Kurz vor der Stichwahl zum Amt des Bürgermeisters geht gerade auf der Insel der temporär einsamsten Strände der Republik die Post ab. Erinnern Sie sich kurz mal an alte Romane mit Hercule Poirot: wenn der kultivierte Meisterdetektiv es sich mal so richtig gut gehen lassen wollte, in der Provinz, am Meer, – vita contemplativa – tauchte garantiert eine Leiche auf, zumindest die berühmte bildliche, im Keller. Gewiss, ich habe Jobs zu erledigen, und ein paar solitäre Forschungsprojekte am Start, auf meiner dritten Reise in den Sylter Lockdown: Nachtwanderungen, Dünenbesteigungen, Stille bis zum Horizont, aber wenn der „menschliche Faktor“ ins Spiel kommt, kann ich auch anders. Letztlich ist meine Kernkompetenz die eines Psychologen. Supervision, Mediation, Befriedung dysfunktionaler Systeme. Nun, worum geht es? Vieles dreht sich derzeit um Lars Schmidt – sein Projekt „Zukunft“ muss er wohl umschreiben, und sich vor allem um seine Gegenwart kümmern. Mit knapp 15 % der Stimmen scheiterte er nämlich im ersten Wahlgang. In der Folge richtete er sich an seine Wähler und empfahl ihnen, sehr zum Missfallen der CDU, den parteilosen Nikolas Häckel zu wählen. Und an dieser Stelle kommt deren Morsumer Ortsbeiratsboss Stephan Bahr ins Spiel, der, kein Scheiss, über den Einsatz eines Detektivs nachdachte. Per Sprachnachricht soll Herr Schmidt die Botschaft erhalten haben: „Du wirst einen Schatten haben!“ Dabei geht es anscheinend um die Frage, wo Schmidt seinen ersten Wohnsitz habe. „Ich sehe meine Privatsphäre, meine Kinder, meine Frau und mich dadurch unmittelbar bedroht“, beklagte er sich nun in einem offenen Brief, drohte gar, so heisst es, mit den berühmten „brisanten Enthüllungen“. Sind Sylter Verantwortungsträger betrunken Auto gefahren? Haben lokale Amtsgrössen gar in Nachtclub-Hinterzimmern Drogen genommen? Das ganze klingt nach einer Provinzposse – aber wie leicht können solche Dinge aus dem Ruder laufen … Nicht, dass das am Ende doch ein Fall wird für den Psychologen, oder, schlimmer noch, für Hercule Poirot!
1 Comment
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Jan Reetze:
Da WIRD nicht jemand einen Schatten haben, mir scheint, er hat ihn bereits.