Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2020 3 Okt.

Verwandlungen

von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | Comments off

„Blue Note Re:imagined“ – die junge englische Jazzszene befasst sich mit Interpretationen des Kataloges von Blue Note Records. Ich hörte mir den  Beitrag von Shabaka Hutchings an, dessen Album mit den „Ancestors“ für mich zu dem guten Dutzend herausragender Jazzalben des Jahres zählt. Und, sofort, ein Dejavu – „das kennst du doch?!“ – und mir kamen gleich  bekannte Melodien in den Sinn, von Miles un Co. – aber nein, das hier kommt aus einer ganz abgelegenen Ecke. Der Titel sagte mir auch nichts, aber, nach einigen Klicks war der Fall klar – Shabaka hatte sich an ein Stück einer meiner ganz frühen Blue Note-Platten gemacht, die nie sonderlich berühmt wurde, aber meine Teenagerohren mit  tief entspannten, hypnotischen Sphären und Ostinati begeisterte. Das Original von „Prints Tie“ stammt aus der Bobby Hutcherson-Platte „San Francisco“, an seiner Seite neben Joe Sample am elektrischen Klavier, und einer erstklassig-spartanisch agierenden rhythm section, der wunderbare Harold Land an diversen Blasinstrumenten. Und, ehrlich, das Original ist stärker als das Cover, Bobby Hutchersons spät einsetzende Marimba ein Traum.


Und noch ein Coveralbum tauchte auf, diesmal eins von alten Freunden. Ich erzähle jetzt nicht gross und breit, wie es entstand, aber natürlich spielte Corona eine Rolle, das Canceln von Konzertreisen, der Überfluss an gewonnener Zeit inmitten all der dramatisch runtertickenden biologischen Uhren. Jedes Bandmitglied wählte einen Song aus, nicht mal einen ultimativen Lieblingssong, sondern eher einen aus der Kategorie „reizvoll“, „faszinierend“ und „schaun wir mal, was wir daraus machen können“. Und so entstand in kurzer Zeit Lambchops neues Album „Trip“.

 

 

Das Cover ist schon mal äusserst kitschverdächtig. Da die Leute von Lambchop aber alle hell und ausgeschlafen sind, haben sie sich dabei sicher etwas gedacht. Was wohl? Nun, ich kann Ihnen da momentan auch nicht weiterhelfen, vielleicht haben Sie eine Idee. Eins der Lieder kann man sich schon im  Netz anhören „Reservations“ stammt von Wilco und findet sich auf einem ihrer Klassker, „Yankee Hotel Foxtrot“. Mit 13 Minuten ist es die mit Abstand längste Coverversion von „Trip“ und wartet mit einer Besonderheit auf. Zuerst bearbeiten die Herren den Song mit Zeitlupe und anderen Feinheiten, und danach malen sie eine Landschaft. Alle Worte haben sich verabschiedet, und der grösste Teil des „Liedes“ besteht aus reinem, sich am Horizont verlierenden, Pastell. Sehr mutig ist das, sehr eigenwillig. Und erzählt etwas, indirekt, von dem Troste der Musik in tödlichen Zeiten. Man könnte bei der Blume an Scott McKenzie denken. San Francisco zum Zweiten.

 

Personnel: Kurt Wagner (vocals), Tony Crow (piano, synth, bk vocals), Matt Swanson (bass, bk vocals), Paul Niehaus (pedal steel, elec gtr, acoustic gtr, bk vocals), Andy Stack (sax, drums, drum prog, gtr, bk vocals), Matt McCaughan (synth, drums, drum prog, bk vocals)

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