Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

You are currently browsing the blog archives for the month Februar 2021.

Archives: Februar 2021

 

official trailer

 
 
 
Manchmal lohnt sich Netflix ja doch. Ohne wäre mir beispielsweise Fran Lebowitz entgangen, und das wäre schade gewesen. Dabei liegt seit Monaten ein Buch von ihr aus dem Bestand meiner Liebsten auf dem „Noch-zu-lesen“-Stapel.

Wer sie nicht kennt: Fran Lebowitz ist eine jüdisch-lesbische New Yorker Essayistin und Romanautorin, gelegentlich trat sie auch als Richterin in TV-Courtshows in Erscheinung. Ihre Karriere begann sie als Mitarbeiterin von Andy Warhols Magazin Interview. Mit Warhol selbst kam sie nicht klar, doch das hat ihrer weiteren Karriere nicht geschadet. Diese Frau lebt nicht nur in New York, sie ist New York. Und genau das zeigt diese Netflix-Serie, die von Martin Scorsese aufs Gleis gesetzt wurde. Teils vor Publikum, teils im Gespräch mit jeweils nur einem Gegenüber, auf großer Bühne, in einem Club, in einer Bibliothek, ergänzt um diverse Ausschnitte aus verschiedenen Talkshows, erzählt Fran Lebowitz von ihrem New York. Immer redet sie klare Kante, immer schlagfertig, und nie verfehlt sie eine Pointe. Die sieben jeweils 30-minütigen Teile behandeln
 
 

  • New York
  • Cultural Affairs
  • Metropolitan Transit (über die New Yorker Subway)
  • Board of Estimate
  • Department of Sports & Health
  • Hall of Records
  • Library Services

 
 
Dazwischen wandert Fran Lebowitz durch Manhattan. Da packt einen die Sehnsucht, die Pest möge endlich von uns genommen werden — Pretend It’s a City wurde noch vor Covid gedreht. Nach einer Weile merkt man, dass es weitgehend immer dieselben Bilder sind, aber das schadet nichts. Außerdem spaziert sie in einem riesigen Modell-New York umher. Das alles ist hoch unterhaltsam, manchmal allerdings schwer zu verfolgen, denn Fran spricht in einem Höllentempo. Schlicht nervtötend nach einer Weile ist Scorsese, der sich deutlich zu oft selbst ins Bild setzt und vor allem jeden, aber auch wirklich jeden, Satz von Fran ausgiebig belacht, idealerweise schon, bevor sie ihn zu Ende gesprochen hat. Irgendwas ist ja immer.

Um auf die gute alte Würfelbewertung aus dem Gong zurückzugreifen:
 
 

 
 
Und jetzt werde ich mich um das Buch kümmern.
 
 

Meistens steht sie in der zweiten Reihe, meistens ist sie spärlicher gekleidet, als ihre Schwester Allison Moorer oder Lucinda Williams. Sie steht auch schon mal auf gleicher Höhe mit Willie Nelson. Aber dann, wenn sie alleine performed, wenn sie ganz das Rodeogirl rauslassen kann, dann twangt sie umwerfend stark, schleudert ihr linkes Bein von sich wie ein wildes Pferd, dann ist sie auf 1000PS. Shelby Lynne singt Kris Kristofferson zu Ehren „Me and Bobby McGee“ fantastisch. Shelby takes us back into a time, we were young, we were wild, we strolled around in North Beach, buying small books of underground poets in the city lights bookstore. Now our last hero is gone:

 
 

„I am waiting for my case to come up

and I am waiting

for a rebirth of wonder

and I am waiting

for some to really discover America …“

 
 

Laurence Ferlinghetti died yesterday at the age of 101.

(Brian, come along with „Me and Bobby McGee“ – and isn’t San Francisco a beautiful place?)

2021 23 Feb.

Travelling Without Moving

| Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | 1 Comment

 
 
 

Eine Weile gedachte ich, mal ein Buch zusammenzustellen, das einen Überblick über mein bisheriges filmisches Schaffen ermöglicht, einfach, um mal alles beieinander zu haben. Allerdings würde ich da gerne auch Texte und Gespräche bzw. Interviews integrieren, um einiges sinnvoll einzuordnen und zu ergänzen … und das blieb bislang einfach doch zu viel Arbeit, selbst für ein Jahr Eingesperrtsein unter Corona-Umständen. Als Anfang kam mir daher ein Werbegutschein (speziell für professionell mit Fotografie Arbeitende) für einen Fotobuch-Druck sehr gelegen, nicht zuletzt weil ich ohnehin gerne mal einige der Fotografien, die ich in den letzten paar Jahren gemacht habe, in haptischer Form jenseits meines Computerbildschirms sehen wollte.

