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2020 14 Sep

Zwischen Menschen und Sternen

von: Olaf Westfeld Filed under: Blog | TB | Tags: , , | 7 Comments

Mitten im nordamerikanischen Hinterland im Bundesstaat Michigan versucht John Shepherd 30 Jahre lang Ausserirdische zu kontaktieren. Er beginnt in den 60er Jahren von seinem Kinderzimmer aus, Signale ins All zu senden. Irgendwann ist auch das großelterliche Wohnzimmer zu klein, es muss ein Anbau für sein Hobby her: riesige Oszillatoren, Sendemasten, Kathodenstrahlröhren und was weiß ich noch alles kommen zum Einsatz. Die Bilder seiner Ausrüstung strahlen die eigentümliche Schönheit überholter Science Fiction aus. Um fremdes Leben herbeizulocken schickt er Musik in den Weltraum. „I sent music into space because it represents a universal language. I am talking about non-commercial music, Jazz, electronic music.“ Er spielt den Aliens unter anderem Kraftwerk, Tangerine Dream, Can, Harmonia, Fripp/Eno, Steve Reich und Keith Jarrett vor, auch Musik aus Afrika, östliche Musik, Gamelan. Seine Geschichte kann man, berührend, respektvoll und empathisch erzählt, in dem Kurzfilm „John Was Trying to Contact Aliens“ kennen lernen.

 

Vielleicht würde John heute die flauschig kosmische Musik von Kikagaku Moyo in den interstellaren Raum senden, vielleicht wären sie ihm zu kommerziell. Zwei Gitarren, Bass, Schlagzeug, Orgel und / oder eine Sitar bringen geometrische Muster (so der Bandname auf deutsch) zum Schweben, bis sie von einem Sternen- oder Klangnebel aufgelöst werden und sich neu formiert auf ihre Reise begeben. Die fünfköpfige Formation scheint mir eher an einem inner space, als an den Fernen der Galaxie interessiert zu sein, doch vielleicht war auch das ein Ziel von Mr Shepherds Suche.

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7 Comments

  1. Michael Engelbrecht:

    Eine schöne kleine wahre Geschichte. Und auf jeden Fall hat er die richtige Musik ins All geschickt. Gleich fiel mir in der riesigen Sammlung MYSTERIES von Keith Jarrett auf. Diese Impulse-Platte hatte ich mir damals auch gekauft.

  2. Olaf Westfeld:

    Hat mich tatsächlich berührt, die Geschichte. Ich habe mich mehrmals gefragt, ob das nicht doch so eine fake documentary (mockumentary?) ist, aber John Shepherd scheint es wirklich zu geben. Kann man sich vielleicht auch gar nicht ausdenken. Und das Keith Jarrett in den 70ern noch Platten auf Impulse veröffentlicht hat, wusste ich nicht.

  3. Michael Engelbrecht:

    So einige Impulse-Platten.

    Meine Favoriten

    Fort Yawuh
    Death and the Flower,

    And the light and softness of

    Treasure Island.

    Das ist ein ganz netter Kerl. Die eigene Einsamkeit kompensieren mit einer Hinwendung zu den Sternen, das ist schon sehr fantasievoll, und eben nicht bloss schrullig.

  4. Michael Engelbrecht:

    Vielleicht ist ein Alien ja doch hinab zur Erde gekommen, als unser Freund aus Michigan vielleicht mal Debussy auflegte. Allerdings ist die ganze Sache nicht so romantisch verlaufen.
    Nachzulesen in Matt Haigs Roman ICH UND DIE MENSCHEN.

  5. Olaf Westfeld:

    Ja, schön, dass er in dem Film recht respektvoll porträtiert wird. Es wäre ein leichtes gewesen, sich über dieses Lebenskonzept lustig zu machen. Wahrscheinlich ist das schon passiert, die Ausschnitte aus anderen Dokumentationen legen es ein bisschen nahe.

  6. Hans-Dieter Klinger:

    Und das Keith Jarrett in den 70ern noch Platten auf Impulse veröffentlicht hat, wusste ich nicht.

