ist stets eine Meisterin der Zwischentöne. Und auch wenn die lyrics auf diesem neuen Album nichts Wagemutiges haben, und beharrlich um die alten Themen kreisen, nehme ich ihr jedes Wort ab, und es ist ihr Vortrag (und wie sie das alles auch “instrumentaltechnisch“ abliefert), was dieses Spätwerk so überzeugend macht.