Irgendwann an diesem seltsamen Tag (heute) schrieb mir David Webster eine Mail aus London, wo das Leben vorübergehend oder dauerhaft, auf jeden Fall, allmählich wieder erwacht. Und er sprach mich auf das neue Album einer seiner Lieblingsbands an, und ich antwortete: „Ich glaube, ich bin zu alt für diesen Scheiss.“ Wir sind gute Freunde (obwohl mich seine Frau nie mehr leiden konnte, seit mein letzter Liebeskummer im alten Jahrhundert ihr gehörig das Weihnachtsessen trübte), und es besteht nicht die Gefahr, dass er dauerhaft traumatisiert wird durch mein freches Mundwerk. Als ich dann vorhin den Spargel dünstete, einen Obstsalat anrichtete, und einen Sauvignon öffnete, liess ich das Opus auf spotify laufen, und, meine Fresse, wie gut ist das denn?! Ein Lagerfeuer, Merseybeat Time, ein uralter Storyteller, und querbeet die Schwingungen, mal eine verlorene Spur der Kinks, mal die Art, einen Vers zu wenden, a la Leonard Cohen. “It’s worth every penny that you spend / the golden age has just begun / Hear the laughter, sing the song. We’ll make you feel like you belong.” Ach, ach. Wenn das Altmodische zeitlos wird. Wetten, dass die Klanghorizonte im Juni mit diesem Album beginnnen?! Und wenn ich in all den Jahren nicht in London City war, zuweilen mit David in einem Pub an der Themse (immer meine liebsten Pubs, in Flussnähe), wollte ich zu den Küsten nach Dorset und Cornwall. Da herumzustreifen, das hat mich stets ein wenig berauscht (das grösste Reisebenteuer in einem verlassenen Haus, mit Blick Richtung Meer und Orkney-Inseln, in den Tagen nach dem Tod von David Bowie) – auch deshalb scheint mir dieses ganze Album so verführerisch: „A concept album based on the band members‘ sepia-tinged memories of spending time at seaside resorts on the West Coast of England, the album is wide ranging, deeply felt, and sonically enthralling.“ Südküste, Westküste, Nordküste, ganz egal, ich bestelle gleich das Vinyl. “I walk alone, laughing in the face of love / I glide through the alleyways / It’s bittersweet, like a glass-half-full with rain.”
2021 1 Mai
Südküste, Westküste, Ostküste
von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | Tags: Coral Island, My 33 favourite albums of 2021, The Coral | 3 Comments
3 Comments
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Lee Campbell:
“Spend the evening chasing shadow / the leaves reflect the colour of my mood / See the boats docked in the harbour, the wind is whistling out of tune.” It brings you back to that deflation as a kid and those looming grey school days just around the corner, stealing our freedom. Grandpa Murray underscores this in his prose on ‘The End of the Pier’ – “You realise the tattoo of love was just a transfer that washes off with tears / It’s a kaleidoscope daydream, the whole thing.”
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Clash Music:
‘Coral Island’ is huge in scope and ambition, while also remaining staggeringly consistent. The bar is set high from the off, and they never fail to reach it. A lazy comparison: it’s as creative as ‘The White Album’ and as unified as ‘Ogden’s Nut Gone Flake’. A truly superb experience, it feels as though The Coral have painted their masterpiece – a one way ticket to ‘Coral Island’ is a truly an offer you can’t turn down.
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Michael Engelbrecht:
Wer immer hier die Besprechung von Clashmusic hier reingestellt hat, nun, der Vergleich mit dem „White Album“ ist sicher übertrieben, weil, nun, das ist dann doch von recht einsamer Klasse. Und doch ist hier ein kreativer Überfluss am Werk, bei dem man dann auch an einigen Songs, die vielleicht einfach nur „ganz okay“ sind, grosse Freude enpfinden kann. Eine wunderbare Zeit- und Küstenreise auf jeden Fall. Love it. **** Sterne und gesetzt in meinen Jahres-Top 33.