 

So ging ich unlängst meine fertig gestellten, unvollendeten und abgebrochenen Film- und Videoarbeiten der letzten 20 Jahre durch und konnte zügig von 45 Projekten unterschiedlichstes Bildmaterial zusammenstellen – Standfotos, Screenshots, Setfotos, eigene Fotografien, Plakate u.a. [wobei ich die ECM50-Reihe und eine zehnteilige Doku-Reihe mit Schauspieler-Gesprächen (10x ca. 30 Minuten) jeweils in der Gesamtheit als nur ein Projekt gerechnet habe]. Dabei habe ich allerlei Auftragsprojekte für Personen und Organisationen ebenso außen vor gelassen wie zahlreiche Übungsfilme meiner Studienzeit (aus Licht-, Kamera-, Ton- und sonstigen Seminaren bzw. Workshops) – das wären noch einmal sehr viele weitere, viele davon aber sind ohnehin nur auf miniDV-Bändern in meinem Archiv, und ich habe darauf gegenwärtig keinen Zugriff, kann also auch keine Standbilder erstellen. Der Fokus der Auswahl liegt somit wirklich auf Arbeiten, zu denen ich auf die eine oder andere Weise noch persönlichen Bezug habe.

 

Irgendwann würde ich das gerne auch noch um Texte erweitern, und auch zu jedem Studienprojekt mindestens ein (Stand-)Bild heraussuchen, aber so als Testlauf hatte ich schon mal große Freude daran, mein bisheriges Tun Revue passieren zu lassen. Und es sind in der Tat eine ganz ordentliche Menge Filme entstanden, sehr unterschiedlicher Art und Umstände (schon was den Arbeitsaufwand betrifft — manch eine Arbeit entstand an ein bis zwei Tagen, andere über mehrere Jahre hinweg). Für eine Handvoll dokumentarische und essayistische Filmprojekte habe ich auch Material gesammelt und dann doch kein Endergebnis fertig gestellt — manche sind noch im Werden, andere bleiben unvollendet, aber interessantes Bildmaterial hat sich dennoch angesammelt, und so war es auch mal nicht schlecht, das so zumindest festzuhalten. Beispielsweise sind im Studio mit Julia Hülsmanns Trio doch ganz schöne Fotografien entstanden, die leider für die Albumveröffentlichung nicht genutzt wurden. Ich habe mich darauf beschränkt, für jedes Projekt eine Seite oder maximal eine Doppelseite zu füllen; zum Teil habe ich da recht viele Standbilder zusammengestellt (12 von den ECM50-Kurzfilmen), zum Teil auch nur eines, zwei oder drei, dann auch mal seitenfüllend vergrößert. Die Druckqualität, speziell auch was den Detailreichtum bei riesigen Landschaftsbildern betrifft, hat mich im Ergebnis dann schon beeindruckt.

 
 
 


 
 
 

Für mich war das einerseits eine hochspannende Zeitreise, da ich auch von dem einen oder anderen Filmprojekt alte Arbeitsfotografien herausgesucht habe oder bereits durch den Fokus auf Bilder interessante Parallelen und Verbindungen zutage getreten.

Das gedruckte Ergebnis selbst mittelmäßiger „Screenshots“ (aus dem fertigen Film herausgezogene Standbilder) hat mich durchaus positiv überrascht. Von der Tüür-Produktion in Bremen 2019 habe ich endlos Bewegtbildaufnahmen und auch zahlreiche Fotografien; die sind schön herausgekommen. Bei manchen kontrastärmeren Bildern kommt die Qualität des gewählten Drucks allerdings auch an ihre Grenzen (da würde ich beim nächsten Mal einen anderen Druck oder anderes Papier ausprobieren oder die Bilder anders bearbeiten), aber das hat mich jetzt nicht überrascht. Ich wusste, das einige Bilder, die viel mit Dunkelheit arbeiten, wohl nicht perfekt rauskommen. Bei einzelnen Bildern finde ich die farbliche Mattheit etwas schade; z.B. Farbtöne im gelben und hellen Bereich kamen nicht so strahlend heraus wie erhofft. Mir scheint, da wurde beim Druck eher mehr als weniger Farbe eingesetzt, weshalb vor allem manche farbreichen Bilder etwas zu dunkel herausgekommen sind. Vielleicht hängt das aber auch von der gewählten Papier- und Druckweise ab. Einige Bilder sehen im Druck jedenfalls farblich anders aus als in meinen Dateien.

