Manafonistas

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Archives: September 2020

2020 30 Sep

„Sing The Gloaming“ – a documentary

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The Americans (final season) *****
Homeland  (final season) *****
The Affair (final season) *****
Big Little Lies (season two, probably the final one, too) *****

 

In der TV-Kritik wurde gerne kundgetan, dass die zweite Staffel von „Big Little Lies“ auch ziemlich gut sei, aber nicht an die erste Staffel herankomme. Das habe ich anders erlebt: die gleiche Qualität, einmal mehr toll inszeniert, die Kameraführung, die Musik, die Schauspieler (nicht nur Meryl Streep), das Drehbuch, die Regie. Alles zog uns hier in den Sog der erzählten Geschichten, und was leicht zur grellen Soap hätte werden können, ist einfach nur grosse Kunst. Keine einzige überflüssige Szene. Im Grunde leisten sich alle vier Serien ein furioses und vielschichtiges Finale, hart an der Grenze von „a little bit too much“, und dann eben doch in keiner Weise „over the top“. So geht Melodrama.

 

2020 29 Sep

Zdenek Adamec

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Popa Nos (1949-) ist ein tschechischer SingSongwriter, Sänger und Schauspieler und ein sehr virtuoser Gitarrenspieler. Wie und wo ich ihn entdeckte, erzähle ich später.

Zdenek Adamec war ein 18 jähriger, tschechischer Schüler, der sich am 6. März 2003 auf dem Wenzelsplatz in Prag selbst anzündete und verbrannte. In seinem Abschiedsbrief beklagt er das demokratische System, das nur von Macht und Geld gesteuert sei. Er bittet darum, ihn nicht als Irren abzutun. 1968 hatte sich Jan Palach an gleicher Stelle angezündet. Er demonstrierte gegen den Einmarsch der Soviets und bezahlte mit seinem Leben.

Pepa Nos mit der tschechischen Version von Bobby‘s „ And the times they are a changin‘“  …

Gestern bekam ich Post von Gregor. Er hat das neue Peter Handke Buch auf den Weg zu mir gebracht. Es war so lange unterwegs wie ein Dampfer von Hamburg nach New York ;)
 
 

 
 

“Ehre, Wahrheit, Talent und

Gottesgaben,

zahlen, Mädchen, in dieser Welt sich nicht aus.

Wer sie  hat, wie Zdenek Adamec,

verliert am Ende alles“

 
 
Das sind Zeilen aus einem Lied von Pepa Nos, die Handke seiner dramatischen Erzählung vorangestellt hat.

Mit diesem Text setzt er dem jungen verzweifelten Zdenek ein Denkmal. Wie macht er das? Handke kennt seinen Goethe und „er komme von Shakespeare“. Er nimmt eine Schlüsselszene aus „Wie es Euch gefällt“ und der Ardennerwald ist dann auch der Böhmerwald, wie er des Öfteren mit Spiegelungen spielt. Der kleine Zdenek findet sich beim Blaubeersammeln allein im Wald, die Mutter kommt erst später. Dieser Ort wird für ihn zum Ursprungsort für Heimat und Leid. Er wird die Prüfung des Lebens nicht bestehen. Er nimmt zwar jemanden mit in den Wald, doch dieser schweigt, ist leider nicht der religiöse Begleiter, wie bei Shakespeare, der Frieden bringt. Dadurch verliert der Zauberort an Attraktivität. Er geht nie wieder hin. Er sitzt ab gleich vor seinem PC in einem dunklen Zimmer bei seinen Eltern. Und jetzt gelingt Handke etwas Großartiges: er zeigt an diesem traurigen Fall, wie Recherche sein sollte. Er untersucht die Medien, die weltweit über den Selbstmord berichten. Dann zeigt er, WIE er recherchierte. Er nennt detaillierte Fakten, die Koordinaten stimmen. Es heißt „ man erzählt“ und dann: “und jetzt erzähle ich“. Er hat den Vater interviewt. Er erklärt wie Zdenek zum „Darker“ wurde. Und wie die ‚Zwischendurchhoffnung‘ auch keine Rettung für Zdenek ist. Seinen Abschiedsbrief nennt Handke einen Psalm, was ja Klagelied bedeutet, mit der Hoffnung auf Wendung. Und wieder gelingt Handke ein schöner, emphatischer Coup. „Wo bleibt der Gott, zu sagen, was er leidet,“ – bei Goethe‘s Tasso heißt es: „gab mir ein Gott, zu sagen, wie ich leide.“ Am Ende des nächtlichen Gesprächs heißt es:
 
