Mr. Bojangles
Dance
Klaus Theweleit hat jetzt den Adornopreis von der Stadt Frankfurt bekommen – das freut mich.
Klaus Theweleit ist ein origineller Vielschreiber, der mit seinen „Männerphantasien“ Kultstatus erreichte. In dem Buch / den Büchern geht es um den „soldatischen Mann“, der aus Angst zu Gewalt neigt.
Gestern Abend hatte ich hier auf El Hierro das Vergnügen, einem Mann zuzusehen, der seine Angst mit dem Rhythmus seines Körpers kontrolliert. Oder war das gar kein Mann, sondern ein Instrument, das mit Körperteilen Klänge hervorzaubert? Jep Meléndez (1972-) heißt der Body Künstler, der mit seinen „piedes y manos“ jedes Schlagzeug ersetzt.
Doch der Reihe nach. Das Konzert wurde mit einer traditionellen, kanarischen Melodie eröffnet, mit Tomás Fariña (1985-) an der Gitarre. Hinzu gesellte sich der große Meister an der Timple, Benito Cabrera (1963-) mit einer einfachen Tanzmelodie. Das war eine sehr gelungene Einladung, den Tänzer nun auf die Bühne zu bitten. Mit Mütze und Maultrommel shuffelte sich Jep Meléndez über die Bretter, fängt an zu klopfen und zu schlagen. – Ist das nicht Schuhplatteln, wer haut sich denn selber gern, frage ich mich einen Augenblick. Benito beginnt eine traditionelle Weise auf seiner Timple zu spielen, zu gefällig für den Body Performer, der jetzt nur beide Hände im Einsatz hat. Er klatscht, der Claqueur. Dann wird der Rhythmus lebendiger, ich höre Anleihen von Joni Mitchell‘s The Wind is in from Africa / (Carey).
Jep am Tisch. Ah, so klingt es, wenn der Postmann Briefe stempelt. Leise kommen feine Töne von der Gitarre hinzu, vermischen sich mit dem Maschinengeräusch, das aus seinen Armen kommt! Benito spielt auf, schlägt die Timple. Jep nähert sich mit einem Sandsack, lässt die weißen Körner auf den Bühnenboden rieseln. Mit nackten Füßen reibt er gegen den Sand. Wir befinden uns nur 100 km von Afrika entfernt. Wer assoziiert da nicht das Naturgerassel einer Kalabasse. Tomás Fariña schaut entzückt hinüber zu Jep.
Das nächste Stück hat mir am besten gefallen. Benito beginnt mit einem Solostück. Jep nähert sich ihm steppend auf seinen schwarz-weißen Schuhen mit braunem hohem Holzabsatz. Die musikalische Kommunikation zwischen den beiden läuft perfekt. Das ist Fusion pur zwischen Tradition und Avantgarde. Jep stammt aus Andalusien, ist mit Flamencoklängen aufgewachsen, hat dann in New York Stepptanz, Jazz und afro-kubanisches Schlagzeug studiert. Er steppt großartig zu Benito‘s Timplesound. Und beendet es mit einem gewagten “Hop“. Ich habe zum ersten Mal einer body percussion beigewohnt. Beeindruckend wie der Körper dem traurigen Klangspiel mit schwerfälligen Gliedern‚ parallello ‚ bietet. Auch sehr gelungen, wie der Claqueur charmant dem Gitarrenspieler Beifall klatscht.
Als Zugabe gibt es ein Tanzstück. Das Publikum ist längst von den Sitzen aufgesprungen und begleitet klatschend die drei kanarischen Künstler. Es ist Jep‘s wunderbare Choreographie, die uns nach Hause begleitet. Das letzte Stück heißt „Polka de la guagua“. Wir nehmen den Bus = guagua Nr. 02 nach La Restinga.