Als ich mich auf den Weg machte, vom Parkplatz aus, etwa einen Kilometer von der Uwe-Düne entfernt, mit 52 Metern die höchste Erhebung von Sylt, sah der Himmel so faszinierend wie unheimlich aus, und da ich mich auf eine tiefdunkle Wolkenfront zulaufen sah, nicht unähnlich der, die vor Tagen über Mallorca zu sehen war, im Fernseher, wandte ich mich an einen offensichtlich einheimischen Wanderer, mit der Frage, ob ich besser umkehren sollte. Er meinte, das wäre wirklich ein irrer Himmel, aber das meiste würde überm Meer abregnen. Ich ging also, halbwegs beruhigt (obwohl das nicht nur nach Regen aussah), weiter, den Pfad überm roten Kliff entlang, und dann, hinunter ans Meer. Von früh an fühlte ich mich von unheimlichen Wetterlagen angezogen, und kann Tornadojäger gut verstehen. Dann ging bald alles ganz rasch, und die letzten vierhundert Meter raste ich zum Auto, klatschnass von oben bis unten. Soviel zum guten Wetteronkel. Als ich einmal mit sieben, acht Jahren im Schwarzwald war, liebte ich es, mit oder ohne Revolvergürtel, in die Natur zu marschieren und mir wilde Abenteuer auszudenken. An einem Tag voller Regengüsse sprang ich in eine Pfütze nach der andern, kam in seltsam-sumpfiges Gelände und muss irgendwann vollkommen verdreckt ausgesehen haben. Auf dem Rückweg kam ich an meinem Lieblingsladen vorbei, und der Ladeninhaber schlug die Hände überm Kopf zusammen und wies mich an, bloss nicht mit meinen Klamotten an die Zeitschriften zu kommen. Ich versprach mich ganz vorsichtig zu bewegen, kaufte ein Rätselheft und einen Jerry Cotton aus der Bastei-Reihe. Und jetzt, nach dieser kleinen Wanderung, die mir Freude und Schauder zugleich bereitet hat (einen alten Schauder), mache ich es mir bequem auf dem Bett mit einem guten alten Medoc, und James Crumleys Kriminalroman der Sorte „hard-boiled“, Der letzte echte Kuss.