    Jarrett hat sich nicht nur auf Impulse herumgetrieben. Die phänomenalen Auftritte mit dem jungen Charles-Lloyd-Quartet sind bei Atlantic erschienen.

    Vortex – eine Art Sublabel von Atlantic – präsentierte das leider nur kurzlebige Keith-Jarrett-Trio (mit Charlie Haden & Paul Motian), das immerhin zum American Quartet haranwuchs (mit Dewey Redman, ggf. mit dem Perkussionisten Guilherme Franco ein Fünftett bildete.)

    Vom jungen Jarrett-Trio gibt es noch Überreste bei ECM (Hamburg ’72) und evtl. demnäxt – wenigstens kurzfristig – hier oder anderswo.

    Seit dem Köln Concert – so meine Theorie – sind die Wilden Jahre von Keith leider im Hintergrund verschwunden bzw. in der Überfülle des Musikangebots ersoffen, leider. Ich nütze jede sich (selten) bietende Gelegenheit, auf jenes Oeuvre des jungen Jarrett hinzuweisen. Man muss es mir nicht glauben, man muss mir nicht folgen: Jarrett war damals in seiner aufregendsten, kreativsten, vielseitigsten Phase. Da komponierte er noch Tunes von irrsinniger Originalität, die JEDEN Standard des American Songbook in den Schatten stellen, da spielte er noch Sopran-Sax, so, dass aus ihm sogar ein bedeutender Saxer des Jazz hätte werden können, auf einem kleinen hölzernen Querflötlein pfiff er auf die Schönklanghörer, nahm auch mal Percussions-Instrumente in die Hand. Hach … Halt ein Rosato!

    Ein paar Links zu diesen Perlen, die ich vorerst grob auswerfe, später evtl. in griffigeres, übersichtlicheres Layout verpacke.

    1
    hier befindet sich in den comments eine Sammlung mit YouTube-Links. ACHTUNG: man muss auf die Bildchen klinken, damit man an die Musi rankommt

    https://www.manafonistas.de/2018/10/28/ein-kommentar-zu-la-venice-michael-oeffnet-seinen-plattenschrank/#comments

    2
    The American Quartet mit dem von M.E. hoch geschätzten „De Drums“ – aus den Impulse Zeiten

    https://www.youtube.com/watch?v=7n9mDZnKH6I

    3
    Das folgende Link führt zu keinem Musikbeispiel, sondern auf die discogs-Seite. Gezeigt wird ein Album das jungen Jarrett-Trio

    https://www.discogs.com/de/Keith-Jarrett-Life-Between-The-Exit-Signs/release/2511568

    4
    Dieses Link bringt den Clicker zu Part One des Auftritts dieses Trios beim Xten Jazz Workshop des NDR (verantwortet von Michael Naura). Part Two ist bei ECM erschien unter dem Titel „Hamburg ’72“

    https://youtu.be/TllAxNGwszs

    5
    nocheinmal zu den Impulse Years mit dem Stück „Vapallia“, das hier vom American Quartet aufgeführt wird auf dem Album „Back Hand“. „Vapallia“ befindet sich als Solo-Version auf der B-Seite des Albums „Facing You“

    https://www.youtube.com/watch?v=ZDPQS5-1KmM

    https://www.discogs.com/Keith-Jarrett-Backhand/release/2704471

    6
    Das Amercican Quartet & Guilherme Franco bei den Berliner Jazztagen 1973

    https://www.youtube.com/watch?v=vbh_iVBh4jg

    7
    Und wenn schon ECM und Solo, dann unbedingt Bremen/Lausanne aus dem Jahr 1973, leider vom Schatten des Köln Concert verdunkelt. Vor allem Lausanne Part II ist außerirdisch. Hoffentlich hat es John Shepherd zurück in die Weiten des Kosmos geschickt, von dort kam es schließlich her …

    https://www.manafonistas.de/2018/11/13/ecm-double-take-7-facing-you-bremen-lausanne/

    8
    that’s the enda little girl

  7. Olaf Westfeld:

    Super, danke vielmals, ein paar Sachen kenne ich (Lloyd, Lausanne), in den Rest höre ich mal rein.


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