 
 
 


 
 

 
 
 

Von der Firma (Saal Digital) bekommt man kostenlos eine Software zur Verfügung gestellt – die mich auch positiv überrascht hat; es dauert ein wenig, bis man die Tricks, die die Software bietet, durchschaut, aber ich neige ohnehin eher zum learning by doing als dazu, zuvor erst ausgiebig eine Bedienungsanleitung durchzuackern. Da bietet die Software echt erstaunliche Möglichkeiten, wie ich es nie erwartet hätte. Offenbar gibt es auch zahllose vorgefertigte Designelemente, die für Familienbücher oder dergleichen sicher sehr nützlich sind; für meine Vorstellung eines minimalistischen Fotobuchs allerdings nicht relevant waren. Wenn man es einfacher haben will und zum Beispiel ein Fotobuch als Geschenk erstellen will, kann man sich da, scheint mir, auf sehr einfache Weise in kürzester Zeit das Programm und die Möglichkeiten on the flow aneignen, und die schwierigste bzw. zeitaufwendigste Aufgabe wird die Auswahl der persönlichen Lieblingsfotos sein, zumal das Programm gute Möglichkeiten der Bildbearbeitung bietet. Bedauerlich ist allerdings, dass es nicht möglich scheint, fürs eigene Archiv oder zum Nachschauen ein einfaches PDF zu exportieren (also eines, auf dem man auch die Bilder erkennt, Druckqualität muss es selbstredend nicht haben). Dazu muss ich nun immer das Program öffnen und die vielen großen Fotografien im Cache lassen.

 
 
 


 
 
 

Die Verarbeitung des Buchs gefällt mir auch sehr gut. Als Cover-Foto habe ich eine minimalistische Aufnahme vom Great Salt Lake in Utah genommen, eines meiner liebsten Fotos, das auch ein perfektes ECM-Albumcover abgeben würde. Man bekommt eine Art Plexiglas-Frontseite, und das macht dieses Bild wirklich eindrucksvoll. Ich habe auf den Gutscheinwert ein bisschen was draufgezahlt, weil ich einfach so viele Projekte zusammengetragen habe, von denen ich die Bilder mal gedruckt sehen wollte, dass es so viele Seiten wurden – und war dann etwas skeptisch, ob mit so einfachen Mitteln wirklich was Vorzeigbares herauskommen würde. Aber dann war ich, von den erwähnten etwas zu dunkel herausgekommenen Bilden abgesehen, positiv überrascht. Es wird also sicher nicht das letzte Mal bleiben, dass ich auf diesem Weg ein Fotobuch in Auftrag gebe – und dann wohl mit einem Fokus rein auf meine Fotografien. Beim Durchschauen habe ich erst letzte Woche wieder gesehen, wie wahnsinnig viele fantastische Fotografien z.B. auf den extensiven Nordamerika-Reisen entstanden sind. Allein daraus ließe sich ein großartiger Bildband erstellen, wie ich ihn mir auch selbst kaufen würde.

2021 21 Feb.

Distractions

| Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | 7 Comments


 
 
 

Anlässlich der neuen LP habe ich am Wochenende das Gesamtwerk der Tindersticks – in umgekehrter Chronologie – durchgehört (abzüglich dreier experimenteller Installations- bzw. Filmmusik-Alben, die ich nicht besitze, Ypres (2014), Minute Bodies – The Intimate World of Percy F. Smith (2017) und Music for Claire Denis’ High Life (2018), das ich mir eben via Ebay bestellt habe.

 

Ich hatte vorab Bewertungen aller Alben aus dem Bauch notiert und wollte dann herausfinden, ob ich wirklich richtig lag. Ergebnis: Tatsächlich hatte ich mehrere Alben „nach oben“ zu korrigieren, speziell Across Six Leap Years, das ich zumeist links liegen gelassen hatte (und auch nur als CD-Kopie besitze), da ich die Neueinspielungen einer Auswahl von zehn, nach Bandmeinung zu wenig beachteter Songs, doch zu wenig „neu“ fand und finde. Diese Songs sind aber zumeist dennoch toll, einige großartig wie Say Goodbye to the City, Dying Slowly oder A Night In   nur braucht die neuen Einspielungen eigentlich niemand; sie sind weitgehend sehr eng an den älteren Versionen.