 

– „Ich wollte noch was sagen“

– „Sag‘s!“

– „Jetzt weiß ich’s nicht mehr. Plötzlich weiß ich nicht mehr.“

The new novel by Anthony Doerr, to be released by C. H. Beck in German translation next week, will most likely be featured in Michael’s radio night „Klanghorizonte“ at the Deutschlandfunk, in December, along with music from Radiohead’s forthcoming archival discovery, Robert Wyatt‘s „Cuckooland“, Lambchop‘s 2021 masterpiece and a terrific new / old ambient piece by Brian Eno.

 

 

An ambient piece for my desert island playlist, nearly unbearbly beautiful, and strangely lost among the chance choices of a vast archive spanning from 1990 to 2021: The Lighthouse #166. 

 

„The book is a puzzle. The greatest joy in it comes from watching the pieces snap into place*. It is an epic of the quietest kind, whispering across 600 years in a voice no louder than a librarian’s. It is a book about books, a story about stories. It is tragedy and comedy and myth and fable and a warning and a comfort all at the same time. It says, Life is hard. Everyone believes the world is ending all the time. But so far, all of them have been wrong. It says that if stories can survive, maybe we can, too.“ (Jason Sheehan, NPR)

* Dieser Satz beschreibt übrigens sehr gut bestimmte Aha-Erlebnisse und Momente, wenn in den „Klanghorizonten“ klanglich disparates Material auf einmal seltsam zusammengehörig wirkt. (m.e.)

2020 29 Sep

Neunundzwanzig Neun Zwanzig

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Ein beliebtes Gedankenspiel ist auch heute noch das „Was wäre wenn“-Spiel. Was wäre, wenn die „Beatles“ sich noch einmal in den 1970igern zusammen getan hätten, um doch noch ein neues Album einzuspielen? Zum Beispiel. Bootlegs von einem musikalischen Zusammentreffen von McCartney und Lennon während Lennons „Lost Weekend“ in der New Yorker „Record Plant“ haben überlebt – das Hörerlebnis ist aufgrund der mehr als feucht fröhlich zu nennenden Beteiligten eher ernüchternd. Oder in der Literatur, all‘ die zu früh gegangenen. Oder die Verstummten wie J.D. Salinger !

Die Traumsequenz, die Dali für Hitchcocks „Spellbound“ entwarf, kam mir letztens wieder in den Sinn: ein kleiner, fünfminütiger Blick, der nur eine Andeutung von Möglichkeiten, Ideenreichtum und Phantasie ist. Auch hier kann man träumen, was längere Filmarbeiten von Dali gezeigt hätten.

 

2020 28 Sep

Funkstille

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In der Straße, in der ich wohne, wird gerade ein Teil eines Films gedreht. Vergangene Woche fiel mir eine kleine Menschentraube vor einem Nachbarhaus auf. Ein Teil des Teams, ansonsten Schaulustige. Als ich in einem großen Bogen, um nicht zu stören, mit dem Rad vorbeifuhr, sah ich einen Schauspieler auf einer Bank vor einem Nachbarhaus sitzen. Normalerweise befindet sich dort keine Bank. Es gab auch zwei Graffitis an der Hauswand. Kann aber sein, dass die vorher schon dort waren. Die Leute stehen auf ihren Balkonen oder bleiben vor der Haustür stehen und schauen zu. Ein Security-Mann in schwarzem Overall bat Umherstehende darum, sich zu entfernen oder nach Hause zu gehen. Heute drehen sie wohl auch an dem Park hier, in dem es einen großen Sandstein-Brunnen mit Figuren aus altgriechischen Sagen gibt. An einem Wohnwagen steht der Titel des Films: Funkstille. Ein Tatort. Ich bin keineswegs ein ausgeprägter Krimifan; ich wüsste noch nicht einmal, ob ich mir die Funkstille mit Aufnahmen aus dieser Straße ansehen würde. Vor vielen Jahren war ich Mitarbeiterin einer wissenschaftlichen Arbeitsgruppe an einem Forschungsinstitut. Wir trafen uns Donnerstag Nachmittags, um die vom Leiter der Gruppe ausgewählten wissenschaftlichen Aufsätze zu diskutieren und über unsere Arbeiten zu sprechen. Zu Beginn des Treffens fing M, der Gruppenleiter, immer ein Gespräch über den Tatort vom Sonntag an; er diskutierte den Tatort regelrecht durch. Als ich neu in die Gruppe kam, machte er eine Bemerkung, die es fast etwas entschuldigend wirken ließ, dass er so intensiv über den Tatort diskutierte. Es war definitiv eine Routine und die anderen machten mit. Ich fühlte mich ausgeschlossen und dachte darüber nach, auch den Tatort zu schauen, obwohl ich ihn eigentlich nicht sehen wollte, und ich dachte mir, ich lasse mir doch nicht vorschreiben, wie ich meinen Sonntag Abend verbringe, nur um hier mitdiskutieren zu können. Ich trat aus der Gruppe aus, allerdings nicht wegen des Tatorts, und ich beschloss, nie wieder etwas zu tun, von dem ich nicht überzeugt sein würde. Als vor ein paar Jahren erfuhr, dass jemand eine Wikipediaseite über mich angelegt hatte, fand ich unter den Publikationen, die mir zugeschrieben wurden, eine Dissertation über die Strafbarkeit des Hausfriedensbruchs. Ein Buch, das ich definitiv nicht geschrieben habe, und ein Thema, um das es in dieser Arbeitsgruppe auch nicht ging. Da ich an dieser Wikipediaseite nicht herumwerkle, habe ich den Eintrag auch nicht korrigiert. Wikipedia ist schließlich nicht der Brockhaus; kleine Fehler können auch bereichernd wirken.

