Mein Kinofilm des Jahres, daheim gesehen, auf BluRay (auch als DVD erhältlich, sowie bei „amazon prime“). Das französische Original, englische Untertitel. Die BluRay-Edition ist empfehlenswert, spannende Extras, u.a ein Interview mit der Malerin Claire Mathon, deren Bilder die Geschichte, die hier nicht verraten wird, miterzählt. Je grösser die Leinwand, desto besser. Es ist in vielen Passagen ein ruhiger Film, der Sprache nur sehr sparsam verwendet. Kein Gehetze zwischen Untertiteln und Bild, der Zuschauer darf sich zurücklehnen und kann in den bewegten und ruhenden Bildern versinken. Céline Sciamma hat hier aber nicht nur einen Film über die Bilder gemacht, die Menschen sich aus Konventionen machen, oder was passiert, wenn die gezeichnete Welt die Übereinkünfte verlässt. Es ist auch ein Film über die Lust am Lesen und an der Musik. Letztere kommt im Film, wie in der Realität des 18. Jahrhunderts, nur vor, wenn man ihr leibhaftig begegnet. Die eine junge Frau hatte in ihrem bisherigen Leben nur die Orgel gekannt. „Bleak“ nennt die andere den Sound des sakralen Monsters, natürlich auf französisch. Und in dem abgelegenen Haus am Meer, in dem die Malerin die junge Frau zeichnen soll, für den von ihrer Mutter ausgewählten Zukünftigen, gibt es ein Spinett, dessen kurz angeschlagene, spindeldürre Töne allein schon, bei der sich nach dem Unbekannten Verzehrenden, Wirkung zeigen. Die wenigen Male, wenn jenseits der Meeresbrandung Musik erklingt, ist die Wirkung immens, und trifft ins Innerste. Einmal, als die Zwei mit dem Hausmädchen zu einer grösseren Gesellschaft nahe des Meeres aufbrechen, beginnen die Anwesenden (in meiner Erinnerung alles Frauen) einen wunderbar ergreifenden Gesang, Stimme für Stimme, und ich denke für einen Moment an Dead Can Dance. Und, kleiner Sprung, das Finale, die Klänge, die reine Gänsehaut! Einer dieser Filme, den man wieder und wieder sehen kann – „spellbinding“ ist das englische Wort dafür.