 

Das beste Album ist das unbetitelte zweite, landläufig „Tindersticks II“ oder „The Second Tindersticks Album“ genannt; das dritte, Curtains, und das erste, ebenfalls unbetitelte, sind aber fast ebenso herausragend. Das beste Album der zweiten Bandphase (mit 50% neuer Besetzung nach der fünfjährigen Pause 2003 bis 2008) ist wohl The Something Rain. Leider konnte ich mich bei keinem der späteren Album zu einer Wertung von mehr als vier Sternen hinreißen lassen; dazu, finde ich, haben sie einfach immer wieder doch diese recht „typischen“ melancholischen Tindersticks-Songs, die sich z.T. nicht signifikant von Album zu Album unterscheiden. In der ersten Phase ist/war das ein wenig „besser“, d.h. markanter.

 

Großartige Songs gibt es aber auf jedem Album, und auf ihrem besten Filmmusik-Album Les Salauds verbirgt sich mit ihrer sensationellen Neuinterpretation eines Hot Chocolate-Songs von 1977, Put Your Love In Me, ein unbekannter, sonst nirgendwo zu findender Geniestreich. Es sind vereinzelt ein paar weniger große Songs auf den Alben, vor allem auf denen der zweiten Bandphase, aber überall sind auch genügend brillante, so dass ich von keinem Album wirklich abraten könnte.

 

Mit dem neuen Album Distractions gibt es nun endlich wieder spürbare neue (Sound-)Ideen, und die Band verlässt, u.a. mit elektronischen Elementen, den ausgetretenen Pfad der vorigen Alben. Trotz einiger Höhepunkte sind The Waiting Room und No Treasure But Hope leider die beiden schwächsten (Studio-)Alben der Band. Selbst einige der Filmmusik-Alben sind spannender (Les Salauds, 35 Rhums, Trouble Every Day), und ich fand’s schade, dass sie nie die elektronischere Ästhetik von Les Salauds und Put Your Love In Me mehr auch für die Songalben eingesetzt hatten.

 
 

1993 – [First Untitled Album]  *****

1995 – [Second Untitled Album]  *****

1996 – Nénette et Boni (Soundtrack-Album)  ***½

1997 – Curtains  *****

1999 – Simple Pleasure  ****½

2001 – Trouble Every Day  ****

2001 – Can Our Love…  ****

2003 – Waiting for the Moon  ****

 

2002 – Vendredi Soir (Filmmusik, Dickon Hinchliffe solo)  ***

2004 – L’Intrus (Filmmusik, Stuart Staples solo)  ***½ 

2005 – Lucky Dog Recordings 03-04 (Staples solo)  ***½

2006 – Leaving Songs (Staples solo)  ***½

2018 – Arrhythmia (Staples solo),  Seite 1 ****, Seite 2 **  –  Gesamt: ***

 

2008 – 35 Rhums (Filmmusik)  ****

2008 – The Hungry Saw  **** 

2009 – White Material (Filmmusik)  ***½

2010 – Falling Down a Mountain  ****

2011 – Claire Denis Film Scores 1996-2009  ****

2012 – The Something Rain  ****

2013 – Les Salauds (Filmmusik)  ****

2013 – Across Six Leap Years  ***½

2016 – The Waiting Room  ***½

2019 – No Treasure But Hope  ***½

2021 – Distractions  ****

 

How to make a book into a soundtrack, being clear about the fact the book doesn‘t exist at all? It gives you a lot of freedom, because the book, as a product of imagination, is vague enough to not restrict your fantasy. We all know music for imaginary films, but for imaginary books!? That really opens another area (chapter) in the back of your mind. Three non-existing books, three albums, that’s the modus operandi. This first soundtrack is finished and inspired by the science fiction and horror films of the 1970s and 80s, and, of course, vintage instruments from that period take center stage: there‘s the Moog Modular 3C, a Rhodes Chroma, the Oberheim Four Voice, the Yamaha CS80 (Eno once had a good time with it), but who knows the Sequential Six Trak, the DK Synergy, an Ensoniq ESQ-1, or even the Emu Emulator-2? Linn LM-1 and Sequential Drumtraks are also part of the game. The other two works will each feature a different set of instruments providing a unique sonic character to the soundtrack. The second one will use Japanese synthesisers and drum machines from the 1980s, and the third one contains a selection of British vintage electronic instruments from the 1970s. I asked Michael if he‘s in the mood to listen to all that stuff when the trilogy will be nearly finished, so that he might have a little world premiere for the final part of the trilogy at least. He answered it would all depend on the amount of shivers running down his spine while listening. That‘s what I call a deal. He also asked me to write him my idea for the blog of the Manafonistas, leaving my name out of the game. Why, I asked him. Easy, he replied. People will think about this being some kind of invented story and taken by surprise when it will all will happen in reality one night in 2021.

2021 20 Feb.

Rundweg und Nachtwanderung

| Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Comments off

 
 

Der gute alte Rundweg zählt eher zu den Ritualen als zu den Abenteuern. Auf Sylt hatte ich während dieser halben Robinsonaden inmitten der Lockdowns zwei Rundwege ausfindig gemacht, die ich perfekt fand, die ideale Mischung aus Feldweg und Dünengras, Menschenleere und Meeressaum. Auf einem wanderte in alter Zeit Max Frisch, ich kam ja immerzu an der Steintafel mit seinen zwei eingravierten Sätzen von Dämmerung und Mondhelle vorbei, und kurze Zeit darauf, oben auf dem hölzernen Plateau der Uwe-Düne (fast schon ein Gipfelgefühl), lag die Frage nah: ist das jetzt ein Traum, oder ein Traum? Die Erinnerung an alte Strandbuden mit kleinen Warteschlangen für Milchreis mit Zimt und Zucker ein halbes Leben her. Später dann, irgendwann nach Mitternacht, mit Taschenlampe und Neopren am wild rauschenden Meer, wurde das meditative Alleinsein (das auch schon den einen und anderen wohligen Schauer bereit hält), um einiges abgründiger. Dem horror vacui machte ich einmal den Garaus mit einem Trick – aus der Ferne funkelnde Erinnerungen an hingebungsvoll gelesene Gespenstergeschichten in einem warmen Bett voller Daunenfedern.

 

2021 20 Feb.

The first Poet I met

| Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Comments off

 

A summer in the 1980s: F wore dark T-shirts and Palestinian scarves, he went to demonstrations and smoked home-rolled cigarettes without filters. Above all, F was the first poet I met in person. He lived only a few hundred meters away from us, and when I went down the stairs to his room in his parents‘ house and heard the rapid clacking of the typewriter keys and after a short hesitation (because I enjoyed that sound) I knocked at his door, he´d say, sit down, I just have to finish this poem. For me, it was the embodiment of freedom, how F sat at his desk, unperturbed by anything, and just wrote down what he was thinking at that moment. He pulled the paper out of the machine and read his latest work to me. I played the role of the critic, posed theses, interpreted, made suggestions. F was amused, and admitted again and again in amazement that he had by no means thought as much about his text as I had. It was unbelievable for me to experience how someone completely wrote down such a structure like a poem. F said it was quite easy and I should try it too. His poems were written in free verses in unjustified print, they took up political and private themes and, of course, I occasionally appeared in them. With all due respect, these works seemed to me to be too accessible, too little mysterious, and I thought that if I ever managed to write a poem, it would have to be very different.

 

2021 20 Feb.

„Break the curve“

| Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Comments off

 

 

ZeroCovid  ist eine Vision. Eine konkrete Utopie. Der Begriff ist agitatorisch, in einem positiven Sinn. Und natürlich  hoch symbolisch. Auf eine Infektionsrate von null werden wir nie kommen. Aber, bitteschön, etwas didaktische Radikalität macht ja wohl Sinn! Ich glaube, dass wir bislang mit den falschen Begriffen operieren. Flatten the curve, hieß es am Anfang. Es sollte besser break the curve nennen. Das ist das Ziel.

2021 20 Feb.

Fischfrikadellen

| Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | 4 Comments

 

Provisorische lilafarbene Küchen
Und dort Pommesbudengeburtstage mit gar nichts
second hand aber es macht mir nichts aus
an Weihnachten Zeitungen durchzuschaun

 

Wo das Fitnessstudio war und die Garage
und Reihen abgestandener Ehen
Keine Hand war so gut wie meine
Janet und John und Fischfrikadellen frittieren

 

Und wenn es eine Bedeutung hatte, und die hatte es
Immerhin lebten wir
Und wenn es eine Bedeutung hatte, natürlich hatte es die
Wir lebten immerhin
Immerhin lebten wir

 

Schule und Häuser zerfallen
in Ziegel und ihre Markierungslinien sind Gefängnis
Garagen und Kieselsteine klingen
Eichen aus Asbest hängen hoch

 

Ich wollte es nie, ich hab’s nie getan
Farbe und Bushaltestellen rühren was an
second hand aber es macht mir nichts aus
an Weihnachten Zeitungen durchzuschaun

 

Und wenn es eine Bedeutung hatte, und die hatte es
Immerhin lebten wir
Und wenn es eine Bedeutung hatte, natürlich hatte es die
Wir lebten immerhin
Immerhin lebten wir

 

Text: Sleaford Mods (Original siehe comment 1)
Übersetzung: Martina Weber

 


Manafonistas | Impressum | Kontakt | Datenschutz