2020 27 Sep

1985

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Shortfilm directed by Jack Hazan

 

Jack Hazan caused two of the bigger splashes in 1970s independent British filmmaking. Groundbreaking both technically and conceptually, his portraits of David Hockney (A Bigger Splash, 1974) and The Clash (Rude Boy, co-d. David Mingay, 1980) fused documentary and fictional elements in a way that was highly controversial at the time – not least as far as their often uncooperative subjects were concerned. However, in retrospect they clearly anticipate the post-2000 rise of celebrity driven ‚reality‘ projects, whose content often proved anything but real.

Despite making two unusually high-profile features for an independent British filmmaker, Hazan’s directing career then stalled: his third feature, the little-seen Comic Act, set among London’s stand-up comedy underground, would not emerge until 1998. In the meantime, he made pop promos (outstanding examples being Dexys Midnight Runners‘ ‚This Is What She’s Like‘ and ‚Knowledge of Beauty‘ in 1985) while continuing to work as a cinematographer, most notably on commercials in the US. (source: Michael Brooke, BFI)

 

Manchen Zeitgenossen, die sich gerne über etwas „allzu Amerikanisches“ aufregen, im Film oder in Büchern, täte etwas „Amerikanisches“ in ihrem Leben ganz gut. Für andere, die rasch mit den Augen rollen, wenn sie auf Lebensratgeber in Buchform stossen, wäre das eine oder andere Buch dieser Gattung bestimmt ein „Burner“. Der nun auch in die Jahre gekommene Kevin Rowland zählt ein Buch zu seinen wichtigsten Leseerfahrungen, das ein Bestsellerautor namens Eckhart Tolle geschrieben hat über das Leben im Jetzt. Ich bin übrigens ein grosser Freund zweier seiner Alben mit den Dexy‘s Midnight Runners, “Don’t Stand Me Down“ ist grandios und nur wenig bekannt, und das andere, „Too-Rye-Aye“, enthält den göttlichen Song „Come on, Eileen“, der zweifelsfrei zu meinem Soundtrack des Jahres 1982 zählt. Das dazu passende Zitat des Songschmieds: „Ich möchte nicht auf eine Jukebox degradiert werden.“ Der gute Kevin haderte oft mit eingeschlagenen Wegen, und das erwähnte Buch scheint ihn sehr bewegt zu haben.

Ich habe jetzt auch ein Buch auf Lager, das den Untertitel trägt „Ein Wegweiser“. Und den Obertitel „Die Kunst, sich zu verlieren“. Matthes & Seitz hat es just neu herausgebracht, es erschien erstmals 2005, „A Field Guide to Getting Lost“. Ein Essayband als ideale Bettlektüre; bislang habe ich  nur den ersten Text gelesen, „Offene Türen“, dafür gleich zweimal – mal adagio, mal mit den Sätzen fliegend – weil sich darin das weite Feld des Verloren-Gehens so fesselnd öffnet.

Rebecca Solnit scheint eine Meisterin des poetischen Driftens zu sein, ich mag ihre Sprache und folge ihren Gedanken(sprüngen) von einer Sinnlichkeit in die nächste. In ihrem Wegweiser wird man, entdecke ich beim Rumstöbern, verlassenen Krankenhäusern begegnen, der Mojave-Wüste, dem Punk der Achtziger Jahre, einem spanischen Konquistadoren, San Francisco, Hitchcocks „Vertigo“, dem Blau in den Bildern von Yves Klein, dem Song „Walking After Midnight“, und was sich ihr sonst noch alles zum Sich-Verlieren anbot. Es könnte ein kleines Lieblingsbuch werden. Und da es wohl sehr viel mit „surrender“ zu tun hat, weiss ich schon, wem ich es zu Weihnachten schenke. 204 Seiten kosten 22 Euro. Das scheint mir gut angelegtes Geld, und kann einen auf Ideen bringen.

Das letzte Mal ging ich gestern verloren, als ich die letzte Folge der letzten Staffel von „The Americans“ erlebte (jetzt komplett auf Netflix, ein überragendes Epos aus der Zeit des kalten Krieges der frühen Achtziger Jahre). Eine Stärke der Serie ist es, wie sie immer wieder mal Songs jener Ära ausspielt und keinerlei Sprache die bewegten Bilder begleitet. Und auf einmal hörte ich diesen Song, den ich bestens kenne, aber mir fiel eine Minute lang nicht ein, von wem er stammt, obwohl mir die Stimme total vertraut ist – einfach, weil, ich so in der Story auf- und verlorenging, dass das Lied sich aus allen gewohnten Zusammenhängen löste. Tatsächlich: „With or without you“, von U2, und zum allerersten Mal, eingesponnnen in diese grosse Geschichte und ihre erschütternden Abschiede (die manchem vielleicht „zu amerikanisch“ vorkommen werden), gefiel mir der Song unheimlich gut.

2020 26 Sep

afro jazz modal loop

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a u d i o

 

2020 25 Sep

Bei mir piept‘s

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Wahrscheinlich hab ich eine Meise oder irgendeinen anderen Vogel. Neulich war wieder mein unsichtbarer Agent für sonderbare und skurrile Musik da und hat mir einen kleinen Kosmos dagelassen, einen Cosmo sozusagen. Einen Cosmo Sheldrake. Höchst obskur, was nun aus meinen Boxen kommt: aber ich glaub ich steh im Walde, mitten zwischen den Glockenblumen in der Abenddämmerung und ein eigenartiger Frieden überkommt mich. Vor einem Jahr hat Gregor zum 200. Mal seinen Plattenschrank geöffnet und Messiaens Catalogue d‘Oiseaux und dessen Faszination für Vogelstimmen ausführlich gewürdigt und nun tritt der Sohn des renommierten englischen Biologen Rupert Sheldrake in diese Fußstapfen, die ihm kein Stückchen zu groß zu seien scheinen. Nur ist seine Art mit den tausenden gesammelten Aufnahmen von Vogelstimmen eine ganz andere: die Musik ist schon längst da. Da, wo Messiaen noch mühsam transkribierend mit der Vogelwelt Hase und Igel spielte, überlässt Cosmo Sheldrake der Vogelwelt scheinbar gleich die Regie und führt den Hörer gleich direkt in die pastoralen Welten einiger in England bedrohter Vogelarten. Der Multiinstrumentalist und Komponist geht mit kindlicher Neugier und Staunen an die Welt heran, aber mit dem feinen Blick eines Genius, wie ihm eine Rezension im Guardian bescheinigt. Er hat gewiss seinen David Rothenberg gehört und schon mit Bernie Krause musiziert und überlässt es nun in 13 Miniaturen jeweils einer gefährdeten Spezies das Solo zu zwitschern und bettet all das ein in eine Welt, die mich an meine Kindertage erinnert, wo ich im Sommer frühmorgens wach wurde von der Lautstärke und Intensität eines vielfältigen Vogelkonzertes und mich noch ganz in der Welt geborgen fühlen konnte. Nur einschlafen ging nicht mehr: Wake up calls!

Und dabei bleibt er very british mit viel Ernsthaftigkeit, musikalischer Kompetenz und einem feinen, hintergründigen Sinn für Humor, der auch schon seinen bisherigen Veröffentlichungen ganz zu eigen war. Hier noch einer seiner ersten Videoclips, der dies besser als tausend Worte erfahrbar macht.

